×

Nach einem Jahrzehnt ist der Moortraum ausgeträumt

25 Arbeitsplätze dank Erzeugnissen aus deutschem Torf und einer Produktelinie mit Schweizer Kräutern: Die Versprechungen waren gross, als die Firma Moor Store 2007 in Rabius aktiv wurde. Geblieben ist nichts.

Südostschweiz
08.06.18 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Keine Aktivitäten mehr: Der Moor Store in der Casa Tschuppina in Rabius steht seit über einem Jahr leer.
Keine Aktivitäten mehr: Der Moor Store in der Casa Tschuppina in Rabius steht seit über einem Jahr leer.
GIUSEP VENZIN

Von Jano Felice Pajarola

Kosmetik- und Medizinalprodukte aus deutschem Torfextrakt, von Rabius aus international vertrieben und zu einem späteren Zeitpunkt auch dort fabriziert; eine neu aufgebaute «Swiss Herbs»-Produktelinie mit Kräutern, von Landwirten in der Surselva kultiviert – die Ziele der 2005 in Brigels gegründeten Moorholding und ihrer Tochterfirmen Moor Store Swiss AG und Graubündner Moor- und Kräutermanufactur AG waren hoch gesteckt. 2007 wurden die Pläne des Brigelser Bauunternehmers und Politikers Faustin Carigiet (1940–2016) und des deutschen Erdbau-Ingenieurs Axel Eckart bekannt; die Rede war von anfangs acht bis zwölf, später 20 bis 25 neuen Arbeitsplätzen dank dem Projekt. Er verfüge in der Lausitz über eines der besten Heilmoore in Deutschland, so Eckart damals; mit seinen bereits existierenden Torfprodukten wolle er nun expandieren, von der Surselva aus. Die Gründe für die ungewöhnliche Standortwahl: Reines Wasser, Kräuter für die neue Linie und «gute Luft», so Eckart. Gemeinde und Region begrüssten die Initiative.

Keine Geschäftstätigkeit mehr

Die anfängliche Euphorie ist längst totaler Ernüchterung gewichen. Jüngster und wohl endgültig letzter Akt in der Geschichte der Rabiuser Moorfirmen: Seit wenigen Tagen ist die Moor Store Swiss AG in Konkurs.

Laut Albert Chistell vom Betreibungs- und Konkursamt Surselva hat ein Gläubiger diesen Konkurs verlangt. Andernfalls wäre sie wie die Holding und die Manufactur-AG bald von Amtes wegen gelöscht worden. Die drei Firmen weisen laut einer Publikation des Handelsregisteramts keine Geschäftstätigkeit mehr auf und verfügen angeblich auch über keine verwertbaren Aktiven. «Seit einem Jahr läuft da gar nichts mehr», sagt Chistell. Das bestätigt auch Sumvitgs Gemeindepräsident Armin Candinas. Der sogenannte Moor Store in der Fraktion Rabius, ein Laden mit diversen Naturprodukten, die letzte noch existierende Aktivität der konkursiten Firma, ist seit mehr als einem Jahr geschlossen. «Die Projekte sind alle gestorben», vermutet Candinas.

Keine Reaktion von Löser

Gerne hätte man mehr aus erster Hand erfahren: von Jörg Löser, dem einzigen noch verbliebenen Verwaltungsrat der drei Moor-Gesellschaften. Doch der seit Jahren teilweise in Chur ansässige deutsche Unternehmer ist weder auf seiner Schweizer oder auf seiner deutschen Mobilnummer noch an seiner Adresse in Chur erreichbar; auf eine E-Mail reagiert er nicht. Auch zwei seiner aktuellen Geschäftspartner in Deutschland melden sich auf eine Anfrage hin nicht zurück. Die Website des Moor Store ist vom Netz, und die Präsenz auf Facebook weist seit Jahren keine neuen Posts mehr auf. Löser ist gemäss Handelsregisterportalen aktuell noch in zwölf Schweizer Firmen aktiv, mehrheitlich als Präsident mit Einzelunterschrift oder Niederlassungsleiter. Drei dieser zwölf Firmen befinden sich in Liquidation. Vier andere von Lösers Firmen sind bereits gelöscht, darunter die Medi Humin AG, über die einst die Moorartikel-Produktion in Trun gelaufen ist. Ende 2017 als Präsident ausgeschieden ist er zudem aus zwei in Zug domizilierten Holdinggesellschaften.

Gemeinde zahlt wohl Rückbau

«Auch wir hatten nie mehr Kontakt mit Löser», erklärt Gemeindepräsident Candinas. Und gesehen habe er Löser ein einziges Mal, vor mehreren Jahren. Die Gemeinde Sumvitg hat notabene ein besonderes Problem mit Löser: Eine Überbauung mit neun Wohnungen in zwei Häusern für sechs Millionen Franken hatte er dort realisieren wollen, auf dem Areal der einstigen Tödi-Küchenfabrik, ursprünglich vorgesehen für die Kräuter-Manufaktur. Die Baubewilligung aber ist Ende 2016 zum dritten Mal abgelaufen, ohne dass Löser seine Pläne in die Tat umgesetzt hätte. Die Gemeinde fordert von ihm nun seit rund anderthalb Jahren, den Bauplatz in Ordnung zu bringen und zu humusieren. Inzwischen ist Candinas sicher: «Den Rückbau auf dem Grundstück wird die Gemeinde selbst tragen müssen.»

2010 ein erster Konkurs

Der Moor Store in Rabius war 2007 eröffnet worden, als erstes konkretes Lebenszeichen der Moor- und Kräuterfirmen. Zwei Jahre später hiess es dann, zehn Lastwagen würden eine Produktionsanlage für Torf-Medizinalerzeugnisse aus Deutschland in die Surselva bringen, allerdings nicht nach Rabius, sondern nach Trun in Räumlichkeiten der ehemaligen Tuchfabrik. Im Januar 2010 werde die Produktion anlaufen, so Eckart und Carigiet. Auch Interessenten für den Kräuteranbau konnten sich melden, um 2010 mit «Swiss Herbs» zu starten. Ende 2010 – Löser war inzwischen als Verwaltungsratspräsident eingestiegen – waren zwar die Maschinen in Trun in Betrieb, mit den Kräutern hingegen ging es nicht vorwärts. Stattdessen wurde ein erster Konkurs der Moor Store-AG publiziert – allerdings «wegen einer Verknüpfung unglücklicher Umstände», wie Löser beteuerte. Und kurz darauf wurde der Rückzug von «Geburtshelfer» Carigiet aus den Moorfirmen publik.

Den ersten Konkurs der Moor Store Swiss AG konnte Löser 2010 noch vom Kantonsgericht aufheben lassen. Beim zweiten Konkurs scheint es nun keine Rettung zu geben. «Er wird vermutlich mangels Aktiven eingestellt, es sei denn, ein Gläubiger verlange dessen Durchführung gegen einen Kostenvorschuss», so Chistell. Das sei aber nicht sehr wahrscheinlich. Die Graubündner Moor- und Kräutermanufactur AG ist inzwischen notabene gelöscht.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Wirtschaft MEHR