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Oligarchen-Streit um Alu-Konzern: Vekselberg steigt aus

Beim russischen Aluminiumkonzern Rusal hängt der Haussegen mehr als schief: Milliardär Viktor Vekselberg wirft Mehrheitsaktionär Oleg Deripaska eine desaströse Unternehmenspolitik vor und kehrt Rusal den Rücken.

Südostschweiz
14.03.12 - 01:00 Uhr

Von Lothar Deeg

Moskau. – «Rusal befindet sich in einer tiefen Krise, die vom Handeln des Managements hervorgerufen wurde. Rusal hat sich dadurch vom Weltmarktführer der Aluminiumindustrie in einen Konzern verwandelt, der mit Schulden überladen und in viele juristische und soziale Konflikte verwickelt ist», schrieb Vekselberg in seiner Rücktrittserklärung. Das Rusal-Management habe eine ganze Reihe von strategischen Entscheidungen getroffen, die zum Teil ohne Zustimmung des Aufsichtsrates und entgegen der Bestimmungen der Aktionärsvereinbarung erfolgt seien, kritisierte Vekselberg, der in der Schweiz wohnt und hier unter anderem beim Technologiekonzern OC Oerlikon engagiert ist.

In der Minderheit

Der Multimilliardär war seit der Schaffung von Rusal im Jahr 2007 Aufsichtsratschef (in der Schweiz wäre das der Präsident des Verwaltungsrates). In dem Konzern ist Vekselberg allerdings nur Minderheitsaktionär. Über das Unternehmen Sual hält er zusammen mit seinem Partner Leonid Blavatnik 15,8 Prozent an dem Alu-Konzern. Weitere 17 Prozent gehören dem in die Politik gegangenen Ex-Präsidentschaftskandidaten Michail Prochorow. Auch er hatte erst vor wenigen Tagen von einem Aktionärskonflikt bei Rusal gesprochen: «Vekselberg und ich sind nicht einverstanden mit der Linie, die Deripaska im In- und Ausland verfolgt. Wir versuchen das zu ändern, aber Deripaska hat die Mehrheit.» In der Tat gibt bei Rusal Konzernchef Oleg Deripaska den Ton an. Er besitzt 47,4 Prozent der Aktien.

Mit Übernahme gescheitert

Der Aktionärskonflikt innerhalb von Rusal ist ein Folgeprodukt des verbissenen Oligarchenstreits zwischen Deripaska und Wladimir Potanin, dem Haupteigner des Nickel- und Palladiumproduzenten Norilsk Nickel. Noch vor der Finanzkrise hatte der risikofreudige Deripaska eine feindliche Übernahme von Norilsk Nickel versucht, war daran aber gescheitert. In der Folge häufte sein eigener Konzern Schulden in Höhe von elf Milliarden Dollar an – doch weigert sich Deripaska standhaft, Potanins Kaufangebote für seinen 25-Prozent-Aktienanteil an Norilsk Nickel anzunehmen. Im Gegenzug überzieht er seinen Gegner weltweit mit Klagen wegen angeblicher Geldwäsche, verbotener Geschäfte oder der Unterschlagung von Unternehmensgeldern.

Schuldenberg drücken

Vekselberg und Prochorow sind jedoch der Ansicht, es wäre besser, sich von den Norilsk-Nickel-Aktien zu trennen, um Rusals Schuldenberg zu drücken. Auch würden sie gerne einmal wieder Dividenden sehen – seit 2008 hat der Konzern nichts mehr ausgezahlt. Auch ignorierte Deripaska im vergangenen Jahr das Vetorecht Vekselbergs gegen den Abschluss eines lukrativen Exportvertrags für Glencore: Der Vertrag macht den Schweizer Multi faktisch zum Monopolisten für die Ausfuhr der Rusal-Produktion.

Die Retourkutsche von Rusal auf Vekselbergs Kündigung liess nicht lange auf sich warten: Das Unternehmen erklärte, Vekselberg sei nur seiner ohnehin anstehenden Entlassung zuvorgekommen. «Herr Vekselberg hat faktisch vor einem Jahr aufgehört, seine Funktionen als Chef des Aufsichtsrats zu erfüllen», so ein Konzernsprecher: An Aufsichtsratssitzungen habe er einfach nicht mehr teilgenommen.

Wacklige Position

Zwar wollen momentan weder Prochorow noch Vekselberg bei Rusal ganz aussteigen, doch wird der nun offen eskalierte Streit Deripaskas ohnehin wacklige Position eher schwächen. Wie die Internet-Zeitung «Russland-Aktuell» schreibt, wird sich dessen Situation in der Schweiz, wo er einen neuen Rechtsstreit mit Potanin und der Hyposwiss – einer Tochter der St. Galler Kantonalbank – anstrebt, verschlechtern. Denn bisher konnte sich Deripaska dort auf die guten Kontakte und Lobbyisten Vekselbergs stützen. Die werden ihm nun fehlen.

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