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Abfallsünder in der Region gefährden nach wie vor Tiere

Eine Kuh stirbt, zwei überleben knapp: Schuld daran sei Abfall in der Wiese, der ins Futter gelangt sei, vermutet der Kaltbrunner Bauer Michael Jud.

Südostschweiz
09.10.14 - 02:00 Uhr

Von Sibylle Speiser

Kaltbrunn. – Die sechsjährige Kuh namens Heidi stirbt qualvoll. Vermutlich seien es Fremdkörper im Silofutter gewesen, etwa Teile einer zerkleinerten Red-Bull-Büchse, die seiner Kuh den Tod gebracht haben, sagt Michael Jud, Landwirt in Kaltbrunn (SG). Da habe auch die starke Antibiotika-Kur, die ihr der Tierarzt verabreichte, nicht mehr geholfen. «Knapp vor ihrem Tod hatte sie noch ihr Kälblein zur Welt gebracht», blickt Jud traurig zurück.

Nun hat es zwei weitere seiner Kühe erwischt. Innerhalb von vier Monaten erkrankten die zwei vier- und viereinhalb Jahre alten Tiere schwer. Diesmal half die Antibiotika-Kur. «Sie sind über den Berg», sagt Jud.

«Bevölkerung wachrütteln»

Das Fleisch der verstorbenen Kuh konnte Jud im Übrigen nicht mehr verwerten. Wegen des ihr eingeflössten Antibiotikas musste die tote Kuh in die Verbrennungsanlage statt in die Metzgerei. Und auch die Milch der zwei mit Antibiotika behandelten Milchkühe, Tatjana und Francine, durfte zehn Tage lang nicht mehr verwertet werden.

Aber darum geht es Jud nicht. Ihm ist es vor allem wichtig, dass die Bevölkerung wachgerüttelt wird. «Es ist unvorstellbar, dass Passanten achtlos Alubüchsen, Glas, Plastik und so weiter in die Wiesen werfen, womit Tiere elend daran zugrunde gehen können», sagt er. Und auf seinen Wiesen passiert das, obwohl er am Rand Infotafeln aufgestellt hat. Diese zeigen eine Kuh und die Botschaft «Abfall macht mich krank». Die Tafeln können Bauern bei Bedarf beim St. Galler Bauernverband kaufen.

Alle seine Wiesen grenzen nicht an Strassen, sondern an Feldwege. Deshalb geht er davon aus, dass es sich bei den Übeltätern um Leute handelt, die zu Fuss unterwegs sind.

«Vielleicht sind es Jugendliche, die sich im Laden ein Red Bull oder Ähnliches kaufen und die leeren Büchsen dann bei einem Abstecher ins Grüne einfach fortwerfen, weil ihnen die Eltern nichts Besseres beigebracht haben.»

«Abfall hat massiv zugenommen»

Dass solche Vorkommnisse auf das Konto von Eltern gehen, die ihre Kinder in Sachen Abfallentsorgung nicht richtig erziehen oder ihnen kein Vorbild sind, davon ist auch Robert Fischli aus Benken, Präsident des Bauernverbandes See-Gaster, überzeugt. Der Abfall auf Wiesen und Weiden «hat massiv zugenommen», erklärt er. «Vor allem im Umkreis von etwa fünf Kilometern rund um Schnellimbiss-Restaurants und Autobahnraststätten.»

Vorkehrungen, um Abfall im Futter zu verhindern, könne er keine treffen, sagt der Kaltbrunner Landwirt Jud. Denn teilweise müsse er zehn Hektaren Wiesland am gleichen Tag heuen. «Da kann ich vorher nicht alles absuchen.» Lediglich die Wegränder könne er begutachten. Ist der Abfall dann einmal im Siloballen, ist es schon so gut wie zu spät. Denn im Stall wird das ganze Futter im Mischwagen in vier Zentimeter kleine Stücke zerschnitten.

Die Splitter einer Red-Bull-Büchse zum Beispiel sind darunter kaum mehr zu erkennen. Um die Jugend selbst abzuholen und auf richtige Abfallentsorgung zu sensibilisieren, hat der St. Galler Bauernverband am diesjährigen «Clean-up-Day» mit Schulklassen Wiesen aufgeräumt.

Verschiedene weitere Aktionen wurden auf Initiative des Schweizer Bauernverbandes auch in anderen Kantonen durchgeführt.

Und im Linthgebiet wurde seinerzeit auf Initiative der «Südostschweiz» ebenfalls Abfall auf Wiesen eingesammelt. Nachdem bekannt geworden war, dass im Solothurnischen sechs Kühe wegen gefressenem Abfall notgeschlachtet werden mussten. Abfallsünder in der Region haben daraus offenbar nichts gelernt.

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