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Ungestraft einen Wolf abschiessen

An der Generalversammlung des Vereins für Lebensräume ohne Grossraubtiere vom 29. März in Le Prese in der Val Poschiavo schilderten Betroffene aus dem Wallis, dem Tessin sowie aus Italien und Frankreich ihre Sorgen bezüglich der Ansiedlung des Wolfes und anderer Grossraubtiere im Alpenraum.

Südostschweiz
26.04.14 - 02:00 Uhr

An diesem Abend zeigte sich sehr klar, dass europaweit Handlungsbedarf besteht. Die Anwesenden verabschiedeten die «Erklärung von Poschiavo für ein Berggebiet und eine Landschaft in Europa ohne Grossraubtiere». Dieser Text ist auf der Homepage des Vereins (www.atsenzagp.org) zu finden. Nach den Erfahrungen mit dem Bär M13 gelang es den Puschlavern innert Jahresfrist, eine Organisation zu gründen, die sich für den Schutz der Bevölkerung und der Bergbauern vor der Rückkehr der Grossraubtiere einsetzt.

Zusätzliche Unterstützung bekommen betroffene Tierhalter nun von Rechtsprofessor Rainer Schumacher, der sich im «Walliser Boten» vom 4. März zur Thematik geäussert hatte. Schumacher schrieb, dass das Abschiessen eines Wolfes nicht strafrechtlich verfolgt werden kann, sofern die Voraussetzungen des Artikels 17 des Strafgesetzbuchs (StGB) erfüllt sind. Dieser besagt: «Rechtfertigender Notstand – Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten, handelt rechtmässig, wenn er dadurch höherwertige Interessen wahrt.»

Rainer Schumacher bezeichnet einen Wolf, der sich einer Schafherde nähert oder bei einer Siedlung herumstreift, «als eine konkrete und unmittelbar drohende Gefahr im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichts». Diese Gefahr lässt sich nur durch das Abschiessen des Wolfs abwenden. «Bereits ein einziges Schaf, dem nach einem mörderischen Wolfsbiss ein qualvoller Tod droht, ist ein höherwertiges Rechtsgut, zu dessen Rettung der Wolf abgeschossen werden darf». Auch ein Jäger, der von einem Schafzüchter um Notstandshilfe ersucht worden ist, soll nicht bestraft werden können, folgert Schumacher aus einem Urteil des Bundesgerichts (BGE 129 VI 14).

Laut dem Konzept «Wolf Schweiz» darf ein Wolf erst dann abgeschossen werden, wenn er innerhalb von vier Monaten 35, respektive innerhalb von einem Monat 25 Nutztiere gerissen hat. Diese Regelung ist für betroffene Tierhalter unerträglich und die Interpretation von Professor Rainer Schumacher kann sowohl Tierhaltern wie Tieren viel Leid ersparen.

Rico Calcagnini, Buchen

Endlich beginnen namhafte Politiker Rückgrat zu zeigen. In der Lokalzeitung «Ruinaulta» konnte ich mit Freude lesen, dass Regierungspräsident Mario Cavigelli und die übrigen Gesprächsteilnehmer der Meinung sind, dass der höchste Schutz für Wolf und Bär nicht angebracht ist und beide Grossraubtiere in der Surselva nicht willkommen sind. Grobes Geschütz fuhr der ehemalige Ständerat Theo Maissen auf und stahl den Kandidaten die Show. Zitat: Der Wolf ist ein Wohlstandsproblem. Jeder einzelne Wolf verursacht Kosten in der Höhe von 250 000 Franken, das ist absurd!

Weniger gut gefunden habe ich die Kurzreferate im Hotel «Mitgel» in Savognin vom 15. April 2014. Der ganze Abend war einseitig pro Wolf ausgelegt, und die kritischen Votanten wurden so kurz wie möglich gehalten. Schockiert hat mich die Aussage von Ralf Manz, dass er keine Wolfangriffe auf Menschen kenne. Hier muss ich Herr Manz entgegnen, dass es sehr wohl Angriffe auf Menschen gibt. Besonders beliebt sind Kinder. Im Bundesstaat Utar Pradesch in Indien wurden in den letzten 20 Jahren 273 Kinder getötet. In Spanien endeten von 21 Attacken auf Kinder vier tödlich. In Münster, Bundesland Sachsen, verfolgten drei Wölfe einen Soldaten und liessen erst von ihm ab, als weitere Soldaten dazu kamen. Es gab Krisensitzungen ob man in den Wolfsgebieten die Soldaten mit scharfer Munition ausrüsten soll. In Anatolien begleiten Männer mit Kalaschnikows die Kinder in die Schule. Ihre Feinde sind keine fremden Truppen, sie begleiten nur die Kinder in die Schule. Prekär ist es im Winter. Ich muss einfach nochmal mit Nachdruck darauf hinweisen, dass der Wolf ein Raubtier ist und alles abräumt, was ihm zum Hunger stillen nützt. Besonders gefährlich sind sie in Rudeln.

Der Verein für einen Lebensraum ohne Grossraubtiere strebt die Neuverhandlung oder die Kündigung der Berner-Konvention an.

Hermi Plump, Tamins

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