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Ohrfeige für Bayer-Chef: Keine Entlastung durch Aktionäre

Die Aktionäre von Bayer haben der Führungsspitze des Agrarchemie- und Pharmakonzerns das Misstrauen ausgesprochen. Auf der Generalversammlung am Freitag in Bonn stimmten 55,5 Prozent des anwesenden Grundkapitals gegen eine Entlastung.

Agentur
sda
27.04.19 - 00:49 Uhr
Wirtschaft
Die Anteilseigner von Bayer haben der Führung des Pharma- und Agrarchemiekonzerns um Konzernchef Werner Baumann am Freitag einen historischen Denkzettel verpasst.
Die Anteilseigner von Bayer haben der Führung des Pharma- und Agrarchemiekonzerns um Konzernchef Werner Baumann am Freitag einen historischen Denkzettel verpasst.
KEYSTONE/EPA/SASCHA STEINBACH

Das ist ein herber Rückschlag für Konzernchef Werner Baumann: 2018 war die Konzernführung noch mit rund 97 Prozent entlastet worden. Das Votum hat zwar keine direkten Folgen, darf aber als schallende Ohrfeige für die Geschäftsleitung verstanden werden.

Baumann hatte die umstrittene Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto im vergangenen Jahr durchgezogen - aus Sicht zahlreicher Grossaktionäre war dies eine schlechte Entscheidung, auch weil wegen einer Klagewelle in den USA hohe Schadenersatzzahlungen drohen.

Novum in Deutschland

Für die Entlastung der Bayer-Geschäftsleitung wurden am Freitag nur 44,48 Prozent der Aktionärsstimmen abgegeben. Dem Verwaltungsrat sprachen zwar auf der mehr als zwölf Stunden dauernden Generalversammlung 66,38 Prozent des anwesenden Kapitals das Vertrauen aus. Üblich sind in Deutschland aber Zustimmungsraten von 95 Prozent und mehr.

Die Aktien des Traditionsunternehmens sind seit langem im Keller, durch die Kursverluste haben Aktionäre oftmals Vermögenseinbussen hinnehmen müssen. Baumann verteidigte den Schritt zur Übernahme des US-Konkurrenten für rund 63 Milliarden Dollar auch auf der Generalversammlung erneut als richtig und betonte, dass sich der Kauf auf lange Sicht auszahlen werde. Die Geschäftsleitung habe die Chancen und Risiken des Zukaufs sorgfältig abgewogen, betonte er am Freitag. Verwaltungsratschef Werner Wenning entschuldigte sich dafür bei den Anteilseignern: «Das bedauern wir sehr.» Das heutige Aktionärstreffen sei «keine Routine-Hauptversammlung».

Grösseres Chaos

Die Sorgenfalten der Aktionäre konnte er damit nicht glätten - manche von ihnen befürchten sogar, dass Bayer selbst aufgekauft und zerschlagen werden könnte.

Ob Baumanns Stuhl nun wackelt, ist offen. Viele Kritiker hatten zwar die Entlastung verweigert, verstanden dies aber eher als Denkzettel. Aktionärsvertreter Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka etwa wies trotz seiner Kritik am Monsanto-Deal darauf hin, dass ein Stühlerücken an der Konzernspitze «das Chaos noch vergrössern» würde.

Der Verwaltungsrat stärkte noch in der Nacht auf Samstag dem Management nach dem Misstrauensvotum durch die Aktionäre den Rücken. Das Kontrollgremium stehe geschlossen hinter der Geschäftsleitung, erklärte Bayer. Zuvor kam der Verwaltungsrat kurzfristig zu einer ausserordentlichen Sitzung zusammen. Bei dieser sei dem Konzernvorstand einstimmig das Vertrauen ausgesprochen und der Strategie des Unternehmens erneut ausdrücklich zugestimmt worden. «Wir nehmen das Abstimmungsergebnis der Hauptversammlung sehr ernst», erklärte Aufsichtsratschef Werner Wenning weiter. Das Gremium werde den Vorstand dabei unterstützen, das Vertrauen der Aktionäre in das Unternehmen und seine Strategie «schnellstmöglich und vollständig wieder zurückzugewinnen».

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