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Das Volk will Mundart und Hochdeutsch im Kindergarten

Im Ring ist die SVP mit ihrem Anliegen abgeblitzt. Sie wollte den Gebrauch von Mundart im Kindergarten im Gesetz festschreiben. Doch das Volk will an der heutigen Praxis nichts ändern. Diese gibt ein Drittel Hochdeutsch im Unterricht vor.

Südostschweiz
06.05.13 - 02:00 Uhr

Von Claudia Kock Marti

Glarus. – Insgesamt acht Rednerinnen und Redner stiegen beim letzten Traktandum aufs Podest. Landrat Kaspar Krieg (Niederurnen) beantragte für die SVP, den Gebrauch der Mundart im Gesetz festzuschreiben.

Die Kompetenz, Mundart zu sprechen, sei bereits im Kindergarten zu festigen. Dies diene auch der Integration fremdsprachiger Kinder. Das Hochdeutsch könne dann mit dem Lesen- und Schreibenlernen angegangen werden. Die Mundart – «unser Kulturgut» – solle bereits früh bei den Kindern gepflegt werden.

Mix und Praxis hätten sich bewährt

Landrat Hanspeter Spälti (Netstal) votierte für die SP als erster von sechs Rednern gegen den Memorialsantrag. Die darin formulierten Anliegen seien im Lehrplan bereits erfüllt, fand er. Kinder seien schrittweise auch an die Standardsprache heranzuführen.

Die Vorgabe, ein Drittel Hochdeutsch zu sprechen, gelte zudem nur für die Kindergärtnerin, nicht für die Kindergärtler. Er frage sich, was «Mundart im Kindergarten» bedeute, etwa wenn eine Kindergärtnerin aus dem Wallis eingestellt werde. Vor allem aber gebe es wichtigere Schulfragen zu lösen.

Im Namen der Grünen schloss sich ihm Landrätin Regula Keller (Ennenda) in breitestem Churer Dialekt an. «Auch Hochdeutsch ist ein Teil der Schweizer Identität», so Keller. Auch die Landsgemeinderede werde in Hochdeutsch vorgetragen. Im Kindergarten könnten die Kinder Mundart und Hochdeutsch spielerisch ausprobieren. Der Mundartgebrauch gehöre zudem in den Lehrplan und sei nicht im Gesetz zu regeln. Ansonsten beschliesse eine nächste Landsgemeinde wohl noch über die Auswahl der Mathematikbücher.

«Keine überflüssigen Gesetze»

Olga Shostak (Glarus), Vertreterin der Jungfreisinnigen, votierte ebenfalls für Ablehnung. Der Mundartgebrauch ist auch nach ihr gut geregelt. «Wir wollen keine überflüssigen Gesetze», so Shostak. Sie hinterfrage aber auch das von Krieg genannte Integrationsargument der SVP. Sie selbst sei ein Ausländerkind und habe neben Hochdeutsch den hiesigen Dialekt gelernt – was weitherum gut zu hören war.

Corina Briker (Linthal) unterstützte sodann den SVP-Antrag, wobei sie ihre Rolle als angehende Kindergärtnerin betonte. Jedes Kind solle Mundart spielerisch erlernen können, so Briker. Es bestehe Gefahr, die Kinder zu überfordern. Die Gesetzesregelung sei nötig. Die Regierung könne sonst mit Weisungen rasch alles wieder ändern.

«Dankbares Thema»

Gemeinderat Roger Schneider (Mollis) widersprach im Namen der Schulkommission Glarus Nord. Es brauche den guten Mix von Mundart und Standardsprache.

«Das Thema scheint ein dankbares zu sein», erklärte sodann Fridolin Luchsinger, Präsident der zuständigen landrätlichen Kommission (BDP, Schwanden). Den Kindern sei wohl egal, was die Landsgemeinde beschliesse. «Sie werden auch weiterhin Mundart sprechen und manchmal auf Standarddeutsch antworten», sagte er. Er staune jeweils über die Tibeterkinder, wenn sie im Weihnachtsspiel in Luchsingen in schönstem Glarnerdeutsch mitspielten.

Das Schlussvotum gehörte dann der Bildungsministerin Christine Bickel. «Wir haben bereits eine gute Lösung», fasste sie die vorher geführte Diskussion zusammen.

Die überwiegende Mehrheit des noch gut gefüllten Rings teilte ihre Meinung. Nach einer halben Stunde, oder vielmehr zielgenau am Ende der Live-Übertragung des Schweizer Fernsehens um 13 Uhr, entschied das Glarner Volk, im Kindergarten mit der bewährten Regelung von Mundart und Hochdeutsch weiterzufahren.

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