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«Junge sind immer häufiger von Sozialhilfe abhängig»

2010 bezogen im Kanton Glarus 958 Personen Sozialhilfe. Das sind 38 mehr als im Vorjahr. Immer öfter geraten junge Erwachsene in die Armutsfalle. Auf sie legt man beim Sozialamt ein besonderes Augenmerk.

Südostschweiz
17.03.11 - 01:00 Uhr

Von Seraina Etter

Glarus. – Die Sozialhilfequote liegt im Kanton Glarus mit 2,5 Prozent etwas unter dem schweizerischen Durchschnitt. Über die Hälfte aller Sozialhilfebezüger sind mehr als zwei Jahre lang auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Oft sind sie sogeannte «Working Poor», sprich Menschen die trotz Vollzeitstelle zu wenig verdienen, um ihre Familie zu ernähren. Leidtragende sind in solchen Fällen nicht selten die Kinder.

Obschon die unter 25-Jährigen nicht die Hauptgruppe der Sozialhilfebezüger darstellen, steigt ihre Quote jährlich an. Derzeit machen sie rund 20 Prozent aus. Laut Willi Hunziker, Leiter Soziale Dienste des Kantons Glarus, eine erschreckende Zahl: «Ihnen schenken wir besondere Beachtung, denn sie laufen häufiger Gefahr, Dauerklienten zu werden.»

Meist seien Personen betroffen, die ihre Ausbildung abgebrochen haben. «Wir haben aber auch Studenten, die Sozialhilfe beziehen, weil die Eltern nicht für sie aufkommen können.»

Bei jungen Menschen sei es besonders wichtig, dass sie eine Tagesstruktur haben, erklärt Hunziker. «Manche müssen deshalb ihr Geld am Morgen persönlich abholen, denn nur so stehen sie überhaupt auf.» Dies klappe meist gut, doch es sei eine Gratwanderung: «Wenn ihnen die Anreise zu mühsam ist, kommt es vor, dass sie sich das Geld irgendwo zusammenklauen.» Man müsse genau abwägen, wieviel Druck man ausüben dürfe.

Integration in den Arbeitsmarkt

Erfreulich ist für das Sozialamt, dass rund ein Fünftel der Klienten wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden kann. Dies geschieht vielfach über Programme wie etwa das «Vivamos», welches 2010 in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz durchgeführt wurde und wegen des Erfolgs im Juni wieder startet. Im halbjährigen Programm möchte man das Selbstwertgefühl der Teilnehmer stärken und sie für eine Arbeit motivieren. Nach der Schulung werden ihnen Praktika angeboten, die eine Festanstellung zum Ziel haben. «Im letzten Jahr haben zirka ein Viertel der teilnehmenden Personen eine Stelle gefunden.»

Glarus Nord hat höchste Quote

Zwischen den drei Glarner Gemeinden zeigen sich Unterschiede in der Sozialhilfequote. Glarus liegt mit 2,5 Prozent genau im kantonalen Durchschnitt. Glarus Nord liegt mit 2,6 Prozent darüber, der südliche Kantonsteil weist mit 2,4 Prozent die tiefste Quote auf.

Steigend ist laut der kantonalen Sozialhilfestatistik auch die Anzahl der Leute, denen Rente und IV abgesprochen werden. Sie haben wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Anfang April tritt das revidierte Gesetz über die Arbeitslosenversicherung in Kraft, welches im September 2010 gutgeheissen wurde. «Wir erwarten, dass danach vergleichsweise viele Leute zu uns kommen», sagt Hunziker.

«Schlüüfe» ist schwierig

Viele Frauen werden durch Scheidungen gezwungen, sich erstmals beim Sozialamt zu melden. Laut kantonaler Alimentenhilfestatistik bevorschusste der Kanton Glarus Ende 2010 für 213 Personen die Alimente.

Ob der Ex-Partner wirklich nicht bezahlen kann, wird jeweils genau überprüft. Hunziker berichtet von einem Fall, bei dem sich ein Mann mit über 150000 Franken Alimentenschulden ins Ausland absetzte. Als man erfuhr, dass er in einem Nachbarskanton ein Haus verkaufen konnte, wurde Anzeige erstattet und der Mann verhaftet. «Er musste uns rund 100000 Franken aus dem Hausverkauf abtreten. ‹Schlüüfe›, das ist bei uns schwierig.»

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