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Nach London, stressfrei

Von der Schweiz aus im Zug nach London? Weniger Abenteuer als eine echte Alternative. Auf jeden Fall spannender und entspannter als klassisch mit dem Flugzeug nach London zu fliegen.

Südostschweiz
19.06.11 - 02:00 Uhr

Von Andreas Trabesinger

Welche Wohltat. Man steigt einfach ein in den Zug. Kein Anstehen, um Koffer abzugeben, keine Kontrollen und keine Sicherheitsschleusen, kein Taschenentleeren. Gurt und Schuhe bleiben dort, wo sie hingehören, und Kosmetika müssen nicht in Gefrierfachsäckche gezwängt werden. Einfach nur einsteigen in den TGV, und ab gen London. Zugegeben, rein auf dem Papier scheint der Zug kaum das Verkehrsmittel der Wahl zu sein für den Wochenendtrip nach London. Rund sieben Stunden reine Fahrzeit sind es etwa von Zürich nach Paris. Zwar nur einmal umsteigen, in Paris, aber dort mit Bahnhofwechsel. Der genaue Preis hängt von den Reisezeiten ab, er wird jedoch wohl selten unter dem liegen, was Fluglinien zu bieten haben. Die Zugreise aber ist erfrischend unkompliziert, und sie bringt den Reisenden direkt ins Zentrum von London, ohne zeitraubende Umwege. Und der um Grössenordnungen niedrigere CO2-Ausstoss lässt einen zudem noch mit reinerem Gewissen reisen.

Eine komfortable Reise

Auf der Schweizer Seite nimmt sich die Fahrt noch ein bisschen aus wie ein Schulreisli. Friedliches Sausen durch das zunehmend verbaute Mittelland, vorbei an der prächtigen Feldschlösschen-Brauerei und den mächtigen Bauten der Pharmabetriebe. Ennet der Grenze werden die Hügel kleiner und kleiner und zunehmend mit Weinstöcken bestückt. Und nach Strasbourg beschleunigt der TGV Lyria dann zum ersten Mal auf seine 320 km/h Spitzengeschwindigkeit. Das bleibt freilich annähernd unbemerkt, so ruhig und stetig flitzt der TGV dahin. 30 Jahre feiert der Train de Grande Vitesse dieses Jahr, aber eine Fahrt in diesen Zügen bleibt ein Erlebnis.

Bis zu fünf Direktverbindungen täglich bietet der TGV Lyria zwischen Zürich und Paris. Das Reisen ist komfortabel, auch in der zweiten Klasse, der Beinraum vernünftig bemessen, und die Zeit vergeht wie im Fluge.

Vom TGV zum Eurostar in ein paar Minuten

Dreieineinhalb Stunden nachdem man die Schweiz verlassen hat, füllt Paris den Blick aus dem Fenster. Paris -- welche Weltstadt, und zugleich eine Welt in sich selbst. Die paar Minuten Spaziergang vom Gare de l’Est hinüber zum Gare du Nord geraten zum Amuse bouche. Die beiden Bahnhöfe sind nur rund 700 Gehmeter voneinander entfernt, was das Umsteigen mehr als nur erträglich macht. Und die Verbindungen von Paris nach London sind so zahlreich, dass sich leicht Zeit für ein Gläschen Wein und einen Croque Monsieur einplanen lässt. Was freilich kein Ersatz ist für ein Wochenende in der Stadt an der Seine. Aber das Ziel, dieses Mal zumindest, soll ja London sein. Hinüber also zum Gare du Nord, und mit erneut über 300 km/h hinaus aus Paris. Diesmal aber im Eurostar, dem Schnellzug, der Paris und London auf weniger als zweieinhalb Stunden zusammengerückt hat. Ein Katzensprung. Der Eurotunnel, der dies alles ermöglicht hat, darf nicht unterschätzt werden in seiner historischen Bedeutung. Die 1994 eröffnete Röhre war die erste und bleibt die einzige Landverbindung zwischen Frankreich und England. Rund eine halbe Stunde dauert die Fahrt unter dem Ärmelkanal.

Die Fahrt mit dem Eurostar ist ebenso entspannt wie die mit dem TGV Lyria. Trotz Hochgeschwindigkeit zieht die Landschaft friedlich an einem vorbei, ohne dass das Bild verwackelt wäre. Das Platzangebot ist angemessen, und mit dem Bistrowagen wird der Bewegungsfreiheit ein Ziel gegeben. An den Endstationen in Paris und London werden zwar Pass- und Gepäckkontrollen durchgeführt, aber die sind im Normalfall speditiv und schmerzfrei.

Und das Wochenende in London produziert garantiert genug Stoff zum Träumen auf der Rückreise. Ein paar Anregungen: Von morgen bis zum 3. Juli wird in Wimbledon wieder feinstes Tennis serviert, vom 15. Juli bis 10. September finden die «BBC Proms», eine exquisite Reihe klassischer Konzerte, statt, und am 28. und 29. August der legendäre Notting Hill Carnival. Welches auch immer Ihre Pläne gewesen sein mögen, die Heimfahrt wird Sie ohne abschliessende Flughafenärgernisse in die Schweiz führen, sanft und stressfrei.

Weitere Informationen unter www.tgv-lyria.com und unter www.eurostar.com.

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