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«Freuler» hat ausgeschenkt – am Samstagabend ist Schluss

Die «Freuler-Bar» in Glarus schliesst, wie sie geöffnet hat – überraschend. Gallus Hinder und Stefan Ströbl verabschieden sich am Samstag von ihren Gästen – mit einem lachenden und weinenden Auge.

Martin
Meier
29.06.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Überraschender Abschied: Gallus Hinder (links) und Stefan Ströbl kehren dem Gastgewerbe den Rücken.
Überraschender Abschied: Gallus Hinder (links) und Stefan Ströbl kehren dem Gastgewerbe den Rücken.
SASI SUBRAMANIAM

Noch gibt es die «Freuler-Bar». Und auch wenn in ihr keine Bundesräte gemacht wurden, gab es sie trotzdem, die Nächte der langen Messer, wie im «Café Fédéral» in Bern: in Glarus allerdings vor kleineren Volksbeschlüssen – wie den Gemeinde-, Landrats- und Regierungsratswahlen. Da wurde schon mal darüber diskutiert, was man «dem A.» noch Positives zuschreiben und «dem B.» noch Negatives anhängen könnte, aber immer mit dem nötigen Anstand.

Der Treffpunkt der Glarner

Die «Freuler-Bar» war Treffpunkt weiblicher und männlicher «Solisten», verschmuster Pärchen und Eheleute, von Arbeitnehmern und -gebern, der Bourgeoisie und der einfacheren Leute, der gesetzgebenden und vollstreckenden Gewalt. Das Motto war: sehen und gesehen werden.

«Tripadvisor» bezeichnet die «Freuler» als «die schönste Bar in Glarus». Die weltweit grösste Reise-Onlineplattform berichtet von der «riesigen Auswahl an wirklich leckeren Drinks und einer sehr freundlichen und aufmerksamen Bedienung». Und gibt den Tipp: «Gut geeignet für einen Schwatz, da der Lärmpegel durch die Musik nicht erhöht wird.»

Und dieser Treffpunkt verschwindet. Schon bald muss der Schwatz woanders abgehalten werden. Die Bar schliesst, so wie sie, vor über fünf Jahren, geöffnet hat, ohne Pauken und Trompeten – einfach klanglos.

«Auf in ein neues Abenteuer»

So einfach haben sichs die Pächter, Gallus Hinder und Stefan Ströbl, mit ihrem Entscheid nicht gemacht. «Wir gehen mit einem lachenden und weinenden Auge», sagen die beiden, so übereinstimmend, wie sie Hand in Hand auch die Drinks gemixt haben. Wobei sich das lachende Auge darauf bezieht, dass die beiden von der Gastwirtschaft, «ich nach 22 Jahren», konkretisiert Hinder, jetzt vorerst einmal absehen wollen. Beide möchten in ihrem Leben noch etwas anderes versuchen. «Auf in ein neues Abenteurer», freut sich Ströbl. «Ich bin offen für alle Job-Angebote», meint Hinder. Einen Traumberuf habe er nicht, sagt er, um scherzend nachzuwerfen. «Doch: ‘Empfangsdame’ bei der Glarner Kantonalbank.»

Aber da ist auch das weinende Auge: «Wegen unserer Gäste, die wir vermissen werden», meint Ströbl. «Aber wir gehen ja nicht ab dieser Welt», fügt Hinder an.

So wie die beiden nicht wissen, wie es mit ihnen weitergeht, wissen sie auch noch nicht, was aus ihrer «Freuler-Bar» wird. «Wir sind mit dem Hauseigentümer daran, neue Nachfolger zu finden», erklärt Hinder. «Das sind wir ihm schuldig. Er ist ein toller und fairer Vermieter.» Wann die «Freuler» wieder als Bar aufgeht, weiss auch Ströbl nicht. «Ich rechne mit Ende Sommer.»

Um 2 Uhr ist Lichterlöschen

Bis dahin darf nochmals in der «alten» «Freuler-Bar» eingekehrt werden. Noch stehen die gebrannten Wasser, 150 verschiedene Flaschen, für die beliebten, «wirklich leckeren» Drinks bereit: noch bis Samstagabend, oder genauer, bis Sonntagmorgen um 2 Uhr. Dann heisst es Lichterlöschen!

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