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«Zwei Fremdsprachen in der Primarschule sind zu viel»

«Nur eine Frühfremd- sprache in der Primarschule», fordern Jöri Luzi und seine Kollegen mit ihrer Initiative. Sie hoffen, 3000 Unter- schriften zusammenzubringen, damit sich der Grosse Rat noch einmal mit dem Schulgesetz befassen muss.

Südostschweiz
08.05.13 - 02:00 Uhr

Von Sabrina Bundi

Der Klosterser Primarlehrer Jöri Luzi hat seinen «Widerstand», den er nach der Sondersession zum Schulgesetz im März 2012 angekündigt hatte, doch noch wahr gemacht – wenn auch nicht wie angekündigt auf den vergangenen Herbst: Die Volksinitiative für nur eine Frühfremdsprache (Englisch in Deutschbünden und Deutsch in Italienisch- und Romanischbünden) wird am kommenden Freitag im Kantonsamtsblatt veröffentlicht und damit definitiv lanciert. Von der ursprünglichen Idee, für deutschsprachige Kinder nur eine Fremdsprache und für romanisch- und italienischsprachige Kinder den Status quo mit zwei Frühfremdsprachen beizubehalten, sind die Initianten jedoch abgekommen. Jetzt soll für alle Bündner Kinder dasselbe gelten – eine für alle.

Schüler sind überfordert

Die Gründe für nur eine Fremdsprache in der Primarschule sind hingegen immer noch die gleichen geblieben wie damals in der Debatte um das neue Gesetz. Das Hauptmotiv: Die Schulkinder sollen entlastet werden. Weitere Beispiele aus dem Argumentarium der Initianten: «Die Muttersprache hat Priorität», «die Erfolgsbilanz des Italienischen ist ungenügend», «Graubünden fehlen Italienischlehrkräfte», «eine sprachlastige Primarschule benachteiligt Knaben», «endlich das Volk mitreden lassen» und so weiter ...

Um dem Argumentarium mehr Gewicht zu geben, warteten einige der Mitglieder des Initiativkomitees an der gestrigen Medienkonferenz mit Studien, Erfahrungen, Fakten und Zahlen auf. So beispielsweise der Pädagoge Urs Kalberer, der ausführte, der frühe Fremdsprachenunterricht sei zu wenig intensiv und die Lerngewinne seien nur bescheiden: «90 Minuten pro Woche reichen nicht für ein effizientes Lernen.» Ausserdem hätten Studien gezeigt, «dass ältere Schüler schneller als jüngere lernen und diese nach einiger Zeit sogar überholen.» Ein wichtiger Grund für ihn, mit der zweiten Fremdsprache erst in der Oberstufe zu beginnen. Der Direktor des Bündner Gewerbeverbands, Jürg Michel, hob die Sicht des Bündner Gewerbes hervor. Vor allem in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sei ein Fachkräftemangel zu beklagen. Dieser werde mit Blick auf die demographische Entwicklung im Kanton noch weiter zunehmen. Auswärtige Familien würden aber einen Zuzug nach Graubünden meiden, weil ihre Kinder die Fremdsprache wechseln müssten.

Einen Angriff auf die Sprachsolidarität und den Sprachfrieden Graubündens sehen die Initianten in ihrer politischen Forderung aber nicht: «Erstens gibt es meiner Meinung nach keinen Sprachfrieden im Kanton, und zweitens ist die Initiative nicht gegen eine Sprache gerichtet, sondern sie zielt auf die Bedürfnisse der Kinder», sagte der CVP-Grossrat Ludwig Caluori, der ebenfalls zum Initiativkomitee gehört. «Die Initiative wird aber nicht die wertvolle sprachliche Vielfalt in unserem Kanton schwächen oder gar gefährden.» Ausserdem stehe denjenigen Kindern, die zwei Fremdsprachen lernen möchten, auch weiterhin die Möglichkeit offen, dies zu tun: «Wie, das müssen dann die Schulträgerschaften entscheiden.»

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