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Spezielle Makro-Kristallstrukturen schlucken tiefe Töne

Forschende der Empa haben spezielle Kristallstrukturen entwickelt, die die Ausbreitung von Schallwellen abschwächen. Mit ihrer Methode lassen sich Baustoffe entwerfen, die auch tiefe Frequenzen besonders gut abfangen.

Agentur
sda
14.10.19 - 13:09 Uhr
Wirtschaft
Empa Forscher haben makroskopische Kristallstrukturen entwickelt, die je nach Konfiguration bestimmte Frequenzen schlucken oder weiterleiten.
Empa Forscher haben makroskopische Kristallstrukturen entwickelt, die je nach Konfiguration bestimmte Frequenzen schlucken oder weiterleiten.
Empa

Wenn die Party in direkter Nachbarschaft länger dauert, sind es insbesondere die Bässe, die den Schlaf stören. Ein Team der Forschungsanstalt Empa hat nun die Basis für formfeste und dabei leichte Baustoffe gelegt, die insbesondere auch tiefe Frequenzen sehr gut abfangen können.

Das Forschungsteam um Andrea Bergamini hat sogenannte phononische Kristalle mit speziellen Zusatzeigenschaften versehen, wie sie im Fachblatt «Nature Communications» berichten. Unter phononischen Kristallen versteht man makroskopische Kristallstrukturen, die mit Schallwellen auf spezielle Weise wechselwirken und diese streuen. So «schlucken» sie ganz bestimmte Frequenzbereiche an Schallwellen, lassen andere aber passieren.

Drehbare Teller

Bergamini und sein Team bauten in solch phononische Kristallstrukturen etwas ein, das man als kleine, drehbare Teller umschreiben könnte. Diese setzen Schwingungen entlang der Längsachse in Drehbewegungen um, wie die Empa am Montag in einer Mitteilung schrieb. Dadurch lasse sich die Schwingung nicht nur in verschiedene Raumrichtungen streuen, sondern auch in Wärmeenergie umwandeln. Je nach Grösse der Teller wechselwirken sie mit anderen Frequenzbereichen.

In einem weiteren Schritt koppelten die Forschenden mehrere dieser Drehteller miteinander. Je nach Art dieser Kopplung kann die entsprechende Kristallstruktur einen breiten Frequenzbereich schlucken oder aber weiterleiten.

Gesprochenes wird unverständlich

Die Empa-Wissenschaftler haben auch eine erste mögliche Anwendung für die Kristallstruktur mit Schall-schluckender Konfiguration getestet: Bergamini konstruierte ein Fenster aus zwei Plexiglasscheiben, in welche entsprechend gekoppelte Drehteller integriert waren. Die Grösse dieser Drehteller war so gewählt, dass bestimmte Frequenzen aus der menschlichen Sprache herausgefiltert wurden. Das Ergebnis: Eine sprechende Person hinter diesem «Kryptografie-Fenster» ist zwar gut zu sehen und gedämpft zu hören, der Inhalt aber nicht mehr zu verstehen.

Auf Basis dieses physikalischen Tricks liessen sich schallisolierende Baustoffe herstellen, die bis zu 100 mal leichter sein können als phononische Isolatoren mit gleicher Wirkung, schrieb die Empa. Das gezielte Herausfiltern störender Frequenzen könnte dabei sowohl für Architektur als auch für Flugzeug- und Fahrzeugbau interessant sein.

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