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Das Wohnrecht in der Erbschaft

Bei der Vererbung von Grundstücken sind oftmals Fragen rund um das Wohnrecht ein Thema.

Wohnen
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26.08.22 - 09:00 Uhr
Ein Testament kann die genauen Umstände der Erbschaft begründen.
Ein Testament kann die genauen Umstände der Erbschaft begründen.
Bild: 123rf

von Tobias Brändli, selbstständiger Rechtsanwalt und Vizepräsident des Regionalgerichts Landquart

Beim Wohnrecht geht es darum, dass eine ausgewählte Person dazu berechtigt wird, in einem Gebäude oder in bestimmten Räumlichkeiten wohnen zu dürfen (Art. 776 Abs. 1 ZGB). Beim Wohnrecht wird unterschieden, ob die Person alleinig das Wohnobjekt nutzen darf (sog. ausschliessliches Wohnrecht) oder ob der Eigentümer berechtigt ist, ebenfalls darin zu wohnen (sog. Mitbenützungsrecht). Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, ist es empfehlenswert, genaustens festzulegen, welche Teile einer Liegenschaft vom Wohnrecht umfasst sind.

Begründung eines Wohnrechts

Um in einer Erbschaft ein Wohnrecht zu begründen, kann dieses in einem Testament oder Erbvertrag schriftlich vermerkt werden. Um ein Testament zu erstellen, muss ein urteilsfähiger Erwachsener schriftlich erklären, wie nach seinem Ableben mit seinem Vermögen weiter zu verfahren sei. Er kann dies entweder handschriftlich tun (sog. eigenhändiges Testament, Art. 505 ZGB) oder bei Anwesenheit einer öffentlichen Urkundsperson und zwei Zeugen (sog. öffentliches Testament, Art. 499 ZGB). Ähnlich wie beim öffentlichen Testament wird auch beim Erbvertrag verfahren, nur dass an dessen Errichtung mindestens zwei Personen beteiligt sind (Art. 494 ZGB). Nach Eröffnung des Testamentes oder des Erbvertrages im Todesfalle des Erblassers wird das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen, womit es rechtsgültig wird.
Falls kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, gibt es für den überlebenden Ehepartner einen Ausweg, sich trotzdem ein Wohnrecht zu sichern. Der Ehegatte kann ein Wohnrecht verlangen, sofern er vorher gemeinsam mit dem Verstorbenen dort gewohnt hat (Art. 219 Abs. 1 ZGB). Der überlebende Ehegatte muss diesen Anspruch aber gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen, was mit Risiken verbunden ist.

Pflichtteile sind zu berücksichtigen

Wird eine Erbschaft gegenüber der gesetzlich vorgesehenen Teilung durch einen Erbvertrag oder ein Testament abweichend geregelt, haben bestimmte Personen Anspruch auf einen vom Gesetz vorgeschriebenen Anteil (sog. Pflichtteil, Art. 471 ZGB). Falls vorhanden, sind dies die Kinder und/oder der Ehepartner, ansonsten die Eltern des Verstorbenen. 

Bei der Einräumung eines Wohnrechtes sind die Pflichtteile zu berücksichtigen. Das Wohnrecht hat einen Wert, der dem Begünstigten (ob pflichtteilsgeschützt oder nicht) angerechnet wird. Werden durch die Einräumung des Wohnrechtes Pflichtteile verletzt, können die übrigen Erben mit einer Herabsetzungsklage dagegen vorgehen.

Kostenverteilung unter den Parteien

Wohnbereichs zu bezahlen (Art. 778 Abs. 1 ZGB). Diese Regelung macht das Wohnrecht so interessant für Pensionäre oder Leute mit geringem Einkommen, denn dadurch können sie relativ günstig wohnen. Bei Vorliegen eines Mitbenützungsrechtes gehen die Unterhaltskosten zu Lasten des Eigentümers (Art. 778 Abs. 2 ZGB).

Achtung: Revision im 2023

Am 1. Januar 2023 tritt ein neues Erbrecht in Kraft. So werden unter anderem die Pflichtteile reduziert und die Eltern sind nicht mehr pflichtteilsberechtigt. Dies führt dazu, dass der frei bestimmbare Teil der Erbschaft grösser wird, was die Begründung von Wohnrechten vereinfacht, da kleinere Pflichtteile beachtet werden müssen. 

Diese neuen Bestimmungen sind anwendbar auf Erbschaften, bei denen der Erblasser nach dem 31. Dezember 2022 verstorben sein wird. Vorher erstellte Testamente und Erbverträge bleiben grundsätzlich gültig. Es empfiehlt sich aber vor dem Hintergrund des neu in Kraft tretenden Rechtes eine bereits 
bestehende Regelung allenfalls zu überprüfen.  
 

www.braendli-rechtsanwalt.ch

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