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Gebietsfremde Tiere und Pflanzen sind nicht immer nur schädlich

Gebietsfremde Tiere und Pflanzen haben keinen guten Ruf. Sie gelten als Bedrohung einheimischer Arten. Forscher haben nun ein neues Klassifizierungssystem erarbeitet, das auch den Vorteilen solch invasiver Arten Rechnung trägt.

Agentur
sda
17.08.22 - 11:40 Uhr
Wirtschaft
Freiwillige entfernen im Naturschutzgebiet Bolle di Magadino im Tessin invasive Pflanzen. (Archivbild)
Freiwillige entfernen im Naturschutzgebiet Bolle di Magadino im Tessin invasive Pflanzen. (Archivbild)
KEYSTONE/KARL MATHIS

Eine differenzierte Betrachtung tue not, sind sich die Forscher um Giovanni Vimercati vom Departement für Biologie der Universität Freiburg einig. Denn nicht in jedem Fall sind invasive Arten schlecht für die einheimische Fauna und Flora.

Beispiele invasiver Arten, die Schaden anrichten gibt es viele. In den Schlagzeilen war jüngst die Quagga-Dreikantmuschel, die sich rasant in Schweizer Seen ausbreitet und das Seeökosystem beeinflusst.

Weitere bekannte invasive Arten sind etwa die Tigermücke, die Rotwangen-Schmuckschildkröte aber auch Pflanzen wie der japanische Staudenknöterich oder das Traubenkraut.

Klassifizierung

Die Weltnaturschutzorganisation IUCN hat 2020 ein System zur Klassifizierung invasiver gebietsfremder Arten eingeführt, das sie EICAT (Environmental Impact Classification of Alien Taxa) genannt hat. An der Erarbeitung waren Forscher der Universität Freiburg massgebend beteiligt.

Die Methode berücksichtigt allerdings nur negative Auswirkungen invasiver Arten. «Man sollte aber bedenken, dass gebietsfremde Arten auch positive Effekte auf die lokale Biodiversität haben können», erklärt Vimercati in einer Mitteilung vom Mittwoch.

Diese Arten können beispielsweise Nahrung oder Lebensraum für schwächelnde einheimische Arten sein. Vimercati nennt als Beispiel die Aldabra-Riesenschildkröte, eine Art, die aus den Seychellen stammt, aber in die Maskarenen östlich von Madagaskar eingeführt wurde.

Obwohl gebietsfremd, konnte diese Schildkröte eine Samenverbreitung gewährleisten, die durch das Aussterben bestimmter lokaler Arten unmöglich geworden war.

Instrument erweitert

Um derartige positive Auswirkungen mitzuberücksichtigen, hat Vimercati zusammen mit weiteren Forschenden das Instrument EICAT+ entwickelt. Es ist auf verschiedenen räumlichen Skalen von lokal bis global sowie auf sämtliche Lebensformen anwendbar.

«Dank EICAT+ können wir künftig eventuelle negative Effekte von Massnahmen zur Kontrolle oder Beseitigung gebietsfremder Arten vorwegnehmen», führte Vimercati aus. Massnahmen zur Bekämpfung einzelner gebietsfremder Arten können differenzierter getroffen werden und sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen auf die lokale Biodiversität berücksichtigen.

EICAT+ kann laut Vimercati auch genutzt werden, um zu beurteilen, inwiefern pflanzliche und tierische Arten aus anderen Gebieten helfen können, die gesteckten Umweltschutzziele zu erreichen. Die Forscher präsentierten EICAT+ im Fachjournal PLOS Biology.

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