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Die Wahl-«Startnummern» sollen neu verteilt werden

Die Bündner Regierung will die Karten im Hinblick auf die Wahlen 2011 neu mischen. Sie schlägt eine Änderung bei der Verteilung der Listennummern vor. Bei der SVP sieht man die Idee als direkten Angriff.

Südostschweiz
20.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Olivier Berger

Chur. – Jon Peider Lemm bemüht sich gar nicht erst um diplomatische Töne. «Das ist ein direkter Angriff auf uns», sagt der Präsident der SVP Graubünden. «Und das nicht zum ersten Mal.» Was Lemm in Rage bringt, kursiert seit gut einer Woche bei den Bündner Parteien: eine Vernehmlassungseinladung der Kantonsregierung. Diese schlägt im Hinblick auf die Nationalratswahlen im Oktober kommenden Jahres eine Änderung der heutigen Praxis bei der Vergabe der sogenannten Ordnungsnummern vor.

Das Resultat soll nicht mehr zählen

Konkret will die Regierung die kantonale Verordnung über die Verteilung der Listennummern bei Wahlen ändern, wie Walter Frizzoni, stellvertretender Direktor der Standeskanzlei Graubünden, bestätigt. Bisher waren für die Listennummern jeweils die Resultate der letzten Wahlen herangezogen worden: Je besser eine Partei abschnitt, umso weiter vorne wurde sie eingereiht. Neu, so Frizzoni, sollen die Listennummern in der Reihenfolge der Einreichung der Listen verteilt werden. «Das ist eine Praxis, die auch andere Kantone kennen.»Der geplante Systemwechsel, ist SVP-Präsident Lemm überzeugt, richte sich ganz offensichtlich gegen seine Partei. Tatsächlich stünde der SVP die Listennummer 1 zu: Bei den Wahlen im Jahr 2007 schnitt die – damals noch geeinte – Partei klar am besten ab. Lemm glaubt nicht, dass die BDP Ansprüche auf den ersten Platz erheben könnte. «In der Vergangenheit hat der Kanton wiederholt entschieden, dass allein die Bezeichnung einer Partei für die Listennummer auschlaggebend war und nicht die Namen der Mitglieder.» Lemm verweist auf die Tatsache, dass Zweitlisten etablierter Parteien als neue Listen bewertet worden seien, wenn sie den Namen geändert hätten.

Nicht nur wegen BDP und SVP

Bei der Standeskanzlei begründet man den geplanten Systemwechsel selbstredend nicht mit der Spaltung von SVP und BDP – nicht nur. «Aber natürlich ist die ganze Angelegenheit dadurch nicht einfacher geworden», bestätigt Vizedirektor Frizzoni. Auch im Vernehmlassungsentwurf an die Parteien wird auf diese Tatsache hingewiesen, allerdings ohne die betroffenen Parteien beim Namen zu nennen. In dem Schreiben ist einzig die Rede von der «noch komplexeren Ausgangslage für 2011», welche «wiederum Differenzen zu diesem Punkt befürchten» lasse.Tatsächlich war schon vor den Wahlen 2007 eine Einigungskonferenz für die Verteilung der Listennummern notwendig geworden. «Das heutige Verfahren», sagt Frizzoni, «stammt noch aus einer Zeit, da nur die etablierten Partei mit je einer Liste angetreten sind.» Seit die Parteien teilweise mehrere Listen anmelden und sich auch weitere Gruppierungen an den Wahlen beteiligen würden, sei die Vergabe der Listennummern unübersichtlich geworden. Zudem, erklärt Frizzoni, wollten die Parteien jeweils möglichst früh wissen, welche Listennummer sie auf ihre Werbemittel drucken könnten.Der Standeskanzlei ist es gemäss Frizzoni «ein Anliegen, diese Frage frühzeitig mit allen Beteiligten zu klären». Um einen eigentlichen Ansturm auf die besten Listennummern ohne vorgängige ausgiebige Kandidatensuche innerhalb der Parteien zu verhindern, schlägt die Standeskanzlei den Parteien übrigens vor, einen Ersteinreichungstag für Wahlvorschläge festzulegen: auf Mitte Mai.Die Parteien haben noch bis Ende Oktober Zeit, sich zu den Vorschlägen aus dem Grauen Haus zu äussern. «Sie können diese auch ablehnen, dann bleibt alles wie es ist», sagt Frizzoni. Schon jetzt ist laut Präsident Lemm klar, dass die SVP von dieser Möglichkeit Gebrauch macht: «Wir lehnen diese Revision klar ab.»

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