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Sind Hirntote tot?

Domherr Christoph Casetti, Chur

Südostschweiz
03.03.12 - 01:00 Uhr

Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Organtransplantation. Viele Kranke erhoffen sich von einer Organspende Heilung. Die Nachfrage ist grösser als das Angebot. In diesem Markt geht es inzwischen um sehr viel Geld. In armen Ländern werden gesunde Menschen entführt und umgebracht, um so geeignete Organe zu bekommen. In Nordafrika sollen kriminelle medizinische Teams Flüchtlinge überfallen, um sie im schrecklichsten Sinn des Wortes auszuschlachten. In beiden Fällen werden noch lebenden Menschen Organe entnommen, welche dann an diesen Eingriffen sterben. Auf den ersten Blick scheint das bei uns ganz anders zu sein. Bei uns muss man vor der Organspende bereits tot sein. Bei genauerem Hinsehen ist es komplizierter. Um möglichst gute Organe zu erhalten, müssen sie sofort nach dem Tod entnommen werden. Aber wann ist der Mensch tot? Weil die klassischen Kriterien von definitivem Atem- und Herzstillstand für die Organentnahme in vielen Fällen zu spät sind, hat man als Kriterium den Hirntod eingeführt. Das Hirn zeigt keine Aktivität mehr, aber die Atmung und der Kreislauf funktionieren noch dank intensivmedizinischer Massnahmen. Nun gibt es neuere Erfahrungen und Studien, welche zeigen, dass Hirntote eben doch noch nicht gestorben sind. Es handelt sich dann allenfalls um Sterbende, welche durch Organentnahmen getötet werden. Das macht die gegenwärtige Praxis der Organtransplantation ethisch fragwürdig.

Die Katholische Kirche sagt dazu: Lebenswichtige Organe dürfen nur einem Leichnam entnommen werden. Da dieser Zeitpunkt für die meisten Organe zu spät ist, hat man mit dem Hirntod die Definition des Todes vorverlegt, um günstigere Bedingungen für die Organtransplantation zu bekommen. Das ist übrigens ein ähnlicher Vorgang wie bei der Definition der Schwangerschaft. Sie beginnt eigentlich mit der Zeugung. 1965 hat man den Beginn neu definiert und behauptet: Die Schwangerschaft beginnt mit der Einnistung in der Gebärmutter. Damit wird das Kind in den ersten Wochen seines Lebens schutzlos gegenüber frühabtreibenden Mitteln und der embryoverbrauchenden Forschung.

Wenn Hirntote nicht tot sind, bedeutet die Bereitschaft zur Organspende die Bereitschaft, sich töten zu lassen.

Domherr Christoph Casetti, Chur

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