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Lausanner Forscher enträtseln ein Stück weit vorzeitige Alterung

Warum altern Zellen vorzeitig und wie lässt sich das verhindern? Forscher an der ETH Lausanne (EPFL) haben einen Schritt zur Lösung dieses Rätsels getan. Sie setzen Hoffnungen auf das Protein Rad51. Es hilft, Telomeren zu reparieren und so das Altern zu verzögern.

Agentur
sda
15.10.20 - 07:54 Uhr
Wirtschaft
Kristallstruktur eines Rad51-Filaments. Das Protein Rad51 spielt eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von vorzeitiger Zellalterung, haben Lausanner Forscher herausgefunden.
Kristallstruktur eines Rad51-Filaments. Das Protein Rad51 spielt eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von vorzeitiger Zellalterung, haben Lausanner Forscher herausgefunden.
Wikicommons, A.B. Conway et al.

Bereits bekannt war, dass Moleküle, die sich an der Spitze von Chromosomen ansammeln, eine Schlüsselrolle bei der Verhinderung von Schäden an der DNA spielen. So wie das Käppchen am Ende eines Schnürsenkels - Aglet genannt - verhindert, dass der Bändel ausfranst, bilden DNA-Abschnitte, die Telomere genannt werden, Schutzkappen an den Enden der Chromosomen.

Doch wenn sich die Zellen teilen, werden die Telomere kürzer, wodurch die Schutzkappe an Wirksamkeit einbüsst. Sobald die Telomere zu kurz werden, hört die Zelle ganz auf, sich zu teilen. «Telomerverkürzung und Fehlfunktion wurden mit Zellalterung und altersbedingten Krankheiten, einschliesslich Krebs, in Verbindung gebracht», heisst es in einer Mitteilung der EPFL vom Donnerstag.

Wie findet der «Vorarbeiter» zum Einsatzort?

Bereits 2007 wurde an der EPFL entdeckt, dass TERRA (TElomeric Repeat-containing RNA) dazu beitragen, Länge und Funktionsfähigkeit der Telomere zu regulieren. TERRA sammelt sich an den Enden der Chromosomen an und signalisiert, dass die Telomere verlängert oder repariert werden sollen.

Wie aber findet diese überaus hilfreiche Sorte RNA ihren Platz an den Enden der Chromosomen? lautete die ungeklärte Frage, der sich Teams an der EPFL und der Masaryk-Universität im tschechischen Brünn jetzt angenommen haben.

Postdoktorandin Marianna Feretzaki und andere in den Teams von Joachim Lingner an der EPFL sowie Lumir Krejci an der Masaryk-Universität analysierten den Mechanismus, durch den sich TERRA an den Telomeren anreichert, sowie die an diesem Prozess beteiligten Proteine. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift «Nature» erschienen.

Rad51 kann mehr als bisher angenommen

Experimente und Beobachtungen zeigten, dass mehrere Proteine das Andocken von TERRA an telomere DNA steuern. Eines namens Rad51 sei dabei besonders wichtig, sagt EPFL-Professor Joachim Lingner. Rad51 ist ein bekanntes Enzym, das an der Reparatur von gebrochenen DNA-Molekülen beteiligt ist. Das Protein scheint TERRA auch dabei zu helfen, an telomerer DNA zu haften, um ein so genanntes «RNA-DNA-Hybridmolekül» zu bilden. Diese Zusatzfunktion bedeute einen Paradigmenwechsel, sagt Lingner.

Doch noch ist die Verhinderung von vorzeitiger Zellalterung nicht Realität. Angesichts der Rolle der Telomere für Gesundheit und Krankheit wird es wichtig sein, zu sehen, wie der neu entdeckte Mechanismus - der aus Beobachtungen in lebenden Zellen abgeleitet und in Reagenzgläsern reproduziert wurde - in der sehr komplexen zellulären Umgebung reguliert wird, sagt Lingner.

«Wir haben ein Modell vorgeschlagen, das durch die uns vorliegenden Daten unterstützt wird - aber in der Wissenschaft stellt sich oft heraus, dass das Modell modifiziert werden muss», sagt er. "Es kann sicherlich noch weitere Überraschungen geben.

*Fachpublikationsnummer https://doi.org/10.1038/s41586-020-2815-6

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