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Neuer Verein konkurrenziert Seerettung mit Pannendienst

Der Zusammenschluss von Wasserrettung und Feuerwehr in Rapperswil-Jona führte zum Eklat. Zahlreiche Seeretter sind nun in einem neuen Verein aktiv – mit eigenem Boot und eigener Notruf-App.

Jérôme
Stern
22.11.18 - 10:09 Uhr
Wirtschaft
Vereinspräsident Robert Hegner präsentiert das neu angeschaffte Rettungsboot, das die Seemannschaft Rapperswil im Hafen der Rosenstadt stationiert hat.
Vereinspräsident Robert Hegner präsentiert das neu angeschaffte Rettungsboot, das die Seemannschaft Rapperswil im Hafen der Rosenstadt stationiert hat.
JÉRÔME STERN

Es war eine Trennung mit unschönen Nebengeräuschen: Vor genau einem Jahr verliessen 14 von 20 ehrenamtlichen Rettern die Wasserrettung von Rapperswil-Jona. Auslöser des Exodus war die vom Stadtrat beschlossene Reorganisation, wonach der Rettungsdienst vollständig in die Struktur der Feuerwehr unter Kommandant Roland Meier integriert wurde.

Für Robert Hegner, einen der verärgerten Seeretter, kam die Neuorganisation einer Entlassung gleich. «Wir waren ein motiviertes und gut ausgebildetes Team mit viel Erfahrung. Verschiedene Weisungen des Feuerwehrkommandanten haben den Dienstbetrieb aber immer mehr erschwert», sagte Hegner damals gegenüber dieser Zeitung.

Eigene Notruf-App

Anstatt sich dem Kommando von Feuerwehr-Chef Meier unterzuordnen, gründete Hegner zusammen mit vier Rettern den Verein Seemannschaft mit ihm als Präsidenten. Künftig wollten sie sich so für Bootsbesitzer in Not als Pannenhelfer engagieren. Seit ihrer Gründung ist die Seemannschaft auf aktuell rund 80 Mitglieder angewachsen. Für den 34-jährigen Hegner, von Beruf wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule für Technik Rapperswil, gab es im ersten Vereinsjahr viel zu tun. So entwickelte er in monatelanger abendlicher Tüftelei eine raffinierte Notruf-App.

«Dank der Reorganisation hat die Wasserrettung nun eine klare Führungsstruktur.»
Roland Meier, Feuerwehr Rapperswil-Jona

Nach einem Telefonanruf eines Bootsbesitzers in Not erhalten alle 16 Seeretter des Vereins zeitgleich eine SMS mit allen Details zum Vorfall. Zudem erkennen sie mittels GPS auch die genaue Position des Bootes. Mit dieser Funktion sei man technisch fortschrittlich, sagt Hegner. «Die Wasserrettung hat wohl Radar, aber wenn man nicht weiss, wo ein Boot ist, nützt das nichts.» Die Hilfeleistung sei für Vereinsmitglieder übrigens kostenlos, fügt Hegner hinzu. «Allerdings sind wir keine Blaulichtorganisation. Falls sich ein Unfall ereignet und gar Verletzte versorgt werden müssen, verweisen wir Anrufer konsequent an die offizielle Notrufnummer 112.»

Sponsoren halfen mit

Mindestens so wichtig wie die Notruf-App war den Vereinsmitgliedern die Anschaffung eines eigenen Rettungsbootes. Seit März steht das kleine Boot im Rapperswiler Hafen für Notfälle bereit, wobei man den Kauf dank Sponsoren und grosszügiger Mitglieder stemmen konnte. Bei aller Hilfsbereitschaft sei der Vereinszweck ja nicht bloss Pannendienst, betont Hegner. «Wir wollen auch das nautische Interesse und das Gesellige fördern.» Deshalb gebe es einen monatlichen Höck sowie Kurse zu nautischen Themen wie etwa das Überbrücken oder Abschleppen von Booten. «Bei uns sind alle Böötler willkommen, die Interesse an Kameradschaft und Nautik haben», sagt Hegner.

Roland Meier, Feuerwehrchef und Leiter der Wasserrettung der Stadt, sagt, er habe kein Problem mit der neuen Konkurrenz durch die Seemannschaft. Den Eklat vor einem Jahr bedauert er. «Aber ich finde es seltsam, dass einige Retter damals lieber gingen, statt abzuwarten, wie sich die neue Organisation bewährt.» Und bewährt hat sich die Neustrukturierung aus seiner Sicht: «Damit erhielt die Wasserrettung eine klare Führungsstruktur.» Das sei im Notfall wichtig, denn dann hat man keine Zeit, zu diskutieren», so Meier. «Es braucht jemanden, der führt.»

Ebenso lobt er die neuen Ausbildungsmöglichkeiten, die sich für die Wasserrettung ergeben haben. «Die Retter profitieren von den Ausbildungsmöglichkeiten der Feuerwehr. Und sie können sich bis zum Feuerwehroffizier weiterbilden.» Rund 20 Mal musste die Wasserrettung in der vergangenen Saison ausrücken, wobei sie auch für Chemie-Unfälle im gesamten Obersee zuständig ist. Inzwischen ist es auf dem See allerdings ruhig geworden. «Jetzt ist für uns die Zeit, um unsere Boote zu reinigen.

Zustrom bei Seerettung

Kontrollfahrten machen wir natürlich regelmässig.» Konkurrenz durch die Seemannschaft gibt es für Meier nicht: «Wir sind eine Blaulichtorganisation und haben damit einen gesetzlichen Auftrag.» Das Interesse an der Wasserrettung sei gross. «Wir haben innerhalb eines Jahres rund 20 neue Leute aufgenommen, darunter auch Feuerwehrleute.»

 

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