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«Die Adventsbeleuchtung ist ein Kulturgut»

Die Kundschaft des Gartencenters Grünenfelder in Ziegelbrücke kauft weniger Weihnachtsdeko als in den zwei vergangenen Coronajahren. Wie die Energiemangellage die Kundenwünsche beeinflusst.

Sara
Good
29.11.22 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Funkelnde Weihnachtswelt: Laut Geschäftsinhaber René Treier kaufen die Kunden im Gartencenter in diesem Jahr weniger Adventsbeleuchtung.
Funkelnde Weihnachtswelt: Laut Geschäftsinhaber René Treier kaufen die Kunden im Gartencenter in diesem Jahr weniger Adventsbeleuchtung.
Bild Sara Good

Die Bäume vor dem Gartencenter Grünenfelder in Ziegelbrücke sind weitestgehend kahl. Vereinzelt hängen noch Blätter an den Ästen und baumeln im Wind. Nur die drei Leucht-Rehe an der Einfahrt und Weihnachtsgestecke am Eingang deuten auf die bevorstehende Adventszeit hin. «Wir haben unsere Standardadventsbeleuchtung auf dem Parkplatz nicht aufgehängt», erklärt der Inhaber René Treier-Grünenfelder, wegen der möglichen Kritik und aus Solidarität mit der Gesellschaft und den anderen Geschäften. 

Die Weihnachtsstimmung lasse heuer noch auf sich warten. Das hat laut Treier verschiedene Gründe: «Die warmen Temperaturen haben schon einen Einfluss. Aber es fehlt die ganze Adventsbeleuchtung.» Auch im Radio würden keine Weihnachtslieder gespielt. Am Dienstag hat Treier das erste gehört. «Draussen auf den Strassen erkennt man am Abend nicht, dass wir in der Adventszeit sind. Nirgends brennt ein Lämpchen, ausser beim Einkaufscenter Krumm in Näfels», so Treier.

Der Geschäftsinhaber zieht einen Vergleich: «Was ist Ostern ohne den Osterhasen? Die Adventszeit ohne Beleuchtung ist keine Adventszeit. Das ist ein Kulturgut, das jetzt in gewisser Weise von der Allgemeinheit verhindert wird, unter dem Deckmantel des Stromsparens.» Man könne auch Storm sparen, wenn man weniger Beleuchtung aufhänge oder auf kürzere Betriebszeiten setze. Für Treier geht es grundsätzlich um die Stimmung, die durch die Lichter erzeugt wird – und jetzt fehlt. Das färbe auf die Kundschaft ab. Seit dem 21. Oktober verkauft das Gartencenter Weihnachtsdekoration. Der Weihnachtsmarkt sei gut gestartet, doch bereits jetzt kann er sagen, dass deutlich weniger Lichterschmuck gekauft wird.

Weihnachtsbeleuchtung als Ladenhüter

Die Kundinnen und Kunden würden grundsätzlich weniger Weihnachtsdekoration kaufen, als in den zwei vergangenen Coronajahren. «Die Nachfrage war grösser, weil die Leute nicht in die Ferien konnten und stattdessen ihr Zuhause schön eingerichtet haben. Das haben wir schon gespürt», erzählt Treier. Der Umsatz sei jetzt zwar nicht eingebrochen, sondern bewege sich wieder auf Vor-Corona-Niveau.

Die Strommangellage schlägt sich auch auf die Wünsche der Kundschaft nieder: Sie erkundige sich vereinzelt nach Solarbeleuchtung, doch es gebe es im Weihnachtsbereich nicht wirklich taugliche Produkte. Ansonsten werden ähnliche Produkte wie in vergangenen Jahren eingekauft, zum Beispiel Deko-Hirschfiguren, Christbaumkugeln oder Kerzen.

Die Weihnachtsausstellung ist für das Gartencenter ein wichtiges Zusatzgeschäft. Natürlich nicht ähnlich wichtig, wie die Frühlingseinkäufe, aber dennoch entscheidend: «Die Weihnachtsausstellung gehört zum Konzept des Gartencenters. Würden wir sie nicht durchführen, müssten wir uns überlegen, bei einem Teil des Personals das Pensum im Winter zu reduzieren», so Treier. Im Gartencenter werden rund 20 Personen beschäftigt.

Besonders schön sei der Moment, wenn die Kundinnen und Kunden die Weihnachtsausstellung zum ersten Mal sehen und wegen des vielen Glitzers und der Lichter staunen: «Das ist für unser Team wie der Applaus für einen Musiker», beschreibt Treier die Situation.

Die Adventsstimmung lasse auf sich warten

Für die Adventszeit hat er vor allem einen Wunsch: «Man soll anderen gegenüber tolerant sein, wenn sie die Weihnachtsbeleuchtung intensiver ausleben als andere. Auch dass man sich an einer Dekoration erfreut, wenn jemand etwas Schönes gestaltet hat.» Der 48-Jährige vermisst die Adventsstimmung: «Es ist schön, wenn man durchs Dorf fährt und die Strasse mit Sternen dekoriert ist. Das fehlt mir.»

Dieses Jahr kumulieren sich die Faktoren: der Krieg in der Ukraine, die Energiemangellage, die Teuerung oder eine Fussball-WM im Winter. «Das Fest der Nächstenliebe steht vor der Haustüre. Momentan haben wir wichtige, grosse Themen, die diskutiert werden, sodass die Adventsstimmung noch nicht richtig aufkommt», fasst René Treier zusammen. Aber vielleicht warten die Leute auch einfach ab, wie sich die Lage rund den Strom entwickelt, und hängen später noch Dekoration auf.

Zur Person

René Treier-Grünenfelder und seine Frau Monika sind die Inhaber der H. Grünenfelder AG in Ziegelbrücke. Sie verkaufen Gartenartikel und sind im Gartenbau tätig. Insgesamt beschäftigt der Betrieb rund 75 Mitarbeitende. Treier ist ursprünglich Elektroingenieur und wohnt mit seiner Familie in Mollis.

Serie Adventszeit und Energiemangellage

Strom sparen und trotzdem eine besinnliche Adventszeit geniessen – geht das? Die «Glarner Nachrichten» beleuchten das Thema in einer dreiteiligen Serie aus verschiedenen Blickwinkeln

Teil 1: Pfarrerin Manja Pietzcker
Teil 2: Brandschutzexperte Stefan Reithebuch
Teil 3: Deko-Anbieter René Treier-Grünenfelder

Sara Good verantwortet die Glarner Inhalte auf «suedostschweiz.ch». Zudem kreiert sie multimediale Inhalte und schreibt Artikel für die «Glarner Nachrichten». Sie hat den Diplomlehrgang am MAZ absolviert und Multimedia Production in Chur studiert. Mehr Infos

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