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Bautätigkeit geht zurück, Exporteure müssen kämpfen

Schwaches Wachstum in wichtigen Exportländern, Handelsstreit, politische Unsicherheiten und der nach wie vor starke Franken: 2018 war kein einfaches Jahr für die hiesigen Unternehmen. Das dürfte sich auch 2019 nicht grundlegend ändern. Es gibt aber Lichtblicke.

22.01.19 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Ein Mitarbeiter der Feinstanz AG richtet eine Rohmaterialspule auf der Feinschneidepresse ein.
Ein Mitarbeiter der Feinstanz AG richtet eine Rohmaterialspule auf der Feinschneidepresse ein.
PRESSEBILD

Für international tätige Unternehmen aus der Region war 2018 ein herausforderndes Jahr. Darin sind sich die befragten Geschäftsführer einig (siehe Infokasten). Einen guten Überblick über die Herausforderungen hat Beat Schiffhauer, Senior Strategieanalyst und Mitglied des Kaders der St. Galler Kantonalbank. Er erwähnt neben dem nach wie vor starken Franken auch das schwache Wachstum im für den Export wichtigen Nachbarland Deutschland. «Bemerkbar machte sich hier der Dieselskandal: Die EU-weite Einführung neuer Abgasmessungsverfahren führte auch in der Schweiz zu erheblichen Produktionsausfällen.» Zahlreiche Schweizer Unternehmen beliefern die deutsche Autoindustrie, die wegen des Dieselskandals Absatzprobleme bekam.

«Gute Organisation und fehlerfreie Ausführung sind entscheidend.»
Martin Jud, CEO JMS AG

In der zweiten Jahreshälfte habe die Wachstumsschwäche Chinas Spuren in der Schweizer Exportstatistik hinterlassen: «Chinas Volkswirtschaft, mittlerweile die zweitgrösste der Welt, zeigt Abschwächungen», sagt Schiffhauer. Dies hätten 2018 auch die Ostschweizer Exporteure zu spüren bekommen. Weil Chinas Wirtschaft weniger schnell wuchs, erhielten sie weniger Aufträge.

Der weiter schwelende Handelsstreit zwischen den USA und China habe die Sache nicht einfacher gemacht: «Er sorgt für zusätzliche Planungsschwierigkeiten für die Unternehmen. Bevor nicht mehr Klarheit herrscht, vertagen diese zum Teil wichtige Investitionsentscheide, was die weitere Entwicklung belastet», führt Schiffhauer aus.

Bautätigkeit geht zurück

Trotz dieser Unwägbarkeiten sei 2018 insgesamt ein gutes Jahr gewesen für die Ostschweizer Wirtschaft, sagt Schiffhauer. Dem stimmt auch Finanzanalyst und SVP-Kantonsrat Christopher Chandiramani zu (siehe Interview Seite 3). Wichtige Stützen waren laut Schiffhauer die insgesamt gute Nachfrage aus dem Ausland und die lokale Bautätigkeit. Auch für 2019 rechnet der Experte mit einer soliden wirtschaftlichen Entwicklung. Allerdings wird das Wachstum wohl eher moderat ausfallen: «Neben der globalen Abschwächung trägt auch die zu erwartende geringere Bautätigkeit hierzulande zur Abkühlung bei.» Zunehmende Leerstände und teilweise sinkende Mieten machten das Bauen trotz tiefer Zinsen weniger attraktiv.

Das sieht auch Martin Jud, CEO der Schmerkner Baufirma JMS AG, so: «Die weltpolitische Lage ist schwierig, und die Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und das künftige Bauvolumen sind schwer abzuschätzen.» Er rechnet mit einer leichten Abnahme in dem Geschäftsbereich, wobei sich dieser nach wie vor auf einem hohen Niveau befinde. Jud hat die Führung des Unternehmens Anfang 2018 in vierter Generation übernommen. Blickt er auf das Jahr zurück, kommen ihm die Worte herausfordernd, spannend und erfolgreich in den Sinn.

«Mittelfristig wird sich bestimmt auch der wirtschaftliche Erfolg einstellen.»
Florian Thoma, CEO Feinstanz AG

Für Jud gibt es zwei Schlüsselfaktoren, um auch in diesem schwierigen Umfeld erfolgreich zu bleiben: «Eine gute Organisation und eine fehlerfreie Ausführung sind entscheidend.» Herausfordernd sei auch die zunehmende Bürokratie. Der Baufirmenchef bedauert, dass er im vergangenen Jahr kaum Zeit gefunden habe, um hin und wieder Baustellen zu besuchen. Er erwartet, dass das neue Jahr intensiv und anstrengend, aber erfolgreich wird.

Optimieren und automatisieren

Einen Wechsel an der Spitze hat es auch bei der Firma Feinstanz AG aus Rapperswil-Jona gegeben: Anfang 2018 übernahm Florian Thoma die Leitung des Unternehmens. Er beschreibt sein erstes Jahr als herausfordernd, intensiv und verändernd: «Wenn ich zurück auf das blicke, was wir in einem Jahr bewegen und neu aufgleisen konnten, bin ich zufrieden», fasst Thoma zusammen. Es herrsche generell eine Aufbruchstimmung, und alle seien motiviert, das Unternehmen weiterzubringen.

Das solle durch die Umsetzung neuer Ideen gelingen. Der Kostendruck bleibe hoch, und Automatisierung und Prozessoptimierung seien weiterhin Knackpunkte: «Wir konnten in den letzten zwei Jahren in neue Produktionsanlagen investieren, was uns hinsichtlich Produktivität einen Schritt vorwärts gebracht hat. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel», sagt Thoma.

Drei Schwergewichte der hiesigen Industrie
Wie wichtig die Weidmann Holding AG, die JMS AG und die Feinstanz AG für die Wirtschaft in der Region sind, zeigt ein Blick auf die Kennzahlen: Die 1958 gegründete Feinstanz AG beschäftigt 70 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von rund 21 Millionen Franken. 85 Prozent der Produkte werden ins Ausland exportiert. Die Weidmann Holding AG ist ungleich älter und grösser: Sie wurde 1877 gegründet und beschäftigt heute an über 30 Standorten weltweit rund 3200 Mitarbeiter. Im letzten Jahr erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 367 Millionen Franken. Die JMS AG hat sich in den 90 Jahren seit der Gründung von einem traditionellen Baggerei- und Schiffsbetrieb zu einem Rundum-Anbieter für komplexe Bauprojekte entwickelt. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 330 Mitarbeiter, Zahlen zum Umsatz und zur Geschäftsentwicklung gibt das Familienunternehmen nicht bekannt. (dgr)

Das angestrebte Wachstum habe 2018 noch nicht erreicht werden können. «Den gestarteten Veränderungsprozess werden wir aber fortführen, und ich bin sicher, dass uns dies mittelfristig auch den gewünschten Erfolg bringen wird», blickt der Geschäftsführer voraus.

Strukturwandel ist im Gang

Thoma verschweigt nicht, dass das laufende Jahr Herausforderungen mit sich bringen wird: «Die turbulente und volatile Wirtschaftslage wird uns viel Flexibilität abverlangen. Als exportorientierte Unternehmung sind wir stark vom europäischen Umfeld abhängig, und negative Veränderungen oder Unsicherheiten spüren wir sehr intensiv.» Insbesondere die Akquisition von Neuaufträgen für das geplante Wachstum werde eine Herausforderung. Das Unternehmen müsse sich noch intensiver auf die Kundenanforderungen einstellen und den Vertrieb weiter professionalisieren und ausbauen. Die Unsicherheit bezüglich einer allfälligen weiteren Verschlechterung des Euro-Franken-Kurses bleibe im Hinterkopf. «Währungsschwankungen können unsere Planung innert kurzer Zeit stark beeinflussen.» Thomas Schlagworte für 2019 lauten denn auch «anspruchsvoll, spannend und wegweisend».

Auf die Frage, wie 2019 wird, antwortet Franziska Tschudi, CEO der Weidmann Holding AG aus Rapperswil-Jona: «Als Optimistin: besser!» Und bringt damit auch zum Ausdruck, dass 2018 nicht alles perfekt gelaufen ist: «Der Schweizer Franken bleibt für uns zu stark, wir kämpfen nach wie vor mit kürzeren Spiessen gegen die Konkurrenz aus dem Ausland.» Die Diskussion sei aber müssig, denn: «Wir müssen uns mit den Währungsschwankungen und dem starken Franken abfinden.» Unternehmensprozesse machten hierzulande nur dann Sinn, wenn sie einen Mehrwert böten. «Das ist im Vergleich zur Vergangenheit sicher anspruchsvoller geworden», sagt Tschudi.

«Als Optimistin bin ich überzeugt, dass 2019 ein besseres Jahr wird als 2018.»
Franziska Tschudi, CEO Weidmann Holding AG

Schwierigkeiten mit der Auslastung habe der Geschäftsbereich «Electrical Technology» gehabt. Die Firma stellt in diesem Bereich eine breite Produkt- und Dienstleistungspalette rund um das Thema Transformatoren an. «Wir stellen hauptsächlich Isolationsmaterialien und -komponenten oder Geräte für das Monitoring her», erklärt Tschudi. Die Trafos baut die Weidmann Holding nicht selbst, beliefert aber Unternehmen, die das tun.

Zwei Wirtschaftsexperten und drei Unternehmer
Für den diesjährigen Wirtschaftsrückblick nahm Strategieanalyst Beat Schiffhauer von der St. Galler Kantonalbank eine Einschätzung des Zustands der hiesigen Exportunternehmen vor. Martin Jud, Florian Thoma und Franziska Tschudi gaben überdies Einblick in die Entwicklung ihrer Unternehmen. Martin Jud übernahm Anfang 2018 bei der JMS AG aus Schmerikon, einer der grössten Baufirmen der Region, das Ruder. Florian Thoma führt seit etwas mehr als einem Jahr die Feinstanz AG in Rapperswil-Jona, die hochpräzise Bauteile aus Metall für verschiedenste Branchen fertigt. Franziska Tschudi ist CEO der Weidmann Holding AG, einem weltweit tätigen Unternehmen für technische Produkte und Dienstleistungen für die Elektrotechnik, Medizin und Pharmazeutik sowie weiterer Industrien mit Sitz in Rapperswil-Jona. Christopher Chandiramani ist SVP-Kantonsrat und Finanzanalyst und hat als Kenner der hiesigen Wirtschaft ebenfalls Fragen beantwortet. (dgr) 

Schwierig wurde es letztes Jahr, weil die chinesische Regierung nur sehr zurückhaltend in die Stromnetze investierte: «Folglich erhielten die Hersteller der Transformatoren weniger Aufträge, was auch uns als Zulieferer traf.» Insbesondere das Werk in Rapperswil-Jona habe das zu spüren bekommen. Mittlerweile sehe es aber wieder besser aus, verschiedene Grossaufträge stünden kurz vor der Vergabe.

Technologien und Patente

In allen Geschäftsbereichen seien Fortschritte in der Technologieentwicklung gelungen. «Entsprechend gewannen wir neue Kundenprojekte dazu», sagt Tschudi. Im Bereich «Fiber Technology», in dem die Weidmann Holding in Rapperswil-Jona ein Naturfaserwerk betreibt, hätten neue Patente angemeldet werden können.

Auch Tschudi spricht die Folgen von Handelskriegen, Abschottungstendenzen und politischen Unsicherheiten an. Diese Entwicklungen würden das international tätige Unternehmen treffen. «Hier spielt auch die ungeregelte Situation zwischen der Schweiz und der EU eine Rolle, die wir leider weder beeinflussen noch vorhersehen können.»

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