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Gebäude werden zu Kraftwerken

Heute verursachen Gebäude die Hälfte unseres Energieverbrauchs, in Zukunft werden sie sich dank Photovoltaik selbst mit Energie versorgen. Doch wer Solarenergie nutzen will, muss auf Einmalvergütung und hohen Eigenverbrauch setzen: Das Ja zur Energiestrategie 2050 führt zu einem Systemwechsel bei der Förderung.

Wohnen
Südostschweiz
21.08.17 - 16:15 Uhr
Wohnen
Gebäude werden zu Kraftwerken
Grafik VESE, Handbuch Solarstrom-Eigenverbrauch optimieren, 2015

David Stickelberger / Geschäftsleiter Swissolar, Schweizerischer Fachverband für Sonnenenergie

Fast drei Prozent des jährlichen Stromverbrauchs der Schweiz stammen heute aus Solaranlagen. Doch das Potenzial ist noch viel grösser: Auf besonders geeigneten Dächern und Fassaden von Gebäuden könnte rund die Hälfte des heutigen Strombedarfs erzeugt werden. Auf steigendes Interesse stossen dabei Fassadenanlagen, weil diese die flach einstrahlende Wintersonne optimal nutzen.

Eigenverbrauch optimieren
Mit der Energiestrategie 2050 wird die Solarförderung umgekrempelt. Wegen der knappen Mittel werden nur noch
wenige Produzenten von der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) profitieren. Gleichzeitig gewinnt die Einmalvergütung an Bedeutung – sie kann neu auch für grosse Solaranlagen bezogen werden und deckt rund 25 Prozent der Investitionskosten. Um eine Anlage unter den neuen Voraussetzungen wirtschaftlich zu betreiben, ist ein optimaler Eigenverbrauch nötig. Von Eigenverbrauch spricht man, wenn der Solarstrom vom eigenen Dach nicht ans öffentliche Stromnetz abgegeben, sondern im Haus verbraucht oder zwischengespeichert wird. Ohne besondere Massnahmen liegt die Eigenverbrauchsquote, also der Anteil der direkt genutzten Solarstromproduktion, im Einfamilienhaus bei 20 bis 30 Prozent. Dieser Anteil lässt sich durch einen intelligenten Geräteeinsatz auf 40 bis 60 Prozent erhöhen.
Besonders wirksam ist dabei, sofern vorhanden, die Steuerung der Wärmepumpe. Anstatt wie bisher mit billigem Nachtstrom wird sie mit überschüssigem Solarstrom tagsüber betrieben. Ideal sind dabei modulierende Wärmepumpen, die ihre Heizleistung an die ver­fügbare Menge Solarstrom anpassen können. In vielen Fällen macht auch ein Puffer­speicher Sinn, in dem die Wärme für den Abend zwischengelagert wird.
Ebenfalls sehr geeignet für die Nutzung der Tages-Stromproduktion sind bestehende Elektroboiler. Kleine Beiträge zur Steigerung des Eigenverbrauchs kann auch der Betrieb von Waschmaschinen oder Geschirrspülern bei Sonnenschein leisten.

Batteriespeicher und Elektromobilität
In Deutschland wird bereits jede zweite neue Photovoltaikanlage im Einfamilienhausbereich mit einer Batterie kombiniert. In der Schweiz ist dies erst etwa bei jeder zehnten Anlage der Fall, doch die rasch sinkenden Kosten werden auch hierzulande für einen Boom sorgen.
So steht die Tagesproduktion auch am Abend zur Verfügung, und der Eigenverbrauch steigt auf über 70 Prozent. Als Faustregel gilt: Pro installiertes Kilowatt Leistung der Photovoltaikanlage braucht es eine Kilowattstunde Speicherkapazität. Auch ein Elektromobil kann den Eigenverbrauchsanteil erhöhen.

Gemeinschaft für mehr Eigenverbrauch
Mit der Energiestrategie 2050 können nicht nur mehrere Parteien in einem Gebäude, sondern auch verschiedene benachbarte Häuser eine Eigenverbrauchsgemeinschaft bilden und so den Solarstrom von den eigenen Dächern gemeinsam nutzen. Das ermöglicht meist einen sehr hohen Eigenverbrauch und macht den Bau grösserer Photovoltaikanlagen attraktiv.
Ein grosses Potenzial besteht auch bei Gewerbebetrieben: Sie brauchen tagsüber Strom, genau dann, wenn die Solaranlage auf dem Dach produziert. Eine Eigenverbrauchsquote von 80 Prozent ist hier nicht ungewöhnlich.

Legende Grafik: Richtwerte für erreichbaren Eigenverbrauchsanteil in Abhängigkeit der optimierten Gerätegruppen.

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