Aus Südostasien zurück in der Heimat
Alessandro Sellitto steht der Davoser Geschäftsstelle der UBS vor. Der Banker war zuvor in Singapur tätig. Er spricht über die Folgen der Digitalisierung und die Mühe, eine Banklehrstelle besetzen zu können.
Alessandro Sellitto steht der Davoser Geschäftsstelle der UBS vor. Der Banker war zuvor in Singapur tätig. Er spricht über die Folgen der Digitalisierung und die Mühe, eine Banklehrstelle besetzen zu können.
Im Stadtstaat Singapur leben 5,6 Millionen Menschen, in Davos 12 600. In der südostasiatischen Metropole dominieren Wolkenkratzer, in Davos liegt die Natur vor der Haustüre. Eineinhalb Jahre war Alessandro Sellitto in der Finanzmetropole Singapur für die Grossbank UBS tätig.
Jetzt arbeitet er immer noch für die UBS. Und zwar dort, wo er aufgewachsen und zur Schule gegangen ist: in Davos. Der 38-Jährige ist Geschäftsstellenleiter der lokalen UBS-Filiale. Es ist eine von neun, die die UBS in Graubünden noch betreibt.
Warum dieser Beitrag? Die UBS hat die «Südostschweiz» angefragt, ob ein Gespräch mit Sellitto über «seine ersten Eindrücke» von Interesse wäre. Man könne mit ihm auch darüber sprechen, «welche Rolle die Digitalisierung in der Bankenbranche einnimmt». Auch das ist interessant, denn diese Entwicklung hat, unbesehen von der UBS, Auswirkungen auf alle Bündner Regionen, in denen Banken noch Filialen mit bedientem Schalter betreiben.
Die passende Bewerbung fehlt
In Singapur habe er vor allem im strategischen Bereich gearbeitet und mitgeholfen, die digitale Strategie der Bank voranzutreiben, erklärt Sellitto. Sein Wechsel nach Davos sei «vielleicht nicht der logische Karrieresprung», aber als bei der Anfrage der Name «Davos» gefallen sei, habe er sofort zugesagt. «Ich konnte mir schon immer vorstellen, für diese Position zurück in die Schweiz zu kommen», sagt Sellitto, der seine Rückkehr in die Heimat als «Herzensangelegenheit» bezeichnet.
In Davos ist Sellitto als Filialleiter für 24 Mitarbeitende sowie fünf Banklehrlinge verantwortlich. Eine Stelle für eine dreijährige Banklehre ist noch frei, «aber wir haben bislang noch nicht die passende Bewerbung dafür erhalten». Dies sei schon etwas erstaunlich, findet Sellitto. Das mangelnde Interesse sei aber nicht einzig ein Problem der UBS: «Wir stellen im Dialog mit Branchenkollegen fest, dass es generell einen Bewerbungsschwund gibt.»
Den Grund erklärt sich Sellitto unter anderem damit, dass sich die heutige Generation zu wenig darunter vorstellen könne, was in einer Bank ablaufe. «Die Jugendlichen wachsen digital auf, für viele besteht eine Bank aus E-Banking oder einer App.» Eine Lehre bei der UBS sei jedoch durchaus attraktiv, denn Jugendliche erhielten während ihrer Ausbildung ein solides Fundament an Fähigkeiten, etwa Budgetplanung und Vorsorge. Zudem sei eine Lehre branchenunabhängig das Erfolgsrezept der Schweiz, hält Sellitto dazu fest.
Kein Betrieb – kein Schalter
Auch im Zeitalter der Digitalisierung werde es weiterhin Bankfilialen geben, ist Sellitto überzeugt. Dies aber in einer anderen Form, weil sich der Service aufgrund der veränderten Kundenbedürfnisse wandle. «Viele Menschen werden ihre Bedürfnisse von zu Hause aus abdecken, Bankmitarbeitende werden als Berater jedoch nach wie vor eine zentrale Rolle spielen», meint der Fachmann.
Sellitto geht davon aus, dass das Bankwesen in Zukunft allgemein noch stärker digitalisiert werde, wohl mit Auswirkungen auf das Filialnetz. «Es gibt klare Messungen, dass die Schalterinteraktionen aufgrund der Digitalisierung markant abnehmen.» Und wo kein Betrieb herrsche, müsse man auch keinen Schalter mehr geöffnet halten, so Sellitto.
«Wir sind keine Münzzähler»
Als Folge der durch die Digitalisierung möglichen Schalterschliessungen investiere er am UBS-Standort Davos viel Zeit in die Ausbildung der Mitarbeitenden.
Und damit kehre man als Bank quasi zum Ursprung zurück. «Wir sind weder Münz- noch Notenzähler, sondern Kundenberater. Damit sich ein Standort halten kann, müssen wir uns auf die Zukunft ausrichten, und das geht nur über Beratung», erklärt Sellitto. Stellen würden deshalb, was Davos betreffe, keine gestrichen, sondern die Jobprofile geändert.
Bank als unterstützende Kraft
Nach wie vor ist eine Bank nach Sellittos Auffassung eine treibende Kraft in der Region, was Förderung und Ausbildung anbelange: «Wir haben auch einen sozialen beziehungsweise gesellschaftlichen Auftrag und unterstützen viele Projekte durch Sponsoring.»