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Schwitzen an Kiter und Himmelsleiter

Nach dem Parc da moviment in Trin hat Graubünden seine zweite Bewegungspark-Pilotanlage. Sie steht in Tschappina-Obergmeind und stammt von A bis Z aus einheimischer Produktion. Extra für diesen Zweck gegründet: die Firma Bewegr GmbH.

Jano Felice
Pajarola
19.09.19 - 10:00 Uhr
Wirtschaft
Das Bewegr-Team – Heinz Salzgeber, Michael Balzer, Stephan B. Kaufmann und Thomas Häusermann (von links) – trainiert an der Sprungwippe.
Das Bewegr-Team – Heinz Salzgeber, Michael Balzer, Stephan B. Kaufmann und Thomas Häusermann (von links) – trainiert an der Sprungwippe.
JANO FELICE PAJAROLA

Die Testphase ist bestanden, seit gestern ist er in Betrieb: der Parc da moviment in der Obergmeind bei Tschappina. Vor der Kulisse des Piz Beverin und direkt neben dem gleichnamigen Berghaus befindet sich die zweite Pilotanlage des vom Kanton geförderten Bewegungsprogramms, und ihr geistiger Ideengeber, der in Chur tätige Sportlehrer Michael Balzer, demonstriert die insgesamt neun Geräte, die unter der Ägide des Tourismusverbands Oberheinzenberg mit den Gemeinden Flerden, Urmein und Tschappina realisiert worden sind. Zum Beispiel den Kiter, den Blickfang des Parc da moviment, einen Holzkegel, den man schwingend umrunden kann. Oder die Himmelsleiter, an der man sich wie beim Eisklettern hochhangelt, hinauf zum aufwendig gebauten Gestell des Hängegleiters, der einem ein Rumpftraining in Bewegung erlaubt. Ein Fitness-Angebot der innovativen Art – unter freiem Himmel.

Der Kanton hilft aktiv mit

«Das schönste Fitnesscenter ist ja der Kanton Graubünden», meint Hanspeter Brigger, Programmleiter Bewegung und Ernährung beim Gesundheitsamt des Kantons. Im Rahmen der Initiative «Bisch fit?» hat Brigger mit Graubündensport-Leiter Thierry Jeanneret die Grundidee hinter den Parcs da moviment entwickelt: «Es geht darum, den Gemeinden zu helfen, attraktive Bewegungs- und Begegnungsräume zur Verfügung zu stellen», erklärt Brigger. Zu diesem Zweck gebe es eine Unterstützung von jeweils maximal 20 000 Franken aus dem Sportfonds als Ansporn für die Gemeinden, ein Projekt zu initiieren, aber auch ein «Beratungspaket» seitens der Ämter sei geschnürt.

«Wir freuen uns, dass nun mit Trin und der Obergmeind zwei verschiedene Modelle für den Parc da moviment bereit sind», so Brigger. In Trin würden vor allem Kinder und Jugendliche angesprochen, in Tschappina sei die Anlage mehr auf die sportliche Leistung ausgerichtet. Laut Jeanneret steht es Gemeinden frei, in welche Richtung sie gehen möchten. «Die ideale Lösung ist vielleicht auch eine Mischung aus beiden Modellen», vermutet er. «Ein Parc da moviment soll ja generationenübergreifend die gesamte Bevölkerung ansprechen. Wenn möglich, sollen sich alle am Bewegen beteiligen – vom Kind über die Eltern bis zu Nana und Neni.»

Klar abgegrenzt von Spielplätzen

Klar definiert sei notabene die Abgrenzung zum typischen Spielplatz, betont Brigger; so müsse im Gesamtkonzept das Training der verschiedenen Muskelgruppen und motorischen Basisfähigkeiten berücksichtigt sein. «Die Bewegungspärke sollten auch an die örtlichen Umstände angepasst sein und einen spezifisch bündnerischen Charakter haben.» In der Obergmeind ist das gelungen – nicht zuletzt dank Balzer. In Trin sei es mit dem Parc-Projekt recht schnell vorwärts gegangen, erinnert sich Jeanneret, «da dachten wir, Geräte selber zu entwickeln und herzustellen, sei aus Zeit-, Sicherheits- und Kostengründen nicht möglich.» Auf Balzers Anregung hin sei es in Tschappina dann trotzdem versucht worden, «und so hat sich eins aus dem andern ergeben. Das Beispiel Tschappina zeigt, dass es doch möglich ist. Und natürlich ist es schön, dass es ein Bündner Produkt geworden ist.»

Realisiert hat den Park in Tschappina die Bewegr GmbH – extra gegründet von Balzer, Holzbauer Heinz Salzgeber, Werber Thomas Häusermann und Touristiker Stephan B. Kaufmann. Ihren Ursprung hat er in der Idee, in der Obergmeind ein «Zugangsportal» zum Erlebnisweg «Glaspass – ein Berg im Fluss» zu schaffen; der Park ist deshalb auch der Abschluss dieses regionalen Entwicklungsprojekts. «Dass sich dann alles so ergibt, hätte ich nie gedacht – da sind wohl einfach die richtigen Leute zusammengekommen», meint Kaufmann schmunzelnd. Als man sich entschieden habe, eigene Entwicklungen zu bauen, habe er anfangs einigen Respekt gehabt, ergänzt Balzer. Aber an den sonst üblichen «Fertigprodukten» habe er sich immer gestört. Bei Bewegr setze man auf möglichst einfache Materialien, «aber durchdacht muss es sein», betont Kaufmann. Kostenmässig müsse man für eine Anlage wie in der Obergmeind mit etwa 110 000 Franken rechnen, aber genau so werde man sie wohl nicht reproduzieren, sondern jeweils an die Ortssituation anpassen.

National positive Reaktionen

Das Konzept der Parcs da moviment mit Begleitung durch den Kanton habe man auch schon an nationalen Tagungen präsentiert, erklärt Brigger, so erst gerade letzte Woche in Magglingen – «die Reaktionen sind sehr positiv». In Graubünden gibt es laut Jeanneret bereits mehrere weitere Gemeinden, die Interesse an einem Bewegungspark haben. Es sei aber noch zu früh, um Namen zu nennen.

Jano Felice Pajarola berichtet seit 1998 für die «Südostschweiz» aus den Regionen Surselva und Mittelbünden. Er hat Journalismus an der Schule für Angewandte Linguistik in Chur und Zürich studiert und lebt mit seiner Familie in Cazis, wo er auch aufgewachsen ist. Mehr Infos

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