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Europäischer Forschungsrat vergibt 632 Millionen Euro an Forschende

Am Donnerstag hat der Europäische Forschungsrat (ERC) die Gewinner der «Consolidator Grants» bekannt gegeben. Auch Forschende von Schweizer Institutionen finden sich darunter. Doch für die meisten von ihnen gibt es ein grosses Aber.

Agentur
sda
17.03.22 - 12:38 Uhr
Wirtschaft
Schweizer Hochschulen und Universitäten gelten nicht als förderfähige Institutionen im Rahmen der vom europäischen Forschungsrat vergebenen Stipendien: das Hauptgebäude der Universität Zürich.
Schweizer Hochschulen und Universitäten gelten nicht als förderfähige Institutionen im Rahmen der vom europäischen Forschungsrat vergebenen Stipendien: das Hauptgebäude der Universität Zürich.
KEYSTONE/WALTER BIERI

Mit der jüngsten Runde der Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC) fliessen insgesamt 632 Millionen Euro an 313 Forschende aus 42 verschiedenen Ländern. Die Gelder sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei unterstützten, Pionierforschung zu betreiben und ihre eigenen Teams auf- oder auszubauen. Damit würden schätzungsweise 1900 Jobs geschaffen, teilte der ERC mit.

Obwohl sich auch Forschende, die an Schweizer Forschungsinstitutionen arbeiten, im Kampf um die begehrten Stipendien durchsetzen konnten, gibt es für sie kein Geld von der EU. Seit der Bundesrat die Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen im Mai 2021 abgebrochen hat, gilt die Schweiz nur noch als nicht-assoziiertes Drittland. Folglich sind Schweizer Forschungseinrichtungen im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms «Horizon Europe» nicht förderfähig.

Einspringen wird der Bund mit einer Übergangslösung. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) wird die fehlenden ERC-Gelder kompensieren und die rund zwei Millionen Euro pro Projekt über fünf Jahre übernehmen.

Innovation droht wegzubrechen

Der ERC seinerseits teilte mit, dass die Vorschläge aus der Schweiz diesmal noch berücksichtigt wurden, weil die Bewerbungsfrist für die Consolidator Grants vor dem Abbruch der Verhandlungen zu Ende ging. Geld gebe es aber nur für Forschende, die an eine Gasteinrichtung in einem förderfähigen Land wechselten.

Michael Schaepman, Rektor der Universität Zürich, erachtet die Situation als problematisch: «Horizon Europe ist der grösste Forschungsverbund weltweit. Wenn wir in diesem grössten Wettbewerb um Exzellenz nicht mitmachen können, wird uns langfristig die Innovation wegbrechen», sagte er gemäss einer Mitteilung seiner Hochschule. Deshalb müsse die Schweiz unbedingt wieder voll assoziiertes Mitglied bei Horizon Europe werden.

Im Februar lancierten Forschungsinstitutionen die Kampagne «Stick to Science». Sie verlangten, dass sich die Schweiz an Horizon Europe assoziieren kann. Politische Diskrepanzen sollten zugunsten der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zur Seite gelegt werden, so die Botschaft.

Cern-Forschende dürfen bleiben

In diesem nun für Schweizer Forschende vorerst letzten Runde im europäischen Wettbewerb, konnten den ERC am meisten Projektanträge aus dem Hause ETH Lausanne (EPFL) überzeugen: Sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten sich durchsetzen. An der ETH Zürich überzeugten vier Forschende. Erfolgreich waren auch jeweils drei Forschende der Universitäten Genf, Basel und Zürich, je zwei Forschende der Universitäten Bern und Lausanne sowie ein Forscher vom Paul Scherrer Institut (PSI). Ausserdem wurde ein Projekt eines Wissenschaftlers gutgeheissen, der bei Einreichung seines Antrags am Helmholtz Zentrum München tätig war und nun an der Universität Basel forscht, wie die Hochschule mitteilte.

Zudem erhielten zwei Forschende vom europäischen Kernforschungszentrum (Cern) in Genf den Zuschlag für ihre Projekte. Für sie gilt eine Ausnahme: Das Cern zähle zu den förderfähigen Institutionen, sodass die Forschenden nicht in ein anderes Land wechseln müssten, teilte der ERC auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit. Einen Ersatz zu finden wäre denn auch schwierig, denn das Cern ist eine weltweit einzigartige Forschungseinrichtung.

Ein Drittel sind Frauen

Am meisten Fördergelder konnten sich Forschende sichern, die in Deutschland (61 Stipendien), in Grossbritannien (41) und in Frankreich (29) tätig sind. Die Schweiz lag hinter den Niederlanden an fünfter Stelle. Anträge reichten insgesamt 2652 Bewerberinnen und Bewerber ein, die Erfolgsquote lag bei 12 Prozent. Ein Drittel der Stipendien ging an Frauen.

In derselben Situation wie nun mit den Consolidator Grants waren Schweizer Forschende bereits Anfang dieses Jahres, als der europäische Forschungsrat die Gewinner des Förderinstruments «Starting Grants» bekannt gab. Betroffen waren damals 28 an Schweizer Forschungseinrichtungen tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Das Horizon Europe-Programm dauert von 2021 bis 2027 und ist mit einem Gesamtbudget von gut 95 Milliarden Euro das weltweit grösste Forschungs- und Innovationsförderprogramm.

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