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Ist das Tanzverbot an hohen Feiertagen noch zeitgemäss?

An Karfreitag, Ostersonntag oder Pfingsten dürfen vielleicht bald auch Bündner tanzen. Die Lockerung des Ruhetagsgesetzes ist in der Vernehmlassung. So sollen Gemeinden unruhige Anlässe an hohen Feiertagen künftig bewilligen können.

Südostschweiz
02.05.14 - 02:00 Uhr

Von Carlo Lardi

Chur. – Das seit 1985 in Graubünden geltende Ruhetagsgesetz verbietet Veranstaltungen in den Bereichen Unterhaltung, Sport und Kultur an hohen Feiertagen wie Karfreitag, Ostersonntag oder Pfingsten. Zur Modernisierung ist seit gestern eine entsprechende Gesetzesänderung in der Vernehmlassung. «Der Vorschlag zur neuen Regelung geht auf einen Auftrag von SP-Grossrätin Clelia Meyer Persili zurück. Er ist 2007 vom Grossen Rat einstimmig an die Regierung überwiesen worden», erklärt Regierungsrat Martin Jäger.

Der SP-Vertreter spricht sich für die Anpassung aus und nimmt dafür das Beispiel der Higa-Zeit während Auffahrt und Pfingsten in Chur. «In dieser Zeit findet in der Oberen Au jedes Jahr der Karussellbetrieb statt. Dieser darf gemäss dem geltenden Ruhetagsgesetz am Pfingstsonntag nicht betrieben werden, auch wenn das schönste Wetter herrscht.» Im Gegensatz zu 1985 sei es den Menschen heute jedoch vielfach ein Bedürfnis, auch an Feiertagen solche Veranstaltungen zu besuchen, «als Ausgleich zum Arbeitsalltag».

Mehr Spielraum für Gemeinden

Mit der Gesetzesrevision liegt gemäss Jäger ein konkreter Änderungsvorschlag auf dem Tisch. So sollen entsprechende Veranstaltungen neu von den Gemeinden bewilligt werden können. «Den Gemeinden wird innerhalb des Zwecks des Ruhetagsgesetzes neu ein Freiraum gewährt.» Von der Bewilligungspflicht ausgenommen seien gemäss Vorschlag Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, an welchen weniger als 500 Personen teilnehmen. «Besteht aber die begründete Befürchtung, dass die angemessene Feiertagsruhe anderer gestört werden könne, so kann die Gemeinde eine Veranstaltung verbieten, auch wenn sie weniger als 500 Personen anzieht.»

Auch Rudolf Kunz, Fraktionschef der FDP Graubünden, unterstützt die Gesetzesänderung. «Das Bedürfnis ist da, solche Veranstaltungen auch an Feiertagen durchführen zu können. Besonders wichtig finde ich den positiven Effekt für Graubünden als Tourismuskanton, denn der Tourismus erhält so mehr Möglichkeiten.» Neben der Liberalisierung begrüsst Kunz auch die Kompetenzübertragung an die Gemeinden. «So kann genauer auf die jeweils vorherrschenden Bedürfnisse eingegangen werden.»

Obwohl sich der Präsident des Bündner Gewerbeverbands, Jürg Michel, noch nicht im Detail mit dem Vorschlag befasst hat, begrüsst auch er die mögliche Lockerung. «Grundsätzlich ist der Gewerbeverband für jede Liberalisierungstendenz offen.»

Die Kirche schweigt, Engler nicht

Von der heutigen Regelung überzeugt und damit ein vehementer Gegner einer Änderung des Ruhetagsgesetzes ist Ständerat Stefan Engler. «Nur weil das Gesetz ins Alter gekommen ist, muss es nicht a priori schlecht sein», sagt der CVP-Vertreter. Gerade weil sich der Zeitgeist mit der Zeit ändere, solle man sich auch einige Gewissheiten und Konstanten erhalten. «Das Bedürfnis nach sonntäglicher Ruhe, familiärem und nachbarschaftlichem Zusammensein und religiöser Besinnung dürfte in den vergangenen Jahren sogar noch gestiegen sein», meint Engler. «Deshalb wehret den Anfängen, aus dem Sonntag einen austauschbaren Werktag zu machen.» Engler sieht in der Gesetzesänderung insofern keinen Fortschritt, sondern eher eine Bedrohung.

Das Bistum Chur wollte sich auf Anfrage noch nicht zu der möglichen Änderung äussern. Auch die Katholische sowie die Reformierte Landeskirche Graubünden warten noch ab.

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