×

«Einer der besten Verteidiger aller Zeiten»

Beim Verteidiger-Ranking gibt es keine Gretchenfrage. Die Experten sind sich einig: Der Brasilianer Thiago Silva von Paris St-Germain ist der Beste. Heute spielt er gegen Barcelona um den Einzug in die Champions-League-Halbfinals.

Südostschweiz
10.04.13 - 02:00 Uhr

Von Stefan Wyss

Fussball. – Die Szene erstaunte den normalen Beobachter und entzückte Fans und Experten. In der 22. Minute des Hinspiels zwischen Paris St-Germain und dem FC Barcelona setzte Lionel Messi zum Dribbling gegen Thiago Silva an – und blieb gegen den Verteidiger des PSG zweiter Sieger. Thiago Silva nahm dem Weltfussballer den Ball ab. Ohne Foul, ohne Körpereinsatz, ohne Tackling. Einfach so. Weil er, der Innenverteidiger, fast ebenso flinke Füsse hat wie Lionel Messi. «Diesen Zweikampf führte Thiago Silva wie aus dem Lehrbuch», schrieb danach die «L’Equipe».

Es sind solche Szenen, welche die Meinung zementieren. In seiner Branche, unter den Abwehrspielern, ist Thiago Silva der weltbeste. Er ist ein kompletter Fussballer. Er ist beidfüssig, schnell, kopfballstark, technisch versiert, spielintelligent, taktisch gut geschult, stark in der Angriffsauslösung und gefährlich mit Freistössen. Sein früherer Mitspieler bei Milan, der Weltmeister und zweifache Champions-League-Sieger Andrea Pirlo, hat in seiner Karriere viele gute Verteidiger gesehen, doch über Thiago Silva sagte er vor wenigen Tagen: «Er kann das Spiel und die Ideen der Stürmer lesen wie kein Zweiter. Nie gerät er unter Druck. Er ist einer der besten Verteidiger aller Zeiten.»

Nach drei hervorragenden Jahren bei Milan (2009 bis 2012) hatten sich die Qualitäten Thiago Silvas herumgesprochen. Als sein Transfer zum PSG bekannt geworden war, schrieb der Kolumnist Thomas Berthold, 1990 Weltmeister mit Deutschland, im «Kicker»: «Ich verstehe nicht, dass Bayern München seine Abwehrprobleme beheben will, indem es Dante verpflichtet. Als Bayern musst du den Besten überhaupt holen. Warum holen sie nicht Thiago Silva?»

Pause für Barcelona

Ob der Beste reicht, um in der Champions League den verletzungsbedingt allerdings fraglichen Lionel Messi und Co. zu stoppen, wird sich zeigen. Klar ist, dass der Einsatz von Captain Thiago Silva für den PSG lebenswichtig ist. Deshalb schonte ihn Trainer Carlo Ancelotti am Wochenende in der Meisterschaft gegen Rennes wegen einer leichten Knieverletzung. In Paris wollen sie nicht den gleichen Fehler machen, wie Milans Trainer Massimiliano Allegri vor einem Jahr. Er forcierte Thiago Silva vor der Endphase zu stark und musste in den Champions-League-Viertelfinals gegen Barcelona und in den letzten zehn Meisterschaftsrunden prompt auf den verletzten Abwehrchef verzichten.

Im Dezember 2008 war es noch Ancelotti gewesen, der Thiago Silva von Fluminense zu Milan holte. Eingefädelt hatte den Transfer der damalige Milan-Sportchef Leonardo, der heute Sportdirektor in Paris ist. Für Ancelotti und Leonardo gab es letzten Sommer keinen Zweifel: Sie wollten Thiago Silva unbedingt und langten dafür tief in die Tasche. Rund 45 Millionen Euro zahlte der PSG an Milan. Doch es war nicht diese hohe Ablösesumme, die den Transfer so speziell machte. Der PSG war derart auf Thiago Silva fokussiert, dass er in Kauf nahm, Stürmerstar Zlatan Ibrahimovic dazukaufen zu müssen, obwohl dieser nicht auf dem Wunschzettel gestanden hatte. Milan war nur dann bereit, Thiago Silva abzugeben, wenn der PSG auch Grossverdiener Ibrahimovic übernimmt. Während die ganze Welt vom schillernden Topskorer Ibrahimovic spricht, war in Tat und Wahrheit Thiago Silva das Filet-Stück am Deal zwischen Milan und Paris St-Germain, während «Ibracadabra» nur als Beigemüse mitgeliefert wurde.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR