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Bioidentische Hormone – so gut wie das Original?

Ein optimaler Hormonhaushalt ist schon fast Garant für gute Gesundheit. Umgekehrt kann eine Dysbalance zu zahlreichen Beschwerden führen. Die Zuführung von bioidentischen Hormonen kann die Befindlichkeit wieder ins Lot bringen.

Südostschweiz
27.08.14 - 02:00 Uhr

Von Monica Widmer

Seit einigen Monaten plagen die fünfzigjährige Esther Müller* regelmässig Hitzewallungen und die Schlafqualität ist auch nicht mehr die gleiche. Die Diagnose ist rasch gestellt, die Wechseljahre haben bei ihr Einzug gehalten. Ebenso schnell ist für sie klar, dass sie mit diesen Beschwerden in den kommenden Jahren nicht leben will. Doch auf eine klassische Hormonersatztherapie mit synthetischen Hormonen und den damit verbundenen Risiken wie Brustkrebs, Schlaganfall oder Thrombosen will sie sich nicht einlassen. Auf der Suche nach Alternativen stösst Esther Müller auf die Therapie mit bioidentischen (gleich körpereigenen) Hormonen. Doch was muss sie darunter verstehen? Bioidentisch tönt sehr natürlich und gesund, doch diese Hormone wachsen auch nicht einfach auf den Bäumen. Sie werden zwar aus Pflanzenstoffen hergestellt und dann von spezialisierten Apotheken zu bioidentischen Hormonen verarbeitet. Im Unterschied zu den von der Schulmedizin vertretenen Hormonen entsprechen die bioidentischen jedoch in ihrer Struktur zu 100 Prozent den körpereigenen Hormonen.

Zahlreiche Beschwerden

Eine Expertin für natürliche Hormonmethoden ist Christine Thanner. Seit über 35 Jahren beschäftigt sich die gebürtige Deutsche damit und ist überzeugt, dass Hormone alle Zellen, Organe und Funktionen steuern. Für sie sind sie die heimlichen Herrscher über die Gesundheit. Oder anders ausgedrückt, Symptome wie Müdigkeit, Schlafprobleme, Gelenk- oder Wechseljahrbeschwerden, Haut- und Haarprobleme, Libidomangel, Herzkreislauf- oder Prostataprobleme und vieles mehr sind für Thanner Ausdruck eines Hormonmangels oder einer Hormondysbalance. Sie ist überzeugt, dass wenn nur ein Hormon nicht seinen optimalen Wert hat, das Stress für den Körper bedeutet, was wiederum Beschwerden und Krankheiten zur Folge hat.

Ausgerichtet auf die Symptome und Beschwerden ihrer Klienten, bestellt Thanner bei einem spezialisierten Labor einen Speichelhormontest. Dieser Test kann zu Hause erfolgen. Die Proben werden zur Auswertung direkt zurückgeschickt. Aufgrund der Messwerte erstellt sie eine individuelle Zusammenstellung von ganzheitlichen Empfehlungen und falls nötig von naturidentischen Hormoncremes. Sie lässt diese, in auf bioidentische Hormone spezialisierten, Apotheken herstellen. «Die Anwendung von Cremes hat einen grossen Vorteil», so die Spezialistin, «die Dosierung ist geringer im Vergleich zu oral eingenommenen Präparaten». Werde ein Hormon über den Mund eingenommen, seien die Leber und der Magen-Darm-Trakt oftmals nicht in der Lage, die Wirkstoffe optimal zu verarbeiten. So würden oral nur etwa 25 Prozent des Hormons verwertet, «während es bei einer Hautcreme über 90 Prozent sind und die Leber dabei geschont wird.» Für eine individuell angepasste Dosierung spielen aber nicht nur die Messwerte eine Rolle, sondern auch das Alter und der Lebensstil. Zur ganzheitlichen Unterstützung empfiehlt Thanner unter anderem Hormon-Gymnastik und hormonwirksame Nahrungsmittel. Altersmässig betreut sie alle von Jugendlichen mit ADHS bis Betagten mit Gelenkproblemen. Erfolge zeigen sich ab etwa einer Woche, aber zum Teil auch erst nach ein paar Monaten. Um den erworbenen Hormonstatus zu halten, folgt bei Thanner eine ganzheitliche Beratung.

Bezahlen müssen ihre Klienten die Behandlung in den meisten Fällen selber, da die Therapieform nicht krankenkassenanerkannt ist. Ein Speicheltest, inklusive ausführlicher Beratung, kostet ab 500 Franken.

Keine Patentrechte

Bereits seit mehr als 50 Jahren sind naturidentische Hormone erhältlich, doch alles, was in der Natur vorkommt, kann und darf nicht patentiert werden. Die synthetisch hergestellten Hormone sind bekannt für mögliche starke Nebenwirkungen. Werden bioidentische Hormone von einer ausgewiesenen Fachkraft individuell zusammengestellt und auch in regelmässigen Abständen kontrolliert sowie die weiteren Empfehlungen eingehalten, gibt es keine Nebenwirkungen.

Regelmässige Untersuchungen

Je nach Thema oder Fall macht es Sinn parallel noch einen Arzt beizuziehen. Gerade was die Behandlung von Wechseljahrbeschwerden betrifft, bei der oftmals östrogenhaltige Präparate verabreicht werden, ist eine regelmässige Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter beim Gynäkologen sehr wichtig.

Für welche Behandlungsform hat sich Esther Müller entschieden? «Eine Therapieform mit bioidentischen Hormonen ist für mich durchaus prüfenswert, gleichzeitig werde ich mich aber auch noch von meiner Gynäkologin ausführlich beraten lassen.»

* Name der Redaktion bekannt

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