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Einkäufe in letzter Minute gibt es nur bei den Nachbarn

An Heiligabend noch Geschenke oder Zutaten fürs Festmenü kaufen? Im Kanton St. Gallen ist das nicht möglich. Da es sich um einen Sonntag handelt, bleiben die Geschäfte geschlossen. Wer trotzdem auf den letzten Drücker etwas braucht, kann in Nachbarkantone ausweichen. Dieser Wettbewerbsvorteil lässt hiesige Shoppingcenter kalt.

21.12.17 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Keine klingelnden Kassen an Heiligabend: Die Einkaufszentren im Kanton St. Gallen (im Bild der Sonnenhof in Rapperswil-Jona) bleiben am 24. Dezember geschlossen.
Keine klingelnden Kassen an Heiligabend: Die Einkaufszentren im Kanton St. Gallen (im Bild der Sonnenhof in Rapperswil-Jona) bleiben am 24. Dezember geschlossen.
MARKUS TIMO RÜEGG

Längere Arbeitszeiten, kaum Pausen, eher ungeduldige Kunden, dazu noch Sonntagsverkäufe: Die Angestellten im Detailhandel sind in den stressigen Adventswochen nicht zu beneiden. Immerhin: Im Kanton St. Gallen haben sie am 24. Dezember schon tagsüber frei. Weil dieser auf einen Sonntag fällt, bleiben die Geschäfte geschlossen.

Der Kanton St. Gallen hat den Sonntagsverkauf an Heiligabend verboten. Die Gewerkschaft Unia begrüsst diesen Entscheid. Weniger Freude bereitet ihr, dass dafür einige Einkaufszentren am Vortag länger geöffnet sind. Beispielsweise die Geschäfte in der St. Galler Shopping Arena: Dort kann man am Samstagabend, 23. Dezember, sogar bis 22 Uhr einkaufen. Das sorgt beim betroffenen Verkaufspersonal für Missmut (siehe Kasten).

Verbot freut Verkaufspersonal

Ein solcher «Nachtverkauf» stand für die Einkaufszentren in der Region gar nie zur Debatte, wie diese bestätigen. «Für uns als Regionalzentrum brächte der zusätzliche Aufwand kaum einen Mehrwert. Wir können die Bedürfnisse unserer Kundschaft auch so gut abdecken», betont Martin Stadtler, Zentrumsleiter des Uzner Linth-Parks. Sowohl der Linth-Park als auch die Shoppingtempel Manor, Albuville oder Sonnenhof in Rapperswil-Jona schliessen ihre Pforten am 23. Dezember zur gewohnten (Samstags-)Zeit: der Linth-Park um 17 Uhr, die drei Einkaufszentren in der Stadt um 18 Uhr.

Dass der Sonntagsverkauf an Heiligabend vom Kanton verboten wurde, freut die Zentrumsbetreiber wie das Verkaufspersonal. «Ein Beschluss im Sinne der Angestellten. Und die Kunden können ja die ganze Woche einkaufen – da braucht es den Sonntag nicht auch noch», sagt eine Mitarbeiterin des Info-Points im Sonnenhof.

Rettung für Spätentschlossene

Wer aber dennoch am 24. Dezember ins Schwitzen kommt, weil er in letzter Minute ein passendes Geschenk besorgen muss oder gar eine wichtige Zutat für den Weihnachtsschmaus vergessen hat, ist nicht aufgeschmissen. Und die Spätentschlossenen müssen nicht mal weit fahren, um ihre Besorgungen zu machen. Denn in den Nachbarkantonen Glarus und Schwyz sind diverse Geschäfte am 24. Dezember geöffnet.

Da dort Sonntagsverkäufe an Heiligabend erlaubt sind, nutzen zahlreiche Ladenbesitzer die Gunst der Stunde und reiben sich bereits die Hände. So freut man sich im Netstaler Wiggis- park oder im Seedamm Center in Pfäffikon auch auf zahlungskräftige Besucher aus dem st. gallischen Linthgebiet. «Für uns ist der 24. Dezember frequenz- wie umsatzmässig ein interessanter Tag», so ein Geschäftsführer, der anonym bleiben will. «Viele Familien wissen nicht, was sie dann mit den Kindern unternehmen sollen. Im Wiggispark können sie sich bis 17 Uhr ideal auf die Festtage einstimmen.»

Kein Verständnis für Kritik

Auch im Seedamm Center werden die Kunden an Heiligabend bis 16 Uhr bedient. Der Wettbewerbsvorteil gegenüber St. Galler Geschäften sei positiv, betont Centerleiter Hanspeter Gisler. Die Kritik an der zusätzlichen Belastung des Verkaufspersonals betrachtet er als scheinheilig: «Ob in der Pflege, im öffentlichen Verkehr oder der Gastronomie: Diverse Personen müssen sonntags arbeiten. Wer in der Verkaufsbranche tätig ist, weiss um die strenge Weihnachtszeit.» Vom Personal habe es keine negativen Reaktionen gegeben. Gisler hält fest: «Zudem erhalten die meisten Angestellten einen Sonntagszuschlag von bis zu 50 Prozent.»

Dass in Schwyzer und Glarner Einkaufscentern an Heiligabend die Kassen klingeln, sorgt im Linthgebiet keinesfalls für Neid – im Gegenteil. Zentrumsbetreiber wie Verkäufer sind sich einig: Nach der intensiven Adventszeit sollten sich die Angestellten jetzt drei Tage erholen, so der Tenor. «Das haben sie sich redlich verdient.»

Angestellte und Unia wehren sich gegen «Nachtverkauf» – ohne Erfolg

Weil der Sonntagsverkauf an Heiligabend vom Kanton verboten wurde, will die St. Galler Shopping Arena am Vorabend bis 22 Uhr offen bleiben. Dieses «Night Shopping» am Samstagabend des 23. Dezembers findet Unia-Sektionsleiter Stefan Brülisauer übertrieben, wie er gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» sagt: «Für die Verkäufer wäre es doch schön, wenn sie auch mal eine besinnliche Zeit hätten.» Inzwischen hat die Gewerkschaft eine Petition gegen diesen «Nachtverkauf» eingereicht – unterschrieben von etwa 100 Angestellten der Shopping Arena. Die Forderung: Auf das «Night Shopping» soll verzichtet werden, die Läden sollen um 19 statt um 22 Uhr schliessen. Die Unia begründet die Petition mit der Belastung des Verkaufspersonals und Sonntagsverkäufe in der Vorweihnachtszeit. Der Kompromissvorschlag, die Verkürzung des «Nachtverkaufs» bis 19 Uhr, bringe dem Personal «eine verdiente Entlastung».

Der Leiter der Shopping Arena, Marc Schäfer, prüfte inzwischen das Anliegen. Ein Verzicht auf das «Night Shopping» sei jedoch schwierig, sagte er schon vor Wochenfrist. Die Werbekampagne für den Anlass sei bereits angelaufen. Er hat zwar ein gewisses Verständnis für die Verkäufer, betont aber gleichzeitig: «Die Läden bleiben an Heiligabend 
ja geschlossen. So bleibt dem Verkaufspersonal 
genügend Zeit zur Erholung.» Für Schäfer ist klar, der «Nachtverkauf» sei ein grosses Bedürfnis der Kundschaft, da diese danach drei Tage nicht mehr einkaufen könne. Darum halte die Shopping Arena am «Nachtverkauf» von diesem Samstag fest. 

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