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Diese potenziell gefährlichen Orte hat der Kanton ständig im Blick

Extremereignisse wie Felsstürze oder Schlammlawinen treten in der Schweiz immer häufiger auf. Der Kanton Graubünden verfügt über Messstationen, die Bewegungen im Fels und in der Erdoberfläche festhalten - sogenannte Frühwarnsysteme. Hinweise auf Naturkatastrophen geben aber auch Regen- und Schneemessungen anderer Institutionen.

Simone
Zwinggi
08.11.18 - 04:30 Uhr
Ereignisse
Felssturz Fels Brienz
Rechtzeitig gestoppt: Felsstürze (hier 2014 in Brienz) gibt es immer wieder in Graubünden.
Marco Hartmann / MARCO HARTMANN

Wem beim Begriff «Frühwarnsystem» das Herz schneller zu klopfen beginnt, der sei beruhigt: «Der Begriff 'Frühwarndienst' ist ein Überbegriff für Mess-, Warn- und Alarmsysteme», erklärt Andreas Huwiler. Er arbeitet beim Bündner Amt für Natur und Umweltgefahren und ist mit den Messstationen in Graubünden bestens vertraut.

Werden an einem Ort kontinuierliche langsame Bewegungen der Erdoberfläche (wenige Zentimeter pro Jahr) beobachtet, werde das Gebiet als Gefahrenbereich ausgeschieden, sagt Huwiler. Um eine Gefährdung zu bestätigen, würden Messpunkte eingerichtet und einige Jahre vermessen. «Bei unseren Anlagen handelt es sich um einen Frühwarndienst, mit dem ein Prozess über einige Jahre verfolgt und der dann wieder eingestellt wird», so Huwiler weiter.

Insgesamt gibt es in Graubünden 47 Messpunkte. «Sie gehören zu einem Frühwarndienst mit kantonalen wie auch gemeindebetriebenen und privaten Messstationen», sagt Huwiler. Schweizweit werden 336 Felsen und Hänge von den Kantonen überwacht, berichtetete die «Sonntagszeitung» in ihrer jüngsten Ausgabe. Die vielen Naturkatastrophen der vergangenen Monate und Jahre rückt das Thema Sicherheit in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) verlangt derzeit, dass die Kantone ihre Daten zu den Standorten und Messsystemen einheitlich erfassen und zusammenstellen, wie die «Sonntagsszeitung» weiter schreibt. Zudem solle es in der Schweiz bald ein Warnsystem für Massenbewegungen wie Felsstürze und Rutschungen geben.

Dann, wenn raumplanerisch nichts möglich

In der Schweiz versuche man sich in erster Linie mit raumplanerischen Mitteln vor Naturgefahren zu schützen, erklärt Huwiler. «Zum Beispiel mit einem Bauverbot in der roten Gefahrenzone.» Oder man versuche, sich mit Schutzbauten wie einer Strassengalerie oder mit einem Steinschlagnetz vor einer Gefahr zu schützen. Erst wenn das nicht mehr möglich sei, versuche man mit organisatorischen Massnahmen das Risiko für Personen zu minimieren – also mit Frühwarndiensten. Huwiler kommt zum Schluss: «Ist also an einem bestimmten Ort ein Frühwarndienst installiert, heisst das nicht, dass dort die Gefahr viel grösser ist als an anderen Orten.» Dort könne man der Gefahr einfach nicht mit raumplanerischen Mitteln ausweichen oder sich mit baulichen Massnahmen nicht ausreichend schützen.

Regenmessungen mit Abstand am wichtigsten

Als Warnsystem für Naturereignisse würden viele verschieden Messdienste zusammenspielen, sagt Huwiler. «Mit Abstand der wichtigste Frühwarndienst sind die Regenmessungen, die Meteo Schweiz betreibt. Ebenso können lokale Naturgefahrenberater, also Personen, die vor Ort das Wetter beobachten und aussergewöhnliche Werte an die entsprechende Institution (z.B. Feuerwehr) weiterleiten, von grosser Bedeutung sein.» Zusammen mit den Abflussstationen vom Bafu, den Schneemessungen vom Schnee- und Lawinenforschungsinstitut seien das Hunderte Messsttationen im Kanton, die nicht auf der kantonalen Liste der Frühwarndienste vermerkt sei.

Wer sich nun über Naturgefahren und Messtationen informieren möchte, kann das bei den einzelnen Gemeinden oft online, teilweise auch auf telefonische Anfrage tun. Für das besiedelte Gebiet Graubündens existieren Gefahrenkarten, die das Amt für Natur und Umweltgefahren erstellt hat.

Nachfolgend die Karte mit den Messstationen in Graubünden. Klickt man auf das jeweilige Symbol, erscheinen die Messstationen der jeweiligen Gemeinde sowie die Art der Gefahr (rot: Sturz, rosa: Rutschung, blau: Lawine)

Simone Zwinggi ist Redaktorin bei Zeitung und Online. Nach einem Sportstudium wendete sie sich dem Journalismus zu. Sie ist hauptberuflich Mutter, arbeitet in einem Teilzeitpensum bei der «Südostschweiz» und hält Anekdoten aus ihrem Familienleben in regelmässigen Abständen im Blog Breistift fest. Mehr Infos

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