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Viele Mieterinnen und Mieter scheuen sich, bei Knatsch mit der Vermieterschaft zur Mietschlichtungsbehörde zu gehen. Doch das Unbehagen ist oft unbegründet. 

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27.12.22 - 13:25 Uhr
Ein Schlichtungsversuch soll die Parteien von einem aufwändigen und teuren Prozess bewahren.
Ein Schlichtungsversuch soll die Parteien von einem aufwändigen und teuren Prozess bewahren.
Bild: 123rf

von Fabian Gloor, Jurist und Leiter der Hotline des Mieterinnen- und Mieterverbands Deutschschweiz (MVD)

Angespannt sitzt der Mieter Max Leu im Verhandlungssaal der Mietschlichtungsstelle. «Ich begrüsse Sie zur heutigen Schlichtungsverhandlung», eröffnet die Vorsitzende der Schlichtungsbehörde die Verhandlung.

Paritätische Schlichtungsbehörde

Die Schlichtungsbehörde paritätisch zusammengesetzt ist. An jeder Verhandlung wirkt je eine Fachrichterin oder ein Fachrichter aus dem Kreis des Mieterinnen- und Mieterverbands sowie vonseiten des Hauseigentümerverbands mit. So wird sichergestellt, dass die Mietparteien und die Vermieterschaft gleichermassen vertreten sind und dass die Fälle unter juristischen Gesichtspunkten und unter Einbezug von Fachwissen und Erfahrung im Mietwesen der betroffenen Region beurteilt werden.

Die Fachrichterinnen und Fachrichter dürfen den Parteien bei der Verhandlung Fragen stellen. Oft hören sie aber nur aufmerksam zu. Ihr Einsatz erfolgt erst später hinter verschlossenen Türen, wenn sich die Schlichtungsbehörde zur Beratung zurückzieht. Geleitet wird das Verfahren von einer neutralen vorsitzenden Person.

Obligatorischer Schlichtungsversuch

Wollen Mieterinnen oder Mieter einen Anspruch gegenüber der Vermieterschaft auf dem Rechtsweg geltend machen, müssen zuerst an einem Schlichtungsversuch vor der Schlichtungsbehörde teilnehmen. Dasselbe gilt, wenn die Vermieterschaft rechtlich gegen die Mieterschaft vorgehen will. In diesem niederschwelligen und kostenlosen Verfahren wird versucht, die Streitenden in einem frühen Stadium vor einem aufwändigen und teuren Prozess zu bewahren. So werden die Gerichte entlastet. Diese kommen erst dann zum Zug, wenn keine Aussöhnung zwischen den Parteien möglich ist.

Einleitung und Ablauf Verfahrens

Da Max Leu Schimmel im Schlafzimmer hatte, reichte er bei Schlichtungsbehörde ein schriftliches Schlichtungsgesuch ein, worauf ihn diese zusammen mit seinem Vermieter zu einer Schlichtungsverhandlung eingeladen hat. Nach der Begrüssung fordert die Vorsitzende Leu auf, seine Rechtsbegehren zu bestätigen und ihre Standpunkte darzulegen. Danach kommt auch der Vermieter zu Wort. Im Anschluss stellen die Fachrichterinnen oder Fachrichter Fragen. 

Nachdem der Sachverhalt für alle klar ist, werden Leu und sein Vermieter nach draussen geschickt, damit die Schlichtungsbehörde den Fall besprechen kann. Nachher werden die beiden wieder in den Saal gebeten. Die Vorsitzende präsentiert ihnen einen Lösungsvorschlag: Der Vermieter soll sich verpflichten, den Schimmel fachmännisch beseitigen zu lassen und Leu Mietzinsreduktion im Umfang von 150 Franken zu zahlen. Beide sind mit damit einverstanden. Der Vergleich wird schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterzeichnet. Damit gibt es an der Einigung nichts mehr zu rütteln, und das Verfahren ist beendet.

Alternativen bei Uneinigkeit

Hätte sich die beiden nicht einigen können, so hätte ihm die Schlichtungsbehörde wohl die sogenannte Klagebewilligung erteilt. Diese wird im Regelfall der klagenden Partei ausgestellt. Leu hätte darauf innert dreissig Tagen eine Klage beim Gericht einreichen müssen, wenn er an seiner Forderung hätte festhalten wollen.

In gesetzlich speziell vorgesehenen Fällen kann die Schlichtungsbehörde den Parteien auch einen Urteilsvorschlag unterbreiten. Wird dieser innert zwanzig Tagen von keiner Partei abgelehnt, so wird er rechtskräftig. Bei einem Streitwert bis 2000 Franken kann die klagende Partei beantragen, dass die Schlichtungsbehörde einen Entscheid fällt. Die Schlichtungsbehörde ist jedoch frei, trotz dem Antrag eine Klagebewilligung auszustellen oder den Parteien einen Urteilsvorschlag zu unterbreiten.

Mieterinnen- und Mieterverbands Deutschschweiz (MVD)
www.mieterverband.ch

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