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Auch Weltenbummler müssen Steuern zahlen

Sich in der Schweiz abmelden, um die Welt tingeln und keine Steuern bezahlen. So leicht geht das nicht, wie der Fall eines Weltenbummlers aus dem Kanton Thurgau zeigt.

Südostschweiz
28.12.10 - 01:00 Uhr

Von Urs-Peter Inderbitzin

Lausanne. – Ein Thurgauer Rentner meldete sich im Mai 2005 beim Einwohneramt in Kreuzlingen ab, ohne sich in der Folge an einem neuen Wohnort im In- oder Ausland anzumelden. Gemäss seiner Darstellung hielt er sich seither kein einziges Mal mehr in der Schweiz auf, sondern war permanent im Ausland auf Reisen beziehungsweise auf hoher See. Als geschiedener und alleinstehender Mann, so der heute 68-jährige Rentner, brauche er als Weltenbummler keinen festen Wohnsitz mehr. Er habe in seinem arbeitsreichen Unternehmerleben viele Freunde «in Europa und in allen anderen Kontinenten» gewonnen, welche er nun auf Einladung besuche.

Unbeschränkt steuerpflichtig

Mit diesen Angaben konnte der Weltenbummler, der in Kreuzlingen Eigentümer einer renovationsbedürftigen Liegenschaft ist, die Behörden nicht überzeugen. Das Einwohneramt akzeptierte seine Abmeldung nicht und verlangte eine Anmeldebestätigung des neuen Wohnsitzes sowie eine Aufenthaltsadresse im Ausland. Da der Mann dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde er weiterhin im Steuerregister geführt. Ende August 2007 stellte die Steuerbehörde verbindlich fest, er sei auch nach seiner Abmeldung weiterhin in Kreuzlingen unbeschränkt steuerpflichtig.Sowohl die Steuerrekurskommission als auch das Thurgauer Verwaltungsgericht schützten dieses Vorgehen der Kreuzlinger Steuerbehörden. Nicht anders hat jetzt auch das oberste Gericht der Schweiz entschieden. Die Bundesrichter in Lausanne gehen mit dem Thurgauer Fiskus einig, dass der Weltenbummler den Nachweis nicht erbracht hat, dass er seinen Wohnsitz in Kreuzlingen tatsächlich aufgegeben hat. Dass seine Liegenschaft in Kreuzlingen offenbar nicht mehr bewohnbar ist und der Geschäftsmann seine Firma «stillgelegt» hat, ist für das Bundesgericht nicht wesentlich: Einerseits wohne sein Sohn in der Schweiz, der sich um das Postfach seines Vaters kümmere. Andererseits vermöge der blosse Hinweis des Thurgauers, er befinde sich auf hoher See und besuche Freunde auf allen Kontinenten der Welt, «nicht einmal ansatzweise aufzuzeigen, dass sich der Mittelpunkt seiner persönlichen Lebensinteressen von der Schweiz ins Ausland verlagert hat», meint das Bundesgericht.Aus den Akten ergab sich weiter, dass der Mann keine Passeinträge, Kauf- oder Bankquittungen, Kreditkartenbelege oder andere Dokumente beigebracht hatte, die auf einen Aufenthalt im Ausland hindeuteten. «Seine angebliche Präsenz im Ausland beruht somit im Wesentlichen auf blossen Behauptungen.»

Steuern und Gerichtskosten zahlen

Daher ist es laut Bundesgericht nicht zu beanstanden, wenn die Thurgauer Justiz vom Weiterbestehen des schweizerischen Steuerdomizils ausgegangen ist, «auch wenn die Beziehung zur Schweiz eine geringere Intensität aufweisen mag, als dies für die Annahme eines Wohnsitzes normalerweise der Fall ist». Der Weltenbummler muss nun nicht nur Steuern bezahlen, sondern auch die Gerichtskosten von 2000 Franken übernehmen.

Urteil 2C_355/2010 vom 7. Dezember

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