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Wirecard droht Verlust von Krediten und spricht von Betrug

Der deutsche Konzern Wirecard taumelt. Am heutigen Freitag ist eine wichtiger Termin für den Zahlungsabwickler - mit Auswirkungen auf die Finanzlage. Und die Indizien für einen Betrugsfall von grossem Ausmass verdichten sich.

Agentur
sda
19.06.20 - 11:27 Uhr
Wirtschaft
Konzernchef Markus Braun steht ganz schön unter Druck. (Archivbild)
Konzernchef Markus Braun steht ganz schön unter Druck. (Archivbild)
KEYSTONE/EPA/LUKAS BARTH-TUTTAS

Dem in einen Bilanzskandal verwickelte Wirecard droht der Verlust von Milliardenkrediten. Wenn das Unternehmen heute Freitag keinen von Wirtschaftsprüfern testierten Jahres- und Konzernabschluss vorlegt, könnten Kredite von etwa 2 Milliarden Euro gekündigt werden. Das hatte der Konzern am Donnerstag bekannt gegeben.

Wirecard wickelt bargeldlose Zahlungen für Händler ab, sowohl an Ladenkassen als auch online. Das Unternehmen ist seit über einem Jahr in Bedrängnis, seit die Londoner «Financial Times» dem Management in einer Serie von Artikeln Bilanzmanipulationen vorwarf.

Am Donnerstag hatte Wirecard schliesslich offenbart, dass die Bilanzprüfer Zweifel an der Existenz von 1,9 Milliarden Euro haben, die auf Treuhandkonten in Asien verbucht wurden.

Jahresabschluss nicht testiert

Deswegen hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY (Ernst & Young) auch den Jahresabschluss nicht testiert. Ernst & Young vermutet Täuschungsabsicht. Wirecard fürchtet einen «gigantischen» Milliardenbetrug und will Strafanzeige erstatten.

«Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirecard AG in einen Betrugsfall erheblichen Ausmasses zum Geschädigten geworden ist», sagte Wirecard-Vorstandschef Markus Braun in einer Stellungnahme des Vorstands am Donnerstagabend. Unabhängig davon haben die Finanzaufsicht Bafin und die Münchner Staatsanwaltschaft angekündigt, den Fall unter die Lupe nehmen zu wollen.

Philippinische Bank: Konto existiert nicht

Die Indizien für einen Betrugsfall haben sich mittlerweile verdichtet. Die philippinische Bank BDO Unibank, bei der angeblich eines von zwei suspekten Treuhandkonten für Wirecard geführt wurde, erklärte am Freitag, dass das deutsche Unternehmen kein Kunde sei.

«Das Dokument, in dem die Existenz eines Wirecard-Kontos bei BDO behauptet wird, ist ein manipuliertes Dokument, das gefälschte Unterschriften von Bankangestellten trägt», hiess es in der Stellungnahme des in der Stadt Makati ansässigen südostasiatischen Geldhauses. Der Fall sei an die Zentralbank der Philippinen berichtet worden.

Vorstandsmitglied kaltgestellt

Der Aufsichtsrat des bedrängten Unternehmens hatte am Donnerstagabend noch Vorstandsmitglied Jan Marsalek kalt gestellt, der als Vertrauter Brauns gilt. Marsalek war für das Tagesgeschäft verantwortlich und ist nun vorerst suspendiert. Stattdessen hat der Aufsichtsrat nun mit sofortiger Wirkung den US-Manager James Freis berufen, der für die Rechtstreue zuständig sein soll. Eigentlich hätte Freis seinen Posten erst am 1. Juli antreten sollen.

An der Frankfurter Börse hatte der Skandal einen neuerlichen Ausverkauf der Wirecard-Aktien zur Folge. Am Freitag fiel der Kurs mit kurz vor dem Mittag um über 42 Prozent auf 22,92 Euro. Bereits am Donnerstag hatten die Papiere zum Handelsschluss 62 Prozent verloren.

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