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Landbesitzer durchkreuzt JMS-Pläne

Die JMS-Tochter Schmucki Kies & Tiefbau AG muss bei ihrem Deponie-Projekt in Ermenswil zurückkrebsen: Ein Landeigentümer fühlt sich übergangen und will sein Land nicht abtreten. Nach langem Schweigen räumt die JMS ein: Das Projekt wird angepasst.

Urs
Schnider
08.10.19 - 10:01 Uhr
Wirtschaft
Pläne durchkreuzt: Ein Grundeigentümer will sein Land nicht für den Bau einer Deponie hergeben. Das Projekt wird angepasst.
Pläne durchkreuzt: Ein Grundeigentümer will sein Land nicht für den Bau einer Deponie hergeben. Das Projekt wird angepasst.
URS SCHNIDER

Ein Landbesitzer in Ermenswil stört sich am Vorgehen der JMS-Tochter Schmucki Kies & Tiefbau AG in Ermenswil. Diese betreibt dort seit Jahren Kiesabbau. Nun möchte sie diesen intensivieren und eine Deponie für unbelasteten Aushub sowie leicht belastete Bauabfälle errichten und betreiben (die «Linth-Zeitung» berichtete).

Der Landbesitzer hat grundsätzlich nichts gegen die geplante Deponie. Wie das Unternehmen dabei vorgeht, stösst ihm jedoch auf: Etwa, dass er vorab nicht über die Abbau- und Deponiepläne informiert wurde. Erst drei Tage, bevor die Firma einen «Tag der offenen Kiesgrube» durchführte (Ausgabe vom 24. Juni), schrieb JMS-CEO Martin Jud in einer E-Mail: «Ich habe noch vergessen zu sagen, dass wir Land von Dir brauchen.» Aber auch, dass Anfang Jahr auf seinem Land ohne sein Wissen eine Nagelfluhbank abgetragen wurde, kritisiert er (siehe Box).

«Gebaren ist eine Frechheit»

Der Eschenbacher SP-Politiker Ivo Kuster bekämpft die geplante Deponie mit einem Verein, der derzeit in Gründung steht (depo-nie.ch). Kuster unterstützt den Landbesitzer. Er sagt: «In Tat und Wahrheit nutzt die JMS seither 230 Quadratmeter Land auf der Liegenschaft und beutete bisher darauf über 500 Kubikmeter Kies aus.» Und erst drei Tage vor offizieller Bekanntgabe des Projekts wollte man die Sache mit dem Grundeigentümer klären. Die Informationsunterlagen waren zu diesem Zeitpunkt vorbereitet und die Bevölkerung in der Gemeindepublikation «herzlich eingeladen» worden, sich ein Bild über das Projekt zu machen.

JMS-CEO Jud habe dem Landeigentümer vorgeschlagen, man könne die Sache am Tag der offenen Kiesgrube anschauen. Da erwarte er schon mehr, als zwischen Stuhl und Bank über die Abgabe seines Landes zu sprechen, sagte der Landeigentümer gegenüber der «Linth-Zeitung». Kuster kritisiert: «Das Gebaren der JMS ist schlicht eine Frechheit.» Er könne sich nicht vorstellen, dass die Eschenbacher Bevölkerung dieser Firma noch Glauben schenken könne, wenn sie bereits im Vorfeld derart mit Landeigentümern umspringe.

Über 3500 Quadratmeter Land

Es geht um viel Land. Zwei Streifen werden für die geplante Deponie und das angepriesene Projekt benötigt. Über 3500 Quadratmeter Land müsste der Eigentümer abgeben. Brisant: Die Verantwortlichen der JMS behaupteten auch auf mehrmaliges Nachfragen, für das Projekt benötige man nur Land von der Ortsgemeinde Rapperswil-Jona (rund 26 000 m²). Diese sei mit den Plänen einverstanden. Bettina Jud von der JMS versicherte am 26. August: «Es gibt keine weiteren Landeigentümer.» Auch sagte die JMS-Kaderfrau: «Es wissen alle Grundeigentümer inklusive Pächter von dem Vorhaben.» Die Frage, ob die Einverständniserklärungen der Landbesitzer vorliegen, wollte Jud nicht beantworten. Das Projekt sei in Überarbeitung bei den Fachplanern, sagte sie nur dazu (Ausgabe vom 7. September).

«Gebe mein Land nicht her»

Der Landbesitzer äusserte sich im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens der Gemeinde Eschenbach. Er schrieb in einem Brief an die Gemeinde: Er nehme aus den Unterlagen der Deponie/Kiesgrube zur Kenntnis, dass man aus irgendeinem Grund von seiner positiven Haltung gegenüber dem Projekt ausgehe. Er stellte klar: «Ich gedenke in keinster Weise, für ein solches Vorhaben unsere Grundstücke zur Verfügung zu stellen.»

Der Gemeinde Eschenbach ist der Inhalt des Briefs bekannt. Zur ablehnenden Haltung des Eigentümers bezüglich Landabtretung hält sie fest, sie sei nicht zuständig: «Wie sich die Bauherrschaft mit den Grundeigentümern ausgetauscht hat und ob Zusagen vorliegen, ist nicht Sache der Gemeinde. Das muss privatrechtlich zwischen Grundeigentümer und Bauherrschaft gelöst werden.» Die Gemeinde hält aber fest: «Wir sind klar gegen eine Enteignung.»

Projekt wird angepasst

Gegen Enteignungen ist auch der Kanton, wie Tensing Gammeter, Leiter Sektion Abfall und Rohstoffe beim Baudepartement, sagt. Zwar sei der Projektperimeter relevant, welcher schlussendlich mit dem Auflageprojekt und Baugesuch öffentlich aufgelegt werde. «Falls aber ein Grundeigentümer bis dahin nicht sein Einverständnis gegeben hat, ist davon auszugehen, dass das Projekt mit einem angepassten Perimeter aufgelegt wird.» Eine Enteignung stehe «momentan nicht» zur Debatte. Heisst übersetzt: «Das Projekt wird redimensioniert», wie Gammeter sagt.

Nun reagiert die JMS. Nach langem Schweigen – die erste Anfrage der «Linth-Zeitung» zu dieser Sache erfolgte am 10. September. Nach mehreren weiteren Anfragen schrieb Ueli Jud, Leiter Administrative Dienste + Liegenschaften, gestern: «Im Rahmen des Anhörungs- und Mitwirkungsverfahrens und im Verlauf persönlicher Gespräche stellten wir fest, dass der betroffene Landeigentümer sein Grundstück nicht zur Verfügung stellen möchte.» Selbstverständlich respektiere die JMS diesen Entscheid, so Ueli Jud. «Wir werden das Projekt entsprechend anpassen.» Weiter betont er: Die der «Linth-Zeitung» vorliegenden Unterlagen würden den Stand des Projekts zum Zeitpunkt der Anhörung und Mitwirkung widerspiegeln. «Sie dürfen davon ausgehen, dass wir die Rückmeldungen ernst nehmen und das Projekt darauf abgestimmt weiter verbessern werden.»

Umweltschützer gegen Deponie

Das scheint nötig, denn auch Umweltschützer haben sich gegen die Deponie ausgesprochen (Ausgabe vom 7. September). Etwa der VCS St. Gallen/Appenzell. Die Umweltorganisation kritisiert den Mehrverkehr: Rund 24 000 Lastwagen sollen pro Jahr zur Deponie Sonnenfeld oder von dort wieder wegfahren. «Je die Hälfte, also mehr als 12 000 Fahrten, sollen durch Eschenbach oder Rüti führen.» Diese enorme Belastung dürfe nicht hingenommen werden. Auch das Mitwirkungsverfahren bemängelte der VCS und schlug deswegen Gespräche mit der JMS aus. Wie Christina Bitschnau-Kappeler von der Geschäftsstelle betonte, sei der VCS zwar bereit für einen Termin, aber erst, wenn der Gemeinderat die Stellungnahmen gesichtet hat.» Dieser habe einen «sehr wichtigen Schritt» im Mitwirkungsverfahren einfach ausgelassen.

Alt Gemeindepräsident Josef Blöchlinger hatte die Eingaben des Mitwirkungsverfahrens im Alleingang an die JMS weitergegeben – ohne dass sie der Gemeinderat gesichtet hat. Das hatte Blöchlinger in einer Medienmitteilung anders dargestellt, wie die «Linth-Zeitung» am 7. September aufdeckte.

«Keine Deponie in Ermenswil»

Klar ist: Der VCS will keine Deponie in Ermenswil. «Es müssen Deponiestandorte gewählt werden, die nahe an der Autobahn liegen.» Es wird auf die geplante Deponie St. Dionys in Rapperswil-Jona hingewiesen. Dieser Standort sei sinnvoller, da er wenige Meter neben der Ausfahrt der A53 liege.

Die JMS schreibt zur Kritik am Mitwirkungsverfahren: Die im Planungs- und Baugesetz definierten Vorgaben seien «sehr vage definiert». Es stelle deshalb eine koordinative und kommunikative Herausforderung dar.

JMS «verfügte» schon früher über fremdes Land
Im Frühjahr 2019 kam es zu einem Vorfall, bei welchem Land abgetragen wurde – ohne dass der Eigentümer informiert wurde. Überraschend sei damals festgestellt worden, dass eine Kiesrippe auf seinem Land einsturzgefährdet sei. So plötzlich sei die Situation aber nicht eingetreten, ist Deponiegegner Ivo Kuster überzeugt: «Bereits um die Jahrtausendwende sorgte sich der damalige Eschenbacher Gemeinderat gemäss Protokollen um den Abbau dieser Kiesrippe.» Und die Nordostschweizerischen Kraftwerke hätten ihre Strommasten um rund 100 Meter versetzt. 
Bereits vor rund 20 Jahren habe man also gewusst, dass die Kiesrippe labil sei, so Kuster. «Im Frühjahr 2019 wurden auf rund 230 Quadratmetern Fläche über 500 Kubikmeter Kies inklusive Grenzstein entfernt.» Niemand habe vom Unternehmer einen Nachweis verlangt, dass dies im Einvernehmen geschehe. Kuster findet klare Worte: «Das war entweder kreativer Landraub oder ein eigensinniger Umgang mit fremdem Eigentum.» Auf Rückfrage schrieb JMS-CEO Martin Jud dem Landeigentümer: «Leider habe ich es versäumt, Dich zu informieren.» Der Grundbesitzer findet das «speziell», Jud habe doch sämtliche Kontaktdaten. Die Firma JMS wollte sich zunächst nicht zu diesem Vorgehen äussern. Gestern schrieb sie nun aber dazu: Es habe sich um eine Notsituation gehandelt. «Beim Eingang zum Kieswerkareal lösten sich Felsformationen infolge Errosion.» Dieser Materialabbruch habe notfallmässig behandelt werden müssen, um der Sicherheit von Mensch und Anlagen zu entsprechen. Ein ähnlicher  Vorgang ereignete sich im Vorfeld zum Tag der offenen Kiesgrube. Der Landeigentümer wurde auch hier nicht 
informiert, dass die JMS für die Deponie Land von ihm benötigt würde.

Kommentar
Erst informieren, dann handeln
JMS Schmerikon muss erst zeigen,
dass sie Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt.
Ein Kommentar von Urs  Schnider
Stellen Sie sich vor, Sie wollen in Ihrem Garten einen Geräteschuppen aufstellen. Die Planung zeigt aber, dass dieser nicht ganz auf Ihr Grundstück passt und Sie ein Stück Land ihres Nachbarn benötigen. Es liegt wohl auf der Hand, dass Sie Ihren Nachbarn auf ein Glas Wein einladen und mit ihm darüber reden, wie die Situation geregelt werden könnte. Das gebietet ganz profan der Anstand – müsste man meinen.
Die JMS Schmerikon will auch einen Geräteschuppen – sprich: eine Deponie – bauen. Dafür benötigt ihre Tochterfirma die Schmucki Kies & Tiefbau AG ebenfalls fremdes Land. Nicht für einen Geräteschuppen, sondern um ihre Kiesgrube in Ermenswil auszubauen und gleichzeitig eine Deponie zu errichten, wo unbelastetes und leicht belastetes Baumaterial deponiert werden soll. Für das Projekt, das sie der Öffentlichkeit an einem «Tag der offenen Kiesgrube» vorstellte, hat sie rund 3500 Quadratmeter Land eines Grundeigentümers eingeplant – diesen aber nicht informiert.
Kein Wunder, dass der sich übergangen fühlt und nun klemmt. Er will sein Land «in keinster Weise für dieses Vorhaben» hergeben, äussert er sich im Mitwirkungsverfahren gegenüber der Gemeinde Eschenbach. Auch in einem anderen Fall verfügten die Behörden zusammen mit dem Unternehmen über das Land desselben Grundeigentümers (siehe Box oben). Auch hier erhielt der Grundeigentümer im Nachhinein eine E-Mail der JMS-Verantwortlichen, dass sie «es versäumt hätten», ihn zu informieren. Nicht einmal eine halbherzige Entschuldigung kam vonseiten der Firma. Das ist starker Tobak. Das Vorgehen hinterlässt den Eindruck, die JMS sei es sich gewohnt, dass sie schalten und walten kann, wie sie will. Diesen Eindruck stärkt der ehemalige Präsident der Gemeinde Eschenbach, Josef Blöchlinger. Er diente im Mitwirkungsverfahren der JMS zu, indem er ihr die Eingaben der Bürger zukommen liess, bevor seine Gemeinderatskollegen diese gesichtet hatten. Der Öffentlichkeit gaukelte Blöchlinger jedoch in einer Medienmitteilung vor, der Gemeinderat werde diese sichten und erst dann würden die Unterlagen an die JMS gehen (Ausgabe vom 7. September).
Dass sich die JMS fast einen Monat Zeit lässt, auf die Fragen der «Linth-Zeitung» zu reagieren – obschon mehrfach nachgefragt –, hinterlässt ebenfalls nicht den Eindruck, als würde man die Einwände und Sorgen der Bevölkerung bei der Planung dieses Deponie-Projekts ernst nehmen, wie stets versichert wird. Die JMS ist eine erfolgreiche und einflussreiche Firma. Vielleicht ist sie es sich deswegen gewohnt, erst zu handeln und dann zu informieren. Das kann aber nicht nur unter Nachbarn ins Auge gehen. Mit dem Fazit, dass Geräteschuppen oder Deponien kleiner werden als geplant.

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