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Sturm kostet Waldbesitzer viel Geld

Nicht nur die Natur leidet, sondern auch der Geldbeutel: Der Holzmarkt ist komplett zusammengebrochen.

17.11.18 - 04:34 Uhr
Wirtschaft
Hannes Jud, Präsident der Ortsgemeinde Maseltrangen (links) schmerzt der ökologische Verlust ebenso wie der finanzielle.
Hannes Jud, Präsident der Ortsgemeinde Maseltrangen (links) schmerzt der ökologische Verlust ebenso wie der finanzielle.
MARKUS TIMO RÜEGG

«Ich kenne diesen Wald seit Jahrzehnten. Zu sehen, wie ein Sturm Bäume ausreisst, die fast ein Jahrhundert gebraucht haben, um so gross zu werden, tut weh», sagt Hannes Jud. Er ist Präsident der Ortsgemeinde Maseltrangen, welcher das Gasterholz gehört, das vom Sturm stark in Mitleidenschaft gezogen wurde (siehe Artikel oben).

Der Schaden, welcher «Vaia» im Wald verursacht hat, ist das eine. Die finanziellen Konsequenzen das andere: «So etwas habe ich noch nie erlebt», sagt der 47-jährige Jud: «Weil aufgrund des Sturms in ganz Europa Millionen Kubikmeter Bäume verarbeitet werden müssen, wissen wir gar nicht mehr, wohin mit dem Holz.» Bisher habe Jud noch immer einen Abnehmer gefunden. «Je mehr anfiel, desto niedriger war der Preis, aber losgeworden bin ich es noch immer.» Nicht so im Moment: «Wir könne nichts weiter tun, als die überflüssigen Baumstämme am Wegrand zu lagern und zu hoffen, dass der Holzmarkt sich bald wieder erholt.»

Bäume waren noch zu jung

Die Menge an Holz, die zurzeit anfällt, sei das eine: «Dazu kommt, dass viele Bäume in einem Alter gefällt werden mussten, in dem die Stämme noch zu dünn sind, als dass sie zu Möbeln verarbeitet werden könnten», erklärt Jud. Holz wird in vier Qualitätskategorien eingeteilt. Um die höchste Kategorie zu erreichen, muss ein Baum auswachsen können und einen Stammdurchmesser von mindestens einem halben Meter erreichen. «Viele der Bäume, die dem Sturm zum Opfer gefallen sind, waren noch zu jung», erläutert Jud. Die dünnen Stämme können nun nicht als sogenanntes «Sägeholz» verkauft und zu Möbeln verarbeitet werden. «Daraus werden Dinge wie Bürsten oder Besenstiele gemacht. Ist die Qualität noch schlechter, wird es Brennholz, und wenn das Holz auch dafür unbrauchbar ist, wird es gehäkselt und in Holzschnitzelheizungen verbrannt.»

Wie hoch der finanzielle Schaden ist, welcher der Ortsgemeinde aufgrund der extremen Witterungsbedingungen erleidet, könne zurzeit noch nicht abgeschätzt werden. Aus mehreren Gründen: «Erstens sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Erst, wenn alle umgestürzten oder entwurzelten Bäume aus dem Wald geholt und kategorisiert wurden, wissen wir, ob wir mit dem Erlös aus dem Verkauf überhaupt die Kosten für die Arbeit decken können.» Dazu kommen die langfristigen Ertragsschmälerungen: «Hätten die Bäume auswachsen können, hätten wir in ein paar Jahrzehnten deutlich mehr dafür verlangen können.»

Versuch, positiv zu denken

Immerhin: Ein paar positive Apsekte kann Jud dem Ganzen trotzdem abgewinnen: «Gut ist, dass jetzt die kalte Jahreszeit anbricht. So können wir die Stämme am Waldrand lagern, ohne dass sich allzu schnell Verfärbungen breit machen, welche die Qualität des Holzes mindern.» Das klingt nach Zweckoptimismus. Jud sagt denn auch: «Hier im Wald erleben wir den Klimawandel hautnah mit. Die Veränderungen sind Tatsache; wir können nur lernen, damit zu leben.»


Stürme richteten nicht überall gleich viel Schaden an

von Barbara Schirmer

Die Stürme, die dieses Jahr in den hiesigen Wäldern gewütet haben, waren diese Woche auch an der Infoveranstaltung der Waldregion 4 in der Dröschi in Kaltbrunn das Hauptthema. Der Orkan «Vaia» im Oktober habe in der gesamten Waldregion  weniger Schaden angerichtet als «Burglind», «Evi» und «Friedericke» im Januar. «Kleinflächig hat Vaia aber enormen Schaden verursacht», sagt Regionalförster Rolf Ehrbar (siehe Artikel oben).

Anhand von Fotografien aus den sturmbetroffenen Waldflächen zeigte Ehrbar Schäden, die es im laufenden Jahr im Forst zu verzeichnen galt. Viele Bäume seien umgeknickt oder gar mit dem ganzen Wurzelballen aus dem Erdreich gerissen worden. Andere wiesen Risse auf, die in vielen Fällen nur beim genauen Hinschauen zu erkennen seien. «Wo die Baumstämme gerissen sind, können sich Pilze ansiedeln und Fäulnis ausbreiten. Beides hindert künftig den Baum an einem gesunden Wachstum», erläuterte Ehrbar. 
Auch die Trockenheit setzte den Bäumen zu. «Es tat weh zu sehen, dass Bäume grünes Laub abwarfen», erinnert sich Ehrbar. Das entspreche nicht dem normalen Vorgang. Grün abgeworfenes Laub zeige, wie gestresst die Bäume diesen Sommer gewesen seien, denn sie hätten nicht einmal mehr eine Herbstverfärbung gezeigt. Ehrbar betonte: «Welche Auswirkungen das Ganze auf diese Bäume hat, wissen wir noch nicht.»

Gemischte Waldstruktur

Mit Anspannung beobachtet der Förster die Entwicklung des Borkenkäfers. Er zeigte eine Grafik, welche belegte, dass sich Borkenkäfer-Populationen parallel zu den Sturmereignissen bewegen. Ehrbar befürchtet, dass als Folge der meteorologischen Ereignisse im kommenden Jahr mit einer Borkenkäferzunahme gerechnet werden muss (siehe vier Fragen an). Und dass sich wegen der Klimaerwärmung solche Wetterextreme und damit verbundene Schäden häufen. 
Daher gelte es, auf gestufte, gemischte Waldstrukturen zu setzen, mit Bäumen unterschiedlichen Alters. Denn diese halten nachweislich Unwetter und Extrembedingungen besser stand. Was den Borkenkäfer betrifft, hofft Ehrbar auf Frühjahrsbedingungen, welche die Ausbreitung des Käfers etwas eindämmen. 

Auch die Wertholzsubmission, die seit zwölf Jahren in Kaltbrunn durchgeführt wird, zeigte Spuren des Sturmes. «Wir hatten heuer sehr viel Nadelholz auf dem Platz», fasste Revierförster Sepp Kuriger zusammen. Auffällig sei, dass eine beachtliche Anzahl Douglasien- und Lärchenstämme dort zum Angebot standen. Diese zwei Baumarten gelten gemäss Aussage von Fachleuten als sturmresistent. Doch auch sie knickten unter «Burglinde» Kraft ein und fanden so den Weg auf den Holzausstellungsplatz in Kaltbrunn.

Höchstgebot für Riegelahorn

Den höchsten Preis erzielte ein Riegelahorn. Mit einem Durchmesser von 62 Zentimetern und einer Länge von 7 Metern brachte er seinem Besitzer 14 000 Franken ein. Kuriger betonte, dass auch für Weisstannen, einer im Markt eher weniger attraktiven Holzart, beachtliche Preise geboten wurden. Ein Tannenträmel sei für total über 2300 Franken gehandelt worden. Er verglich die Preise mit jenen, welche vom Holzhändler im Wald bezahlt werden und fasste zusammen: «Es lohnt sich, schöne Stämme an die Wertholzsubmission zu bringen.»

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