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Kommt der Briefträger künftig nicht mehr?

Im letzten Monat wurde bekannt, dass in Graubünden mit grosser Wahrscheinlichkeit fast die Hälfte aller Poststellen geschlossen werden. Es könnte aber noch heftiger kommen. Die Post bedient immer mehr Häuser nicht mehr regulär.

14.06.17 - 05:30 Uhr
Wirtschaft
Verkehr
Ein Briefträger ist unterwegs um Post zu verteilen.
SYMBOLBILD

Nicht nur der Kanton Graubünden, sondern die ganze Schweiz ist vom Poststellen-Sterben betroffen. In den letzten Monaten hat die Post schrittweise bekanntgegeben, wie viele Poststellen in einzelnen Kantonen gefährdet sind. Eine erste Auswertung zeigt nun, dass schon über 200 Poststellen in der Schweiz das Aus droht. Damit aber nicht genug.

Der Debatte um die Schliessung von Poststellen könnte eine weitere Diskussion folgen: In welche Häuser sollen noch Briefe, Zeitungen und Pakete zugestellt werden? Und welche liegen dafür zu weit entfernt?

Jährlich werden weniger bewohnte Häuser bedient

Der Präsident der Eidgenössischen Postkommission (Postcom), Hans Hollenstein, erhebt im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» schon mal den Warnfinger: «Irgendwann ist das Sparpotenzial bei den Poststellen ausgeschöpft, dann gerät die Hauszustellung noch stärker ins Visier.» Die Aufsichtsbehörde sorgt sich daher um diesen «wichtigen Bestandteil der Grundversorgung».

Bis anhin sorgt das Postgesetz dafür, dass den meisten Schweizer Briefe, Pakete und Zeitungen zugestellt werden. Dort steht: «Die Hauszustellung erfolgt in allen ganzjährig bewohnten Siedlungen.» Im Gesetz steht aber auch: «Für einzelne Haushalte, die nur mit unverhältnismässigen Schwierigkeiten erreichbar sind, kann der Bundesrat Ausnahmen vorsehen.» Diese Ausnahmen werden immer zahlreicher. Erhielten vor vier Jahren noch 828 ganzjährig bewohnte Häuser ihre Post nicht mehr regulär zugestellt, waren es Ende letzten Jahres bereits 1133, schreibt der Tagesanzeiger.

Wann muss die Post ein Haus bedienen?

Heute muss die Post eine Siedlung nur dann bedienen, wenn auf einer Hektare (100 x 100 Meter) mindestens fünf ganzjährig bewohnte Häuser stehen. Auch Haushalte, die maximal zwei Minuten von einer solchen Siedlung entfernt liegen, haben laut der bundesrätlichen Verordnung ein Recht auf Hauszustellung. Sind allerdings die Strassenverhältnisse schlecht oder besteht für die Postboten eine Gefahr beim Zustellen, kann die Post trotzdem darauf verzichten. Sie muss aber eine Ersatzlösung anbieten.

Widerstand in Bern

Linke und rechte Politiker wehren sich dagegen, dass die Post nicht alle bewohnten Häuser beliefert. Der Neuenburger SP-Nationalrat Jacques-André Maire sowie sein SVP-Mitstreiter Raymond Clottu haben zwei gleich lautende Motionen mit dem Titel «Postsendungen sollen allen zugestellt werden!» eingereicht. Beide Vorstösse wurden vom Nationalrat mit grossem Mehr unterstützt. Der Ständerat tut am Donnerstag vermutlich dasselbe.

Der Bundesrat und die Post sind von diesen Motionen nicht begeistert. Sie kritisieren, dass es zu teuer wäre, wenn die Post alle bewohnten Häuser bedienen müsste. Falls aber auch der Ständerat den Motionen zustimmt, bleibt dem Bundesrat nichts anderes übrig, als zu handeln.

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