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Musikalische Weltreise mit Halt in Syrien und Argentinien

Unter dem Titel «Lustbarkeit und Nachtmusik» fand am Sonntag das zweite Konzert im Rahmen des Menhir-Festivals in Falera statt. Die Kammerphilharmonie Graubünden präsentierte Werke internationaler Komponisten.

Südostschweiz
21.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Irina Meinschien

Falera. – Sehnsucht, Leidenschaft und vielleicht auch ein wenig portugiesischen Weltschmerz – all das beinhaltet das «Concert for Strings in D» des aus Lissabon stammenden Komponisten Joly Braga Santos, mit dem die Kammerphilharmonie Graubünden am Sonntag das zweite Konzert des Menhir-Festivals eröffnete. Das Publikum in den leider eher spärlich besetzten Rängen der Konzerthalle La Fermata in Falera zeigte sich begeistert über die eingängige und dennoch nicht schwülstige Melodik des Stücks.Dirigiert wurde die Kammerphilharmonie an diesem Spätnachmittag von José Ferreira Lobo, dem Chefdirigenten des Orchestra de Nord im portugiesischen Porto. Simon Camartin, musikalischer Leiter des Menhir-Festivals, ist stolz, dass er Lobo für dieses Konzert verpflichten konnte. «Ich habe die Zusammenarbeit mit ihm schon länger geplant», erklärte Camartin nach dem Konzert. «Und das Schöne daran: Ich wusste, wenn er kommt, bringt er Santos mit – und etwas von Santos wollte ich unbedingt im Programm haben.» Souverän führte der Gastdirigent die Streicher der Kammerphilharmonie durch das Konzert, mit ausdrucksstarker Mimik und der charmanten Eigenschaft, die Melodien mitzusummen, wie man es etwa von Bobby Mc Ferrin kennt.

Keine einfache Aufgabe

Ein weiterer Gast war der syrische Cellist Athil Hamdan, der in zwei Beiträgen als Solist auftrat. Marin Marais «La Folia» für Violoncello und Orchester trug der Musiker auswendig vor und stellte dem Dirigenten die sicher nicht leicht zu lösende Aufgabe, dem Solisten, der schräg hinter ihm sass, rein nach Gehör zu folgen und das Orchester mitzuziehen.Auch mit Hamdan hat Camartin einen besonderen Fang gemacht. Hier ging es ihm vor allem darum, ein Werk des syrischen Komponisten Dia Succari ins Programm zu nehmen – Camartin hatte vor Jahren die syrische Oper bei einem Succari-Stück dirigiert. «Hamdan war dort Cellist, und er erzählte mir, dass Dia Succari ihm soeben eine Komposition gewidmet hatte», erklärte Camartin. «So war es mehr als logisch, gerade dieses Stück aufzuführen und Hamdan als Solisten zu verpflichten.»So handelte es sich also bei Succaris «Image d'antiquité» für Violoncello und Streichorchester um eine Uraufführung, die den Zuschauern eine Reise in den Orient bescherte. Wobei es sicher nicht korrekt wäre, Succaris Musik als rein orientalisch zu bezeichnen. Vielmehr handelt es sich um eine Verbindung klassischer europäischer Musik mit orientalischen Elementen.

Unerwartete Programmänderung

Nach der Pause gab es eine Überraschung: Statt der Concert Elegy von Ashot Zohrabyan wurde mehr oder weniger spontan eine kurze «Melodie» des für seine Tango-Rhythmen berühmten Argentiniers Astor Piazolla gespielt. «Die Programmänderung war ein Wunsch der Musiker», erklärte Camartin später. «Sie hatten das Gefühl, das sehr schwierige und komplexe Stück von Zohrabyan noch nicht so rüberzubringen, wie es der Komponist gewollt hätte.» Eine Entscheidung, die für die reife Selbsteinschätzung des Orchesters spricht. Und Piazolla, in diesem Fall ganz ohne Tango-Anklänge, war ein würdiger Ersatz, über den sich das Publikum freute.Als Publikumsliebling war sicher auch Wolfgang Amadeus Mozarts «Kleine Nachtmusik» gedacht, die den Abschluss des Konzerts bildete. Fraglich bleibt, ob der gefällige Gassenhauer wirklich nötig gewesen wäre, um das Publikum zu versöhnen. Denn die Zuhörer zeigten sich der musikalischen Weltreise zuvor durchaus aufgeschlossen.Noch eine Zeit lang offen bleibt auch die Frage, wann die Kammerphilharmonie dann die bereits einstudierte «Elegy» von Zohrabyan zur Aufführung bringt. «Vielleicht beim nächsten Menhir», sagte Camartin und dementierte mit dieser Aussage die Gerüchte, es gäbe keine Zukunft für das Festival. Woher diese Gerüchte kommen, war ihm sowieso nicht klar. «Hier in Falera stand das Ende von Menhir nie zur Debatte», meinte Camartin. «Wir machen weiter.»

Menhir-Festival. Weitere Konzerte: «Tal des Lichts und mexikanische Sonnenpyramide» am kommenden Sonntag, 17 Uhr, La Fermata, Falera; «Natur pur» am Sonntag, 3. Oktober, 17 Uhr, Pfarrkirche Laax.

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