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Ein Teil des Herzens bleibt in Indien

Ingenbohl Vor 50 Jahren ist Schwester Clarentia Birchler in die Mission nach Indien gegangen. Seit wenigen Monaten lebt die Reichenbur-?gerin zwar wieder in ihrem Mutterhaus in Ingenbohl; Indien wird aber immer Teil ihres Lebens bleiben.

Südostschweiz
31.03.14 - 02:00 Uhr

Bianca Anderegg

Damals, Anfang der 1960er-Jahre, wollten viele Schwestern in die Mission. Den meisten blieb dieser Wunsch allerdings verwehrt. Nicht so Schwester Clarentia Birchler. Die Angehörige der Ordensgemeinschaft der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz erhielt eines der raren Visa für Indien, und im Januar 1964 machte sie sich auf die lange Reise in einen anderen Teil der Erde.

Dort unterrichtete sie während der ersten sechs Jahre in einer abgelegenen Dorfschule hauptsächlich Englisch. Als dann das Missionsgebiet ­Indien zur Provinz erhoben wurde, ging Schwester Clarentia ins Missionszentrum Hazaribagh, wo sie bis zum vergangenen Juli blieb. Sie wurde Sekretärin der Provinzoberin und war ausserdem zwölf Jahre lang Leiterin der Junioratsschwestern – junger indischer Schwestern, die vor ihrer ewigen Profess standen. «Das war eine schöne Aufgabe», blickt sie heute auf diese Zeit zurück.

«Bedürfnisse gibt es viele»

Überhaupt spricht Schwester Clarentia, die in Reichenburg als Elisabeth Birchler aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, sehr positiv über ihr halbes Jahrhundert in Indien. Die Schwestern waren zwar umgeben von Armut, ihnen selbst ging es aber stets gut. Und dieses Privileg wollten sie auch den Einheimischen weitergeben. «Denn Bedürfnisse gibt es viele in Indien», weiss Schwester Clarentia. Besonders auf die Bildung der Mädchen legten die Ordensfrauen einen grossen Akzent. Hier habe sich in den letzten Jahrzehnten viel getan, erklärt die Märchlerin. Weitere Einsatzgebiete der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz waren und sind etwa der Kranken- oder der Sozialsektor.

Für ihr Engagement in Indien durfte Schwester Clarentia Birchler vor zehn Jahren den Jurt-Preis entgegennehmen. Dieser wird jedes Jahr als Anerkennung für die Missionsarbeit katholischer Institutionen vergeben.

Gottes Ruf gespürt

Doch was hat die Märchlerin seinerzeit dazu bewogen, in ein Land, das sich so sehr von ihrer Heimat unterscheidet, zu gehen? «Ich spürte – wie bereits bei der Entscheidung, ins Kloster zu gehen – den Ruf des Herrgotts», so ihre simple Antwort. Die Umstellung auf die neue Lebenssituation fiel ihr dementsprechend leicht. «Ich war noch nie ein Heimwehmensch», sagt sie. Schwerer sei der Schritt für ihre Familie zu Hause in Reichenburg gewesen. «Erst als mich meine Eltern nach ein paar Jahren das erste Mal besuchten, wurde es einfacher für sie.»

Auch Schwester Clarentia, die nächsten Monat ihren 80. Geburtstag feiert, kehrte einige Male in die Schweiz zurück. Alle paar Jahre ging sie auf Heimatbesuch – so auch im vergangenen Juli. Doch dann kam alles ­anders als geplant. Plötzliche gesundheitliche Probleme hinderten sie ­daran, wieder nach Indien zurückzukehren. So lebt die Reichenburgerin nun wieder im Kloster Ingenbohl. Ein Teil ihres Herzens allerdings sei, so sagt sie, noch immer in Indien – und werde es auch bleiben.

Werk ist in guten Händen

Schwester Clarentia war die letzte Schweizer Angehörige der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz, die in Indien lebte. Mit ihrem Schicksal, nun wohl nie wieder in dieses Land zurückzukehren, hadert sie nicht. Schliesslich weiss sie das Werk von ihr und ­ihren Mitschwestern in guten Händen.

Das Ziel, dass einmal alles, was die Schwestern in all den Jahren aufgebaut haben, von Inderinnen geführt wird, sei mittlerweile erreicht. So hat sich die Märchlerin mittlerweile gut in ihrer neuen alten Heimat eingelebt. Den Kontakt zu Indien wird sie allerdings weiterhin aufrechterhalten.

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