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«Und es geht doch» oder wenn Mann als Vater mitzieht

Sich Zeit nehmen für die Kinder. Das wollen Väter von heute. Solche, die dies ernsthaft machen oder gelebt haben, präsentiert Barbara Lukesch in ihrem neuen Buch «Und es geht doch». Mit Roger Rhyner ist auch ein Glarner unter den Mustervätern zu finden.

Südostschweiz
07.11.13 - 01:00 Uhr

Von Claudia Kock Marti

Riedern. – «Der Glarner Roger Rhyner will alles, was das Leben hergibt, am eigenen Leib erfahren. Keine Überraschung also, dass er auch mit seinen Kindern Fanny, 13, und Charly, 9, knapp die halbe Woche verbringt.» Mit diesem Satz eröffnet Barbara Lukesch ihr Porträt über den Glarner Radiomann und Vater zweier Kinder.

Dabei hat es gar nicht so vorbildlich angefangen. Als im Jahr 2000 Rhyners erstes Kind, ein Mädchen, mit dem süssen Namen Fanny, zur Welt kommt, tingelt er gerade mit seiner Band durch die USA und gibt Konzerte. «Unverzeihlich» sagt er heute im Porträt von Barbara Lukesch dazu. Die Tochter sei einen Monat zu früh gekommen, und er konnte kein Flugzeug erwischen. Noch heute habe er Albträume, in denen er einen Flieger verpasse, erzählt Rhyner im Buch. Doch hat er den missglückten Start ins Vatersein längst wettgemacht.

Als er eines Tages nach einem erfüllenden Interview mit Phil Collins zu seiner Windeln wechselnden Ehefrau nach Hause gekommen sei, sei ihm schlagartig bewusst geworden, dass er etwas ändern müsse: «Janine ist überhaupt kein Hausmütterchen.» Und er habe nicht gewollt, dass sich «so ein merkwürdiges Ungleichgewicht» zwischen ihm und ihr einschleiche.

Erster Teilzeitler in leitender Stellung

Rhyner reduziert als erster Mann im Leitungsteam bei Radio Zürisee sein Pensum von 100 auf 60 Prozent. Seine Frau arbeitet wieder zu 50 Prozent als Kindergärtnerin. Sie erinnert sich, dass sie damals ebenfalls loslassen und ihm vertrauen musste, dass er mit einem Kleinkind umgehen könne. Die Zeit, die Kinder wirklich kennenzulernen, sei so kurz, stellt Rhyner fest. Er wolle sich holen, was er kriegen könne. Wenn die Kinder ihm entgegenrennen, wenn er vom Studio heimkomme und ihn umarmten, sei er glücklich. Die Einbussen beim Einkommen werden dafür hingenommen. Heute hat sein Modell beim Radio Schule gemacht; auch andere sind Vater geworden und haben ihr Stellenpensum reduziert.

Eine Bereicherung für alle

Wenn die Väter mitziehen, sind alle glücklich: Die Frauen, die Männer wie die Kinder. Dies ist denn auch die einfache, aber eindrückliche Erkenntnis, liest man die süffig geschriebenen Porträts vom Vater aus der Stadt oder vom Land, sei er Ökonom, Bäcker, Soziologe, Bauer oder eben ein Radiomoderator. Interessant ist auch, was erwachsene Kinder berichten, die einen im Alltag anwesenden Vater erlebten.

Die individuellen Betreuungslösungen und die Breite an Erfahrungen machen das Buch zu einem Lesegenuss – auch wenn die eigenen Kinder schon erwachsen sind – und zu einem Mutmacher für junge Paare.

Gern folgt man auch dem Journalisten und Ehemann von Barbara Lukesch bis ins Schlussporträt: «Wer nicht rechtzeitig eine Beziehung zu seinem Kind aufgebaut hat, kann dies kaum mehr nachholen», so René Staubli. «Letzthin habe ich auf der Redaktion mit einem Kollegen gesprochen, der soeben Vater geworden ist. Er nimmt sich Zeit für sein Baby und betreut es, wenn seine Frau bei der Arbeit ist. Andere Männer sagen, sie könnten mit Babys wenig anfangen, ihre Zeit komme dann, wenn das Kind erst einmal rede und sie mit ihm etwas unternehmen könnten. Ich glaube, dass der junge Redaktionskollege den besseren Weg gewählt hat.»

Barbara Lukesch, «Und es geht doch!», 240 Seiten, Wörtersee-Verlag, 39.90 Franken

Bern. – In den meisten Paarhaushalten in der Schweiz ist das Modell «Mann arbeitet Vollzeit, Frau Teilzeit» verbreitet. 2012 lebten rund die Hälfte der Paare in einer solchen Konstellation. Dies gab das Bundesamt für Statistik gestern bekannt. Das sogenannt traditionelle Modell, bei dem der Mann Vollzeit arbeitet und die Frau nicht erwerbstätig ist, betrifft 29,2 Prozent der Haushalte mit dem jüngsten Kind unter sieben Jahren. In 5,5 Prozent der Haushalte arbeiten beide Eltern Teilzeit. Immerhin 18 Prozent der Paare teilen sich Haus- und Familienarbeit zu gleichen Teilen. (ckm)

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