Robert Holzach – in der Zeit vor den «Turnschuhbankern»
Der Name Robert Holzach ist kaum mehr geläufig. Umso wichtiger ist es, sich an seine Ära zu erinnern, findet Buchautor Claude Baumann.
Der Name Robert Holzach ist kaum mehr geläufig. Umso wichtiger ist es, sich an seine Ära zu erinnern, findet Buchautor Claude Baumann.
Von Lucia Theiler (sda)
Bern. – Es war eine Zeit, in der es die «Turnschuhbanker» nicht gab und der Tanz ums goldene Kalb nicht stattfand. «Robert Holzach. Ein Schweizer Bankier und seine Zeit.» Treffender könnte der Titel des Buches kaum sein, um auszusagen, worum es geht: Um den Mann, dessen Name einst für Edelmut und Integrität stand, dem Respekt gebührte, der Teil einer Bankenkultur war, die es heute offenbar nicht mehr gibt.
Es ist die erste Biografie über Robert Holzach (1922-2009). Holzach stellte sein Leben ganz in den Dienst der Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG), von 1980 bis 1988 war er deren Präsident. Auf knapp 300 Seiten zeichnet Autor Claude Baumann die wesentlichen Stationen und Schlüsselereignisse im Leben Holzachs nach. Einfach war das nicht: Holzach pflegte die Zurückhaltung. Zudem gibt es wenig öffentlich zugängliche Quellen, die sein Schaffen dokumentieren.
Sowieso das Zeitalter: Es war zu Holzachs Blütezeit ein ganz anderes. Baumann erzählt davon spannend und anschaulich. Die Ereignisse, welche den epochalen Wandel in der Bankenbranche anstiessen, der Weg der SBG zur UBS und die Multiplikatoren, welche die Grossbank ins Straucheln brachten, schildert Baumann genau, umfassend genug, nie aber sich hinziehend.
Bankier per Zufall
Holzachs berufliche Karriere begann planlos. Die Aufnahmeprüfung in die Kantonsschule in Trogen bestand er zunächst nicht, doch der Rektor befand, man werde den Jungen schon irgendwie durchbringen. Er studierte später Jus, interessierte sich aber mehr fürs Militär. Tatsächlich pflegte er in seinem Leben eine Art Militärkultur, gründete Herrenabende und organisierte Suworow-Märsche. Der Beruf als Anwalt behagte ihm nicht. Mit fast 30 Jahren wusste er noch immer nicht, was aus ihm werden sollte. Unverhofft meldete sich eines Tages im Jahr 1951 doch noch die SBG und bot ihm ein zunächst befristetes Praktikum in Genf an, später durfte er nach London. So zögerlich er einen Weg in die Berufswelt fand, umso zielstrebiger verfolgte er seinen Aufstieg. Das Kreditgeschäft interessierte ihn am meisten. Das Faszinierende, hielt er einmal fest, seien die «beinahe unlimitierten Lernmöglichkeiten: Etwa herauszufinden, wie der Kunde Wellkarton herstellt oder Glühlampen produziert.»
Unterschiedliches Duo
Holzach sah sich als Vertrauter seiner Kunden. Seine Haltung und sein Gespür für Menschen sollten der SBG einige Male zugute kommen: Mit dem Finanzspekulanten Werner K. Rey etwa tätigte das Finanzhaus keine Geschäfte. Als grösster Förderer gilt Alfred Schaefer, bis 1976 SBG-Präsident. Dieser ebnete für seine Ziehsöhne Nikolaus Senn und Robert Holzach den Weg zu späteren Schlüsselpositionen. 1980 wurde Holzach Verwaltungsratspräsident, Senn Präsident der Generaldirektion. Die beiden hätten unterschiedlicher nicht sein können: «Da der prinzipientreue, zu seinen Untergebenen distanziert auftretende und zu schweren Gedanken neigende Holzach, dort der pragmatische, im Umgang eher humorvolle, nicht immer ganz greifbare und gleichzeitig blitzschnell agierende Senn», beschreibt Baumann. Beide zusammen brachten die Bank aber auf einen äussert erfolgreichen Kurs.
Es war die Zeit, in der die Bilanzsumme noch die relevante Grösse einer Grossbank war. Dass Gewinne und Eigenmittel immer wichtiger würden, erkannten Holzach und Senn schon früh. Holzach war skeptisch gegenüber dem neuen «Typus des smarten Bankmanagers». Er warnte vor einer Entmenschlichung der Finanzmärkte, vor zu viel Innovation und von der Verwilderung der Sitten.
Verletzter Holzach
Holzach wurde nach seinem Abgang 1988 zwar zunächst Ehrenpräsident der SBG. Doch gefragt war seine Meinung nicht mehr. Hinter vorgehaltener Hand wurde er nur noch «der Alte» genannt. Holzach war verletzt, fühlte sich degradiert. 1997 kam er nochmals in die Schlagzeilen, weil er sich in einer US-Wochenzeitung antisemitisch geäussert haben soll. Er starb 2009. «Die beste Erinnerung an ihn wird sein, dass wir zurückgehen an unsere Arbeit, und das tun, was uns auferlegt ist», sagte Konrad Hummler, früherer Weggefährte von Holzach, an der Beerdigung. Es ist dieser Satz, der das Anliegen der Biografie wohl am besten zusammenfasst.
Claude Baumann: «Robert Holzach. Ein Schweizer Bankier und seine Zeit». Verlag Neue Zürcher Zeitung. 295 Seiten. 36 Franken (E-Book: 23.60 Franken).
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