×

Zweitwohnungen: Was wollte das Volk wirklich?

Seit eineinhalb Jahren tobt der Streit um die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative. Mittlerweile hat der Bundesrat das dazu gehörende Gesetz präsentiert, welches wieder zu Zoff geführt hat.

Südostschweiz
20.10.13 - 02:00 Uhr

Andrea Masüger

Die Initianten und Organisationen des Landschaftsschutzes sehen in dem mit zahlreichen Ausnahmen gespickten Gesetz den Volkswillen missachtet und drohen bereits vorsorglich mit einem Referendum. Sässen diese in der SVP, würde wohl demnächst eine «Durchsetzungsinitiative» gestartet. Auf der anderen Seite versuchen Vertreter der Tourismus- und Gebirgskantone nachträglich möglichst viel interpretatorischen Gummi in den Initiativtext einzubauen, um das rigorose Bauverbot zu umgehen. Der Bundesrat verfolgt für sie eine zu harsche Linie.

Man steht also vor einem weiteren klassischen Hickhack im Parlament, das weder Sieger noch Gewinner bringen wird. Dabei wäre jetzt sowohl von den damaligen Initianten wie auch von den damaligen Gegnern Flexibilität gefragt. Im Zentrum stehen muss die Frage, was der Volkswille genau zum Ziele hatte. Es ging, wie im Abstimmungskampf immer betont wurde, um Landschaftsschutz: Die Zersiedelung und bauliche Verschandelung der letzten noch einigermassen erhaltenen Bergdörfer und Tourismusgebiete sollte verhindert werden. Dies bedeutet zu handen der Gegner, dass in stark betroffenen Gemeinden keine neuen Bauten für Zweitwohnungen entstehen dürfen. Es heisst aber auch für die Befürworter, dass bestehende Bauten nun mal da sind. Eine rigorose Baubeschränkung auf der einen Seite könnte also mit einer gewissen Offenheit beim Umgang mit bestehender Bausubstanz einhergehen. Letztere müsste einfach umgenutzt werden können in Wohnungen, die touristisch gebraucht werden, also über reine Erstwohungen hinausgehen.

Ein solches Vorgehen würde einen grossen Renovations- und Sanierungsschub auslösen. Das Baugewerbe im Berggebiet, das sich wegen der Zweitwohnungsinitiative schon am Abgrund sieht, bekäme weiter gute Aufträge. Und energiefressende Bauten der Sechziger- und Siebzigerjahre würden auf den neuesten ökologischen Stand gebracht. Mit etwas Vernunft und gutem Willen liesse sich ein sinnvoller Weg aus dieser Zweitwohnungsmisere finden. Wenn man denn nur wollte.

amasueger@suedostschweiz.ch

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR