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Eklat bei Wahl des Bezirksgerichts Inn

Am Sonntag hätten die Unterengadiner und die Münstertaler zwei neue Bezirksrichter wählen sollen. Nun wurde der Wahltermin annulliert. Grund: Im Münstertal wurde nicht korrektes Stimmaterial verteilt.

11.10.19 - 10:30 Uhr
Zeitung

Die Nachricht, dass eine Wahl wenige Tage vor dem angesetzten Termin nicht stattfindet, ist aussergewöhnlich. Aussergewöhnlich ist auch der Fall, der bei der Ersatzwahl von zwei Bezirksrichtern des Bezirksgerichts Inn vorliegt: In einem offiziellen Schreiben begründen die Vetreter der Verwaltungs- und der Wahlkommission des Bezirksgerichts Inn ihren Entscheid zur Annulierung des Wahlgangs vom kommenden Sonntag. Gemäss dem Schreiben hat die Wahlkommisssion eine neutrale Liste erstellt mit den fünf bis zum 10. August gemeldeten Kandidaten. Die 13 betroffenen Gemeinden seien darüber informiert worden, dass diese Liste durch die Gemeinden in den Stimmcouverts der Stimmberechtigten beigelegt werden müsse.Am Samstag erfuhr die Wahlkommission nun, dass die Gemeinde Val Müstair diese neutrale Liste dem Stimmmaterial nicht beigelegt hatte. Zudem habe die Gemeinde «eigenmächtig» einen Brief beigefügt, in welchem nur die drei Kandidaten der politischen Gemeinde Val Müstair aufgeführt wurden. Da dieser Brief zudem die Aufforderung enthalte, nur diese drei Kandidaten zu wählen, ist laut dem Schreiben «die Wahlfreiheit und die Neutralität nicht mehr gewährleistet». Das Wahlergebnis könne verfälscht werden, wodurch die Gleichbehandlung verletzt sei, so die Vertreter der Kommissionen. Da dieses Fehlverhalten so kurzfristig vor der Wahl nicht zu korrigieren sei, werde der Wahltermin vom Sonntag annulliert. Neu sollen die Ersatzwahlen nun am 28. November stattfinden.

Eine Privatperson informierte

Vom falschen Stimmmaterial hatte der Präsident der Verwaltungskommission des Bezirksgerichts Inn, Georg Buchli, durch eine Privatperson erfahren. «Mich hat am Freitag eine Person aus dem Münstertal angerufen, um zu fragen, ob diese Vorgehensweise legal sei», sagte Buchli gestern auf Anfrage. Per Fax habe er dann auch das Schreiben mit der Wahlpropaganda erhalten.Der Brief sei mit dem Gemeindestempel versehen und vom Gemeindepräsidenten unterschrieben worden. Eine direkte Kontaktaufnahme mit Letzterem sei wegen dessen Abwesenheit aber nicht möglich gewesen. In Absprache mit der Standeskanzlei Graubünden und der Wahlkommission sei die Wahl vom Sonntag deshalb annulliert worden.Gegenüber der «Südostschweiz» erklärte Gemeindepräsident Arno Lamprecht, es sei ihm schleierhaft, wie es zu einem solchen Fauxpas habe kommen können. «Es handelt sich um einen Fehler der Gemeindeadministration», sagte er. So sei eine Wahlempfehlung, die für das Gemeindeblatt vorgesehen war, fälschlicherweise zum Abstimmungsmaterial hinzugefügt worden. «Das ist äusserst unangenehm und wird intern noch diskutiert werden», meinte Lamprecht. Die Wahlunterstützung im Gemeindeblatt sei damit zu rechtfertigen, dass das Bezirksgericht Inn zwar neun Mitglieder habe, jedoch nur einen Repräsentanten für das Münstertal. «Das Münstertal ist dadurch im Nachteil», so Lamprecht.

«Fehler sollte nicht passieren»

Eine Umfrage bei regionalen Politikern zeigt, dass Verständnis für die Situation vorhanden ist. Georg Fallet, FDP-Grossrat aus Müstair, meinte zu der Geschichte rund um die Wahl-Annullation: «Meiner Meinung nach handelt es sich um einen Fauxpas ohne bösen Hintergedanken.» Man habe wohl die Münstertaler unterstützen wollen, ohne dabei den grösseren Kontext zu berücksichtigen. Auch der Münstertaler Kreispräsident Gottfried Hohenegger (BDP) ist dieser Ansicht: «In diesem Fall wurde wahrscheinlich einfach etwas übersehen.»Jon Domenic Parolini, BDP-Grossrat aus Scuol, hat zwar Verständnis für die Münstertaler wegen ihrer Minderheit im Bezirksgericht Inn. Trotzdem kritisiert er das unprofessionelle Verhalten: «Ein solcher Fehler von offizieller Seite sollte nicht passieren, das ist peinlich.» Mit der Annullierung der Wahl vom Sonntag ist nun alles wieder offen – auch ob es erneut eine neutrale Liste geben wird.

 

Fadrina Hofmann ist als Redaktorin für die Region Südbünden verantwortlich. Sie berichtet über alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Themen, die in diesem dreisprachigen Gebiet relevant sind. Sie hat Medien- und Kommunikationswissenschaften, Journalismus und Rätoromanisch an der Universität Fribourg studiert und lebt in Scuol im Unterengadin. Mehr Infos

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