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Energiequelle für Fangnetze des Immunsystems

Um Bakterien und Pilze einzufangen und abzutöten, bauen weisse Blutkörperchen Netze aus DNA und toxischen Proteinen. Diese «Fangnetze» des Immunsystems sind nur dank einer zusätzlichen Energiequelle in diesen Abwehrzellen möglich, wie Berner Forschende berichten.

Agentur
sda
31.07.18 - 14:27 Uhr
Wirtschaft
DNA-Netze (rot abgebildet), die von Neutrophilen aufgestellt werden.
DNA-Netze (rot abgebildet), die von Neutrophilen aufgestellt werden.
Universität Bern/Institut für Pharmakologie

Neutrophile Granulozyten, kurz Neutrophile, sind eine bestimmte Art von weissen Blutkörperchen. Sie sind die am häufigsten vorkommenden Zellen des natürlichen Abwehrsystems des Menschen und für die Abtötung von Bakterien und Pilzen zuständig. Gibt es zu wenig Neutrophile oder funktionieren sie nicht richtig, drohen lebensgefährliche Infektionen.

Nun hat eine Forschungsgruppe der Universität Bern unter der Leitung von Hans-Uwe Simon vom Institut für Pharmakologie herausgefunden, dass Neutrophile zur Abtötung von Bakterien auf eine intakte Struktur ihrer Mitochondrien, den sogenannten «Kraftwerken der Zellen», angewiesen sind. Darüber berichteten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift «Nature Communications», wie die Uni Bern mitteilte.

Raffinierte Strategie

Bisher ging man davon aus, dass die in Neutrophilen nur wenig vorhandenen Mitochondrien keine besondere Bedeutung haben und lediglich für das natürliche Absterben dieser Zellen zuständig sind. Wie die Studie nun zeigt, erfüllen die Mitochondrien in Neutrophilen aber eine zentrale Funktion für die gesamte Immunabwehr.

Die Wissenschaftler schauten sich eine raffinierte Strategie der Neutrophile an, mit der sie Bakterien eliminieren. Die weissen Blutkörperchen spannen Netze aus DNA und toxischen Proteinen in der Blutbahn und im Gewebe. Damit können sie die Bakterien einfangen und abtöten.

Konkret untersuchten die Forschenden das Optic Atrophy 1 (OPA1) Protein in den Mitochondrien der Neutrophile. Dabei konnten sie nachweisen, dass dieses Protein nicht nur die Form der Mitochondrien, sondern auch deren Funktion bestimmt. Das OPA1-Protein in den Mitochondrien sorgt dafür, dass genügend NAD+ (Nicotinamid Adenin Dinukleotid) zur Verfügung steht - ein zentrales Molekül, um im Zellplasma zusätzliche Energie zu generieren.

Wichtige Zusatzenergie

Experimentell konnten die Wissenschaftler um Simon zeigen, dass diese Energie notwendig ist, um DNA aus den Mitochondrien in die Umgebung freizusetzen und DNA-Netze zur Abwehr von Infektionen zu bilden. Damit konnten sie nachweisen, dass OPA1 von grundlegender Bedeutung für das menschliche Immunsystem ist.

Aus diesen Beobachtungen leiten die Forschenden neue Therapieansätze zur Behandlung von Infektionskrankheiten ab, bei denen das OPA1-Protein in Neutrophilen gezielt aktiviert werden könnte.

An der Studie waren die Institute für Pharmakologie und Klinische Chemie der Medizinischen Fakultät sowie das Departement für Infektionskrankheiten und Pathobiologie der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern, die Kinderklinik des Inselspitals und weitere Forschungsgruppen aus dem In- und Ausland beteiligt.

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