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Teleskop eRosita auf dem Weg ins All - Dunkler Energie auf der Spur

Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxien - das Röntgenteleskop eRosita soll diese in bisher unerreichter Auflösung erforschen. Die deutsch-russische Mission startet in Kürze; die Erwartungen sind hoch.

Agentur
sda
14.06.19 - 10:49 Uhr
Wirtschaft
Das Röntgenteleskop eRosita kann sechs Milliarden Jahre in die Vergangenheit zurückblicken. (Handout)
Das Röntgenteleskop eRosita kann sechs Milliarden Jahre in die Vergangenheit zurückblicken. (Handout)
Keystone/DPA MPE/PETER FRIEDRICH

Mit Röntgenstrahlen den Kräften des Urknalls auf der Spur: Das deutsche Teleskop eRosita soll Forschern einen neuen erhellenden Blick auf die Dunkle Energie des Universums ermöglichen. Am Ende soll eRosita eine Himmelskarte liefern, die das Universum und seine Entwicklung in bisher unerreichter Qualität abbildet. Am kommenden Freitag (21.6.) soll eine russische Rakete das Teleskop als Teil des Weltraumobservatoriums Spektrum-RG vom Weltraumbahnhof Baikonur ins All bringen.

Die Hoffnungen sind gross. «Ich will nicht sagen, dass wir das Rätsel um diese Dunkle Energie lösen werden, aber wir sind ihr zumindest auf der Spur», sagt Peter Predehl, wissenschaftlicher Leiter von eRosita beim Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München. «Das Teleskop bietet ein riesiges Potenzial.»

Über Röntgenstrahlung soll eRosita (extended Roentgen Survey with an Imaging Telescope Array) die Entwicklung des Alls und seine Strukturen sichtbar machen. Weil Licht von fernen Galaxien lange unterwegs ist, kann das Teleskop bis zu sechs Milliarden Jahre zurückblicken.

Rückblick auf sechs Milliarden Jahre

Der Schlüssel sind Galaxienhaufen, Ansammlungen von Tausenden Einzelgalaxien, die durch Schwerkraft aneinander gebunden sind. «Galaxienhaufen bilden eine grossräumige Struktur, die einem kosmischen Netz ähnelt», sagt Predehl. Die Verteilung der Galaxienhaufen zeigt, wie sich das Universum seit dem Urknall ausdehnt.

Das wird massgeblich bestimmt durch die Dunkle Energie, die weiter unsichtbar bleibt. Für eRosita werden die Kräfte durch 100 Millionen Grad heisses Gas in den Galaxienhaufen erfassbar: Die Temperatur ist so hoch, dass das Gas Röntgenstrahlung aussendet, die eRosita aufnimmt.

Das Teleskop wird nicht in erster Linie einzelne Galaxienhaufen beobachten. «Wir tasten den gesamten Himmel komplett ab und werden auf dieser Datengrundlage eine Himmelskarte erstellen können», sagt Thomas Mernik vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

100'000 Galaxienhaufen analysieren

Etwa 100'000 Galaxienhaufen soll eRosita binnen vier Jahren identifizieren und ihre Verteilung im Universum bestimmen. Damit knüpft eRosita an die Forschung des deutschen Satelliten Rosat an, der acht Jahre Daten aus dem All lieferte und 2011 ausgedient im Indischen Ozeans versank.

Rosat hatte unter anderem mehr als 150'000 neue kosmische Röntgenquellen gefunden. Mit neuer Technik ist eRosita zwanzigmal empfindlicher als Rosat. Sieben Spiegelsysteme bilden die Optik. Im Brennpunkt jedes Spiegelsystems sitzt eine hochempfindliche, eigens für die Mission entwickelte Kamera.

Dreimonatige Reise

US-Forscher hatten 1948 die Röntgenastronomie begründet, als sie die Röntgenstrahlung der Sonne bei einem Höhenflug einer erbeuteten deutschen V2-Rakete entdeckten. Zuvor war die Röntgenstrahlung ausserhalb der Atmosphäre unbekannt. Denn die Lufthülle der Erde hält die Strahlen ab.

Observatorien wie Spektrum-RG, das neben eRosita das russische Teleskop ART-XC trägt, werden deshalb auf Satelliten stationiert. ART-XC und eRosita messen in unterschiedlichen Energiebereichen und werden bei der Beobachtung von Galaxienhaufen teils zusammenwirken.

Nach drei Monaten wird eRosita den Zielbereich in etwa 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde erreichen. «Erste Ergebnisse sind vielleicht Anfang September zu erwarten», sagt Predehl.

Auch eRosita wird Dunkle Energie und Dunkle Materie, die zusammen 95 Prozent des Weltalls ausmachen, nicht direkt zeigen können, sondern nur die Wirkung ihrer Kräfte. Der grösste Teil des Universums bleibt ein Mysterium. Predehl: «Dunkel heisst hier: Wir wissen es nicht.»

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