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Von der Hand ins Gesicht – und nun ins Ausland

Die Prättigauer Parsenn-Produkte AG will den Hautpflegemarkt im Nahen und Fernen Osten erobern.

15.02.20 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Oliver Lüscher
Entwicklung und Tests in Küblis: CEO Oliver Lüscher steht auch im eigenen Labor.
PHILIPP BAER

Sie ist bereits seit 45 Jahren auf dem Markt – und seither ein Dauerbrenner: die Schweizer Hautcreme Tal. Sie pflegt, repariert kleine Risse und verleiht frische Feuchtigkeit. Für Füsse, Babypos, Nägel und vor allem Hände, beliebt ist das Premium-Produkt allseits, bei Frauen und Männern. Die Uniklinik im deutschen Heidelberg klassierte das Produkt vor einigen Jahren sogar als «geeignet für die vorbeugende und unterstützende Haut- und Nagelpflege während einer Chemotherapie».

Schweizweit lässt sich kaum eine Handcreme finden, die denselben Bekanntheitsgrad vorweisen kann. Produkte der Tal-Linie liegen in den Regalen fast aller Schweizer Drogerien und Apotheken auf, rund 2200 an der Zahl.

Durch und durch schweizerisch

Weniger bekannt, zumindest abseits des Prättigaus, ist der Ursprung der Tal-Produkte. Im Labor mitentwickelt wurden sie 1975 vom Saaser Chemiker und Drogist Erich Lüscher. Mit seiner Kübliser Parsenn-Produkte AG startete der heute 84-Jährige damals zur Eroberung des Schweizer Marktes. Produziert wird die stets nach neuesten kosmetischen Erkenntnissen hergestellte Produktelinie nicht in ausländischen Fabriken, sondern im Kanton Appenzell Ausserrhoden. «Es ist also eine durch und durch schweizerische Erfolgsgeschichte», sagt dazu Oliver Lüscher. Zusammen mit seinem Bruder Christian führt er heute das Familienunternehmen.

Zum aktuellen 45-Jahre-Jubiläum wäre eine weitere Expansion innerhalb der Schweiz eine Option, theoretisch zumindest. Coop und Migros wurden schon vor Jahren vorstellig. Gerne hätten die beiden Grosshandelsriesen ihr Kosmetik- und Pflegesortiment mit dem Topprodukt Tal ergänzt. Doch die Prättigauer verzichten bis heute auf diesen Coup. Sie setzen weiterhin nur auf den Fachhandel. Oliver Lüschers Begründung: «Wir bieten in der Schweiz verschiedene Linien mit mehreren Produkten an. Durch den Fachhandel ist die kompetente Beratung dazu gesichert.»

Der Osten lockt

Wenn nicht im Inland, dann eben ins Ausland, sagten sich Christian und Oliver Lüscher. Zusammen mit den 18 Mitarbeitenden stecken sie sich jetzt ein neues Ziel: «Wir wollen im Nahen und Fernen Osten Fuss fassen», sagt Oliver. Im letzten Jahr verliess die erste Lieferung mit Tal-Produkten die Schweiz Richtung Taiwan. Dort arbeitet die Parsenn-Produkte AG mit einem Grosshändler zusammen, mit diesem soll nun ein Verkaufsnetz im Riesenland China aufgebaut werden. Auch in Dubai lassen sich Cremes und Öle der Marke Tal bereits aus den Regalen greifen. «Seit letztem Herbst sind wir in der grossen Mall of Dubai präsent», so Oliver Lüscher.

Dass der Schritt ins Ausland nun resolut erfolgen soll, hängt auch mit dem dortigen Interesse zusammen. Oliver Lüscher erzählt, wie chinesische und saudische Feriengäste auf den Verkaufsschlager ihrer Unternehmung aufmerksam wurden. «Sie haben die Tal-Produkte in der Schweiz gesehen, gekauft und waren offenbar begeistert.» Es folgten Besuche in Küblis, Kontakte wurden geknüpft – und der Expansionsplan war geboren.

Wichtigster Teil dieses Plans ist das jüngste Kind aus dem Kübliser Labor: die Linie «Tal Absolue». Vorgestellt wurde sie im letzten November, es sind die ersten Tal-Erzeugnisse für die Gesichtspflege. Neben Cremen tüftelten die Prättigauer ein leichtes Feuchtigkeitsgel, ein sogenanntes Serum, aus. Dessen Blaulichtfilter aus Kakao soll ein «Haut-Burnout wegen blauem Smartphone- und Computer-Licht verhindern», wie es Oliver Lüscher erklärt.

Linie für den Export

Wie alle Tal-Produkte basiert auch das «Absolue»-Sortiment auf den Grundzutaten Bergquellwasser, Edelweissextrakt und Traubenkernöl. Entwickelt wurde es jedoch primär für den Export, nicht für den Heimmarkt. «Wir glauben, dass sich in China, Dubai oder Saudi-Arabien eine Gesichtslinie noch besser verkaufen lässt als eine Handcreme», begründet Oliver Lüscher.

Im Fokus steht bereits eine saudi-arabische Apothekenkette mit rund 1000 Läden. Lüscher hofft, in diesem Jahr eine erste Sendung Richtung Königreich verschiffen zu dürfen. Es soll der Start einer erfolgreichen Geschäftstätigkeit auf der arabischen Halbinsel sein. Die Zuversicht, dass sich die neuen Pläne in den nächsten Jahren erfolgreich in der Buchhaltung niederschlagen mögen, ist bei der Parsenn-Produkte AG gross: «In China und auf der arabischen Halbinsel stehen exklusive, reine und saubere Produkte aus den Schweizer Alpen hoch im Kurs», sagt Lüscher.

Keine Angst vor Kopien

Befürchtungen, die Chinesen könnten das Tal-Erfolgsrezept abkupfern und bald eigene, günstigere Imitate auf den heimischen Markt bringen, hegt Lüscher keine. «Überhaupt nicht, weil die Bündner Qualität nicht so einfach zu kopieren ist und in China eben Original-Produkte aus der Schweiz besonders gefragt sind.»

Hans Peter Putzi ist Redaktor. Er spricht für Radio Südostschweiz, manchmal schreibt er auch für die Zeitung «Südostschweiz» und «suedostschweiz.ch». Besonders gerne recherchiert er, mit Vorliebe in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Sicherheit, Umwelt und Sport. Er ist im hinteren Prättigau aufgewachsen und wohnt seit vielen Jahren im Bündner Rheintal. Mehr Infos

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