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So kann Klosters zum Rolemodel werden!

Partizipieren heisst mitmachen. Viele Menschen möchten gerne an ihrem Wohnort an den politischen Entscheidungsprozessen mitwirken, können es aber nicht.

Klosterser
Zeitung
04.01.23 - 12:00 Uhr
Wirtschaft
Space-Vote ist eines der von Innosuisse der schweizerischen Agentur für Innovationsförderung geförderten Projekte ­(Innovation Booster).
Space-Vote ist eines der von Innosuisse der schweizerischen Agentur für Innovationsförderung geförderten Projekte ­(Innovation Booster).
zvg

Von Dr. Petra Arends-Paltzer*

In der direkten ­Demokratie haben meistens nur die gemeldeten Einwohnerinnen und Einwohner aufgrund ihrer Nationalität das Stimmrecht, so auch bei uns in der Schweiz.

Über alle Themenfelder hinweg herrscht heute Einigkeit, dass bei der Auseinandersetzung und Entscheidungsfindung nicht nur Expertinnen und Experten und Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch die von den Entscheidungen unmittelbar Betroffenen Mitsprache haben sollen.

Jeden Tag besuchen wir Orte, wir halten uns an Orten auf oder wir kommen durch Orte. Zu einigen dieser Orte haben wir eine besondere Verbindung, wir absolvieren unsere Lehre oder studieren dort, wir machen dort seit Jahren Ferien oder besitzen sogar im Ort eine Ferienwohnung. Diese Gruppen haben also ein elemen­tares Interesse, welches gehört werden sollte.

Im konkreten Falle, zum Beispiel die Zweitwohnungsbesitzer, deren Wohnungsanteil in einzelnen (touristischen) Gemeinden bei über 70 Prozent liegt, in Klosters immerhin bei 63 Prozent. Wichtig ist es, diesen Gruppen Gehör zu verschaffen. In Klosters hat sich diese Gruppe seit 2016 mit der IG Zweitwohnung Klosters positioniert.

Digitale Partizipation

Aber wie kann man diese Mitwirkungsprozesse verbessern, wie kann man junge Menschen einbeziehen und wie schafft man es, dass Lernende, Studenten oder auch Zweitwohnungsbesitzer, die jahrelang an einem Ort wohnen, diesen nutzen und konkret zum Wirtschaftswachstum beitragen – auch zeitnah «gehört» werden? Wie gelingt es zudem, dass diese Gruppen nachweisen, dass sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem Ort aufgehalten, eine öffentliche oder ­private Einrichtung genutzt haben und somit an diesem Ort tatsächlich partizipieren?

Space-Vote

Die Antwort heisst «Space-Vote»; ein wunderbares digitales E-Partizipationstool, welches das Schweizer Unternehmen Cividi in Zusammenarbeit mit der ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) und Unterstützung von Zürich Tourismus entwickelt hat. Dieses Tool ermöglicht es, dass die vorgängig genannten Interessensgruppen zeitnah, digital und in einem genau abgegrenzten Raum an Prozessen mitwirken und digital partizipieren können.

Das Tool ist zu 100 Prozent datenschutzkonform und zudem so verschlüsselt, dass niemand Rückschlüsse auf die Teilnehmer ziehen kann. Zudem stellt die räumliche Verortung sicher, dass es sich um die tatsächlichen Nutzer handelt, die mit oder ohne Stimmrecht ein legitimes Interesse haben, an bestimmten Entwicklungen teilzunehmen. 

Wie funktioniert eine digitale Partizipation?

Projektvorhaben oder zur Debatte stehende Entscheide werden räumlich durch einen «Mitspracheperimeter» eingegrenzt. Hält sich eine Person innerhalb des Perimeters auf, wird über die Space-Vote-App ein sogenannter «Space-Token» erstellt. Dieser Token gibt dem Nutzer ein Mitspracherecht. Ähnlich einer Spielmünze kann der Space-Token eingesetzt werden, um sich zum Beispiel an der Diskussion über ein Infrastruktur-Projekt im öffentlichen Raum zu beteiligen.

Warum Klosters dabei sein sollte

Durch den Einbezug dieser Gruppen in Planungs- und Entscheidungsprozesse können sich die Betroffenen stärker in die öffentliche Diskussion und Entscheidungsprozesse einbringen. Dadurch steigen die Transparenz, der Dialog und die Akzeptanz bestimmter politischer Vorhaben, bevor es zu einer Abstimmung kommt. Aufseiten der Gemeinde und Tourismusorganisationen können gesellschaftliche Trends, Chancen und Risiken frühzeitig erkannt und entsprechend frühzeitig bei der Ideenfindung berücksichtigt werden. Es gibt den Beteiligten zudem das Gefühl ernst genommen und eben «gehört» zu werden.

Digitale Mitwirkung ist die Zukunft

Diese Form der digitalen Teilhabe via Space-Vote ist wegweisend, weil sowohl Tourismusorganisationen als auch Städte und Gemeinden direktes Feedback ­erhalten und dieses somit in ihre zukünftigen Planungen einbeziehen können. «Data over Opinion» wird diese neue Form der Marktforschung genannt. Zudem können viel mehr Menschen in den Vorfindungsprozess involviert werden. Die Entscheidungen basieren auf echter und zeitnaher Datenerfassung und sind deshalb wesentlich stabiler und demokratisch abgesicherter.

Die Gelegenheit

Alles in allem ein digitales Mitwirkungstool, mit dem sich Städte, Gemeinden und Organisationen mit vielen nicht stimmberechtigten (aber gleichwohl ­beteiligten) Bürgern zukunftsweisend positionieren können. Voraussetzung ist natürlich, dass dieses abgerufene bürgerliche Engagement, der Input auch verarbeitet und der Nutzen transparent nachvollziehbar zur Verfügung gestellt wird.

Das Davos Digital Forum wird zu­sammen mit Space-Vote dieses Tool mit interessierten Städten und Gemeinden weiterentwickeln. So haben Gemeinden wie Klosters mit einem hohen Zweit­wohnungsanteil die einmalige Chance, dieses digitale Mitsprache-Tool zur Ausweitung und Stärkung des demokratischen Entscheidungsprozesses einzu­setzen.

* Dr. Petra Arends-Paltzer, wohnhaft in Klosters, ist Gründerin des Davos Digital Forum.

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