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Chur ist fast eine Grossstadt – wenns um die Mieten geht

Der Mieterverband will mehr günstigen Wohnraum in Chur. Möglich machen solls vor allem der gemeinnützige Wohnungsbau. Tatsächlich kostet Wohnen in Chur viel: fast so viel wie in Schweizer Grossstädten.

Südostschweiz
01.11.14 - 01:00 Uhr

Von Olivier Berger

Chur/Zürich. – Das Immo-Monitoring der Zürcher Firma Wüest & Partner bringt es an den Tag: Für Wohnungssuchende ist Chur ein teures Pflaster. 620 Franken etwa kostet eine normale 1-Zimmer-Wohnung in Bündens Kapitale im Mittel. Das sind beispielsweise 120 Franken mehr als in Brig im Wallis. Auch in Thun im Berner Oberland wohnt es sich leicht günstiger als in Chur. Und sogar in Bern wohnt man nur unwesentlich teurer.

Je teurer, desto günstiger

Aufallend ist über alle Wohnungskategorien: Vor allem die günstigen und mittelteuren Wohnungen kosten in Chur im nationalen Vergleich viel. Günstig ists in Chur nur, wenn man sich für die teuerste Kategorie entscheidet; just die könnten sich Studenten und Familien aber nicht leisten, sagt der Mieterverband. Tatsächlich müssen auch Familien tiefer in die Tasche greifen als in anderen Schweizer Städten. Eine durchschnittliche 4-Zimmer-Wohnung kostet in Chur 1530 Franken Miete. In Brig ist sie schon für 1310 Franken zu haben, in Thun für 1490 Franken.

Für die Initiantinnen und Initianten ist das nicht nur unsozial, sondern auch schlecht für die Wirtschaft. «Wenn weniger Geld für die Mieten aufgewendet werden muss, bleibt Ende Monat mehr für den Konsum», sagt Lukas Horrer, Präsident des Mieterverbands Graubünden. Horrer rechnet vor: «Die Lohnerhöhungen der letzten Jahre sind praktisch samt und sonders von steigenden obligatorischen Ausgaben wie Krankenkassen-Prämien und Mieten aufgefressen worden.» Würden die Mieten sinken, würden laut Horrer auch lokale KMU profitieren, «denn mit einem Teil des eingesparten Geldes würden ihre Produkte gekauft».

Darauf, dass die Preise von selbst sinken, mögen sich die Initiantinnen und Initianten nicht verlassen. Tatsächlich ist der Leerbestand an Wohnungen in Chur seit Jahren notorisch tief; die kürzlich veröffentlichte Bevölkerungsperspektive des Kantons Graubünden geht davon aus, dass Chur weiterhin eine gewisse Sogwirkung haben wird und die Mieten deshalb nicht unter Druck geraten. Auch Wüest & Partner gehen von einer beträchtlichen Dynamik bei der demografischen Entwicklung und den Arbeitsplätzen aus.

«Am liebsten möchten wir dem Problem auf Verfassungsebene begegnen», sagt Mieterverbands-Präsident Horrer. Konkret fordert die Initiative, dass sich Chur in der Stadtverfassung verpflichtet, das gemeinnützige Bauen zu fördern. Laut den Übergangsbestimmungen sollen innert 20 Jahren zwölf Prozent des städtischen Wohnungsbestands genossenschaftlich oder auf andere Weise gemeinnützig bewirtschaftet werden. «Das ist ein realistisches Ziel», sagt Horrer. «Der Wert liegt unter jenem der Boomjahre des genossenschaftlichen Wohnungsbaus.»

Günstiger, da ohne Profit

Wohnbau-Genossenschaften sind für Horrer nach wie vor ein guter Weg, um die Mieten tief zu halten. «Genossenschaftlich erstellte Wohnungen sind rund 15 bis 20 Prozent günstiger als privat bewirtschaftete», erklärt er. «Das liegt daran, dass es hier nicht darum geht, Gewinne zu machen.» Städtisch gefördert werden könnten die Genossenschaften unter anderem durch planerische Massnahmen und die Abgabe von Land im Baurecht.

Letztere Möglichkeit hätte Chur im neuen Quartier im Westen. Gut 1000 Wohnungen werden hier in den nächsten Jahren entstehen. «Ein Drittel des Landes in Chur West gehört der Stadt», erklärt Horrer. «Das wären allein über 300 Wohnungen, die man zu bezahlbaren Preisen vermieten könnte.»

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