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Wenn eine Scheidung viel mehr ist als eine Trennung

Wenn sich Bauern und Bäuerinnen scheiden lassen, ist das oft komplexer als bei anderen Eheleuten. In der Landwirtschaft bedeutet eine Scheidung oft, dass ein ganzes System zusammenbricht. Punkte, wie die Hofübernahme oder die finanzielle Lage müssen geklärt werden. Die Betroffenen sind sich oft unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollen.

Anna
Panier
27.02.20 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Wenn sich Bäuerinnen und Bauern scheiden lassen wollen, sind sie sich oft unsicher, wie sie dies angehen sollen.
Wenn sich Bäuerinnen und Bauern scheiden lassen wollen, sind sie sich oft unsicher, wie sie dies angehen sollen.
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Im Jahr 2018 gab es im Kanton Graubünden 341 Scheidungen. Dass der Bund der Ehe aufgelöst wird, ist keine Seltenheit. So auch in der Landwirtschaft. Wenn sich aber ein Bauern-Ehepaar scheiden lässt, hat das oftmals gravierende Auswirkungen.

Wie Christine Burren, Agronomin, meint, sind in kaum einer anderen Berufsgattung Privat- und Berufsleben so stark miteinander verbunden. «Der Landwirtschaftsbetrieb bietet einer ganzen Familie Arbeit, Lebensgrundlage, Wohnen und Freizeit. Bei einer Scheidung in der Landwirtschaft wird nicht nur die eheliche Gemeinschaft aufgelöst, sondern ein ganzes System bricht auseinander.»

Auch Thomas Roffler, Bauernpräsident Graubünden, ist sich des Problems bewusst. «Es ist eine komplexe Situation, wenn eine Bauernhof-Familie auseinanderbricht. Der Betrieb ist der Ort, wo das Familieneinkommen erwirtschaftet wird.» Oft seien auch Kinder betroffen.

Hilfe über Hotline

Man höre auch viele Unwahrheiten zu diesem Thema, meint Burren. Darum habe sie sich intensiver mit der Thematik beschäftigt. Mit ihrer Masterarbeit wollte sie Klarheit schaffen und Informationen für Betroffene bieten.

Schliesslich wurde seitens Ihrer Fachhochschule der Entscheid getroffen, für einen Tag eine Scheidungshotline für Bäuerinnen und Bauern einzurichten. «Mit diesem Angebot möchten wir Bäuerinnen und Bauern die Möglichkeit geben, sich unverbindlich und kostenlos über das Thema Scheidung bei einer Fachperson informieren zu lassen», erzählt Burren.

Auch in Graubünden gibt es eine Hotline für betroffene Leute. Wie Thomas Roffler erklärt, gibt es dieses Angebot seit ein paar Jahren. Fachleute ständen zur Verfügung und böten professionelle Hilfe an. Dabei könnten Fragen aus verschiedenen Bereichen geklärt werden. «Es können Wege angeboten werden, mit der Situation umzugehen.» Schlussendlich soll eine Situation bestehen, aus der alle Beteiligten gut rauskommen.

Kein unbekanntes Problem

Christine Burren teilt diese Meinung. «Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass Bauern und Bäuerinnen, die getrennt Wege gehen wollen, möglichst früh im Scheidungsprozess professionelle Hilfe in Anspruch nehmen können.» Wie gross die Nachfrage nach der Hotline dann wirklich sei, werde sich zeigen.

Blickt man jedoch auf die Lage in Graubünden fällt auf, dass die Nachfrage nach dem Angebot immer mehr wächst. Roffler betont, dass sich die Hotline bewähre. «Im Moment überlegen wir, ob wir mit den Schweizer Landfrauen den Dienst zusammenlegen.» Der Verband Schweizer Landfrauen betreibe einen ähnlichen Dienst. So könne man das Hilfsangebot vergrössern und optimieren.

Das Problem der Scheidungen in der Landwirtschaft ist also nicht unbekannt. Zuletzt wurde in der Agrarzeitschrift UFA-Revue eine Broschüre rund ums Thema Eheauflösungen in der Landwirtschaft veröffentlicht. Diese wurde an rund 70'000 Landwirtschaftsbetriebe geschickt, wie Burren erklärt.

Anna Panier arbeitet als Redaktorin bei Online/Zeitung. Sie absolvierte ein Praktikum in der Medienfamilie Südostschweiz und studiert aktuell Multimedia Production im Bachelor an der Fachhochschule Graubünden in Chur. Mehr Infos

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