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Unbezahlte Krankenkassen-Prämien landen zuletzt beim Kanton

Drei Millionen Franken in Schuldscheinen stellen die Krankenkassen dem Kanton Graubünden 2017 in Rechnung. Das ist ein Wachstum um das Zehnfache seit 2013. Gründe sind ein Systemwechsel im Jahr 2012 und buchhalterische Unterschiede bei den zahlreichen Kassen.

05.10.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Die Krankenkassenprämien zu bezahlen, wird für immer mehr Leute schwierig.
Die Krankenkassenprämien zu bezahlen, wird für immer mehr Leute schwierig.
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Im Jahr 2017 haben die Sozialversicherungsanstalten (SVA) des Kantons Graubünden rund drei Millionen Franken an die Krankenkassen überwiesen für ausstehende Prämien, die von den Versicherten nicht bezahlt werden konnten. Wie in der SRF-Sendung «10vor10» letzte Woche berichtet wurde, ist das eine Verzehnfachung der Zahlungen im Jahr 2013.

Was auf den ersten Blick nach einem enormen Anstieg klingt, lässt sich mit zwei Umständen erklären, wie Rudolf Leuthold, Leiter des Bündner Gesundheitsamts erklärt. Grund eins ist sehr simpel: Erst seit dem Jahr 2012 sind die Kantone überhaupt verpflichtet, den Krankenkassen 85 Prozent der nicht bezahlten Prämienrechnungen zu erstatten. 

Den Dienstweg kann keine Krankenkasse abkürzen

Damit es im einzelnen Fall so weit kommt, muss die Krankenkasse bei den SVA des Kantons einen Schuldschein über die offene Prämie einreichen. Dieser Schuldschein wird vom Betreibungsamt ausgestellt, nachdem es erfolglos probiert hat, den geschuldeten Betrag einzutreiben. Den dafür notwendigen Dienstweg können die Krankenkassen weder umgehen noch abkürzen, erklärt Leuthold den Prozess von der Prämienrechnung bis zum ausgestellten Schuldschein.

Was die Kassen allerdings können, ist diesen Prozess verlängern. Und das liefert Grund Nummer 2 für den Anstieg. Eine grosse Krankenkasse wie die ÖKK hat ihre Debitorenbuchhaltung soweit automatisiert, dass das System automatisch die gesetzlichen Minimalfristen für Erinnerungen, Mahnungen und die Betreibung einhält, wie Patrick Eisenhut, Leiter Unternehmenskommunikation, gegenüber TV Südostschweiz erklärt.

Verzögern kann man den Prozess aber

Andere Krankenkassen dehnen diese Fristen aber hinten aus und verschicken zum Beispiel nur ein- oder zweimal pro Jahr Erinnerungen und Mahnungen. «Dadurch verzögert sich der ganze Prozess und die Schuldscheine häufen sich dann zeitlich versetzt an», erklärt Leuthold. Statt monatlich kleinere Summen trudeln so jährlich grössere Gesamtsummen bei den SVA ein.

Weil nun dieser Prozess 2012 überhaupt erst in Kraft getreten und die Krankenkassen da erst die Möglichkeit erhalten haben, nicht betriebene Prämien beim Kanton einzufordern, hat die unterschiedliche Mahnungs- und Betriebungspraxis der Krankenkassen dazugeführt, dass in den ersten Jahren das Volumen aller Schuldscheine noch relativ klein war. In den Folgejahren ist darum die Summe aller Schuldscheine scheinbar enorm stark angestiegen – von 300'000 Franken im Jahr 2013 auf die rund drei Millionen 2017.

Prämienverbilligungen in Graubünden konstant

Eine andere Begründung für den Anstieg, die der Krankenkassen-Experte von Comparis, Felix Schneuwly, im «10vor10»-Beitrag genannt hatte, sind Kürzungen oder Verweigerungen von individuellen Prämienverbilligungen durch die Kantone, die Menschen unterhalb eines gewissen steuerbaren Einkommens beantragen können. Dem widerspricht Rudolf Leuthold: «Seit 2013 hat der Kanton Graubünden nichts an seinem Umgang bei Prämienverbilligungen geändert.»

Eine zusätzliche Relation, in die man den Betrag von drei Millionen Franken setzen muss, ist das Gesamtvolumen an Prämien, die pro Jahr im Kanton Graubünden anfallen. Diese belaufen sich laut Leuthold auf über 600 Millionen Franken. Rund ein halbes Prozent kommt also nach Betreibungen als Schuldschein bei den SVA an. Gleichzeitig bezahlt der Kanton rund 100 Millionen Franken jährlich an individuellen Prämienverbilligungen an die Krankenkassen.

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