«Schönheit ist ein Lebens-Mittel»
Am Dienstagabend hat die Stiftung Bündner Kunsthandwerk in der Churer Klibühni zwei Förderpreise verliehen. Modistin Verena Philipp und Korber Bernard Verdet sind für ihr Schaffen ausgezeichnet worden.
Am Dienstagabend hat die Stiftung Bündner Kunsthandwerk in der Churer Klibühni zwei Förderpreise verliehen. Modistin Verena Philipp und Korber Bernard Verdet sind für ihr Schaffen ausgezeichnet worden.
Von Susanne Taverna
«Wie schön ...» Für Stiftungspräsident Köbi Gantenbein steht der Abend der Preisverleihung ganz im Zeichen der Schönheit. «Ausgezeichnet werden von uns Künstler, die sich ums Schöne kümmern. Schönheit ist ein Lebens-Mittel», stellt Gantenbein klar. Und dieses Schöne geschaffen haben in diesem Jahr Verena Philipp und Bernard Verdet.Die Modistin Philipp, aufgewachsen auf einem Bauernhof in Untervaz und zuerst als medizinische Praxisassistein ausgebildet, hat in Chur ein eigenes Atelier und bringt zwei Hut-Kollektionen im Jahr heraus. Für Claire Hauser-Pult, die die Laudatio für die Modistin hielt, ist der Hut ein besonderes Kleidungsstück, das ja auch an einer strategisch interessanten Stelle getragen wird. Sie hat sich zudem mit der Hutmacherei in Untervaz, Philipps Heimatort, befasst und recherchiert, dass bereits 1838 hier eine Jungfer Hug Hüte produziert hat. Als Strohflechterin hat sie gemeinsam mit vielen arbeitenden Kindern hier jahrzehntelang Hüte hergestellt. Verena Philipp hat da andere Ansprüche. Ihre Hüte sind alle hochwertig, sie stellt auch gerne Unikate auf Bestellung her. «Der Preis zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin, und dort will ich weitermachen», sagt eine strahlende Kunsthandwerkerin nach der Preisübergabe.
«Das Schöne muss sterben»
Architekt Gion Caminada trägt seit Wochen einen Spruch mit sich rum: «Der Fuchs weiss viele Dinge, aber der Igel weiss eine grosse Sache.» Obwohl er den Förderpreisträger Bernard Verdet nicht in dieses Schema einordnen kann, ist ihm beim ersten Besuch des Ateliers von Verdet direkt wieder dieser Spruch eingefallen. Auch weil das Atelier von Verdet einer heimeligen Höhle ähnelt. Caminada ist klar, dass dieser Mensch hartnäckig ist, geduldig und von der Schönheit erfüllt. Der Pariser Verdet hat sich seit vielen Jahrzehnten der Korbmacherei verpflichtet und nun einen aussergewöhnlichen Korb entworfen: einen Sarg. Er hat mit seinen Händen die Weiden, elastisch oder widerspenstig, zu einem grossen Ganzen geflochten.Caminada zeigt sich fasziniert über die Nuancierung der Wiederholung, die bei Verdets Arbeit das Künstlerische ausmacht. Hier ist nicht die Erfindung von ständig Neuem das Ziel, sondern die kleinen Veränderungen des Bestehenden machen die Kunst aus. Und dass sich Verdet mit dem Thema Tod und sterben befasst hat, gefällt dem Erbauer der Stiva da morts in Vrin ausserordentlich. «Ist es lebensklug über den Tod nachzudenken? Ja», so Caminada. Und da der Sarg von Bernard Verdet zudem auch noch schön ist, «fast schon erhaben», lässt Caminada an Schiller denken: «Auch das Schöne muss sterben», sagt der Architekt und überreicht den Preis.Für Verdet ist diese Auszeichnung seines Schaffens eine Ehre und eine Anerkennung für den gesamten Berufsstand der Korbflechter. Das Image sei nicht sehr gut, aber mit diesem Preis, nach 45 Jahren im Beruf, sei ein Zeichen gesetzt worden, sagt Verdet mit vor Rührung zitternder Stimme.
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