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Entspannt, engagiert und spannend

Treue Gäste: Auch die 73. Gewerbliche Winterkonferenz des Schweizerischen Gewerbeverbandes wurde in Klosters durchgeführt.

Conradin
Liesch
12.01.23 - 14:50 Uhr
Wirtschaft

Die erste Winterkonferenz nach Corona konnte schon in den ersten zwei Tagen mit spannenden Referaten und engagiert geführten Podiumsdiskussionen aufwarten.

Nach der Begrüssung durch Nationalrat Fabio Regazzi, dem Präsidenten des Schweizerischen Gewerbeverbandes, war «Rock’n’Roll» angesagt: Nicht anders lässt sich der temporeiche Vortrag des schwedischen Trendspotters Magnus Lindkvist beschreiben. Er nahm in seinem Referat zum Thema «Wenn die Zukunft beginnt» nämlich oft Bezug auf die populäre Musik.

Er sei nicht hier, um Optimismus zu verbreiten, erklärte der Showmann. Allerdings tat er dies natürlich doch. «Die Zukunft ist ein Platz zum Träumen», erklärte er und machte anhand einiger Beispiele anschaulich, welche Art Leute es «geschafft» haben. Es seien im seltensten Falle die angepassten, gut aussehenden und -gekleideten Leute gewesen, sondern die Nerds, die «Idioten». «In jedem Betrieb braucht es einen solchen Idioten; wenn Sie nicht wissen, wer es bei Ihnen ist, sind Sie es vielleicht selber», kalauerte er und fügte als Beispiel das Schicksal von Ignaz Semmelweiss an, der im 19. Jahrhundert – verlacht von anderen Ärzten – vorgeschlagen hatte, sich die Hände zu waschen, bevor man sich mit Patienten beschäftigt. Er starb einsam in einer Irrenanstalt. «Aber seine Lehre war wegweisend», erklärte Lindkvist.

In der Folge führte er sechs Regeln auf, mit denen neue Ideen entstehen und mit denen man der Zukunft entgegentreten sollte:

  • Suche anderswo als nur in deiner Nähe
  • Experimentiere
  • Tanze mit den Regeln (brich sie nicht)
  • Sag jeden Tag «Ich bin ein Verlierer» – das spornt dich an
  • Suche kreative Reibung
  • Überlebe drei Sorgen, suche nach Fehlern (anderer) und versuche, dasselbe zu machen, aber besser

Als Beispiel dazu brachte er die «Nespresso»-Story ins Spiel. Jahrelang hatte die Firma mit den Kapseln nur mässigen Erfolg erzielt, bevor sie auf die geniale Idee kam, George Clooney dafür werben zu lassen und die Kaffeekapseln plötzlich rund um die Welt trendy wurden.

«Die Zukunft ist keine Versicherung, die dich von etwas abhält oder schützt», schloss er seinen Vortrag und ergänzte: «Sag Danke für die Vergangenheit und Ja zur Zukunft».

Vor einer globalen Rezession

Mit dem Vortrag des Ökonomen Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff, wurden am Donnerstagvormittag dann eher düstere Prognosen gestellt. Er zeigte auf, wie wir in die gegenwärtige Lage geschlittert sind; das habe schon lange vor der Ukraine-Krise angefangen, nämlich als während Corona 20 Prozent mehr Güter geordert worden seien: «Wenn die Leute viel mehr bestellen, hats einfach nicht für alle genug. Die Lager waren leer und die Preise zogen an», erklärte er. Mit den Finanz­instituten ging Wellershoff eher hart ins Gericht: «Für die Finanzwelt ist die Inflation kein Problem», erklärte er, «sie betrachtet es eher als Teil der Lösung.»

«Finanzpolitik ist immer
unglaubwürdig.»

Prof. Dr. Klaus W. Wellershoff

In der anschliessenden Podiumsdiskussion, wie immer witzig moderiert von Markus Somm (Chefredaktor Nebelspalter), zeigten vier Schweizer Kaderleute auf, wie sie den wirtschaftspolitischen Herausforderungen begegnen wollen. Am Donnerstagmittag wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vom Bündner Gewerbeverband Curling und Lunch auf der Eisbahn offeriert – hier konnte herrlich entspannt werden, bevor verschiedene Programmpunkte zum Thema der anstehenden Nationalratswahlen anstanden.

Besuch von Bundesrätin Karin Keller-Sutter

Mit einem Referat von Luzius Meisser, Verwaltungsratspräsident von Bitcoin Suisse und dem Besuch von Bundesrätin Karin Keller-Suter, welche sich zum Verhältnis Schweiz–EU referiert, wird die Winterkonferenz heute Freitag fortgesetzt. Den Abschluss bildet wie in den letzten Jahren ein gemütliches Zusammensein auf Madrisa, wobei der Schweizer Satiriker Andreas Thiel zum Thema «Mit Digitalisierung zu mehr Demokratie» spricht.

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