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Welche Vorteile hätte die Textilproduktion in Deutschland gegenüber Billigländern wie Bangladesch?

Deutschland galt jahrzehntelang als eines der Vorreiterländer der Textilindustrie. Die industriellen Erfindungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden erfolgreich implementiert und weiterentwickelt. Deutsche Textilien waren weltweit gefragt. Der weltberühmte US-Nähmaschinenhersteller Singer hatte sogar in Hamburg eine Niederlassung und die Singer Nähmaschinen wurden innerhalb von zwei Jahren zum Bestseller auf der ganzen Welt.

Im 21. Jahrhundert nähen deutsche Frauen relativ wenig im Vergleich zu früher, wo in beinahe jedem Haushalt eine Nähmaschine stand. Doch wie hier zu erfahren ist, nimmt der Trend zum Nähen seit einigen Jahren wieder an Fahrt auf und nicht zuletzt Corona hat dazu geführt, dass es wieder mehr Nähmaschinen in deutschen Haushalten gibt.

Wie sieht der Textilmarkt im 21. Jahrhundert weltweit aus?

In Europa erfreute sich im 19. Und 20. Jahrhundert die Textindustrie einer großen Beliebtheit. Die Geschäfte liefen gut, da in vielen europäischen Ländern hochwertige Spezialtextilien hergestellt wurden. Seide und hochwertige Baumwolle wurden zu hervorragenden Stoffen verarbeitet oder bereits in Form von Stoffen nach Europa geliefert. Da die Märkte so unterschiedlich waren, entstand ein reger Handel, der für alle Beteiligten ziemlich lukrativ war.

Im Zuge der Globalisierung sowie der EU verloren lokale Märkte und Spezialitäten an Bedeutung. Darüber hinaus wurde verstärkt in Billigländern, wie zum Beispiel Bangladesch produziert. Die Für und Wider, in diesen Ländern zu produzieren, sind nicht von der Hand zu weisen. Für Europäer bedeutet das, niedrigere Lohnkosten. Für die Menschen vor Ort höhere Löhne.

Der Nachteil liegt darin, dass einheimische Arbeitskräfte keine Anstellung in diesen Bereichen mehr finden. Die Qualität der Arbeit würde aber meistens darüber liegen, da sie eine andere Einstellung zum Produkt hätten. Ein großer bestehender Nachteil liegt darin, dass die Arbeiter in Billigländern erst gar nicht mehr versuchen, eine andere Stelle zu bekommen. Die Verantwortlichen sind dadurch auch nicht mehr gefordert, bessere Grundlagen in Ländern, wie zum Beispiel Bangladesch, zu schaffen.

Die europäische Produktion in diesen Ländern verlief zunächst für die Firmen und die Näher sehr lukrativ. Allerdings nahmen im Laufe der Zeit die Ausbeutung sowie die Verschlechterung der Arbeitsumstände immer mehr zu und so sank auch die Qualität der Produkte. Die Situation der Näher wurde vor allem auch von den einheimischen Vorgesetzten ausgenutzt. Darüber hinaus wurde die Situation der Näher verstärkt in Europa bekannt, sodass die Käufer auch nicht mehr bereit waren, solche Textilien zu kaufen.

Corona hat die Situation komplett verändert. Europäische Firmen scheinen nun wieder verstärkt daran zu denken, im Inland produzieren zu lassen. Deutschland scheint sich seiner seinerzeitigen Stellung auf dem Textilmarkt besonnen zu haben. Deutsche Frauen nähen wieder mehr im eigenen Haushalt für die Familie. Durch Corona traten wieder ideelle Werte, wie "von Oma oder Mama selbst gemacht" in den Vordergrund.

Welche Vorteile würden sich aus der Textilproduktion in Deutschland ergeben?

Teure Transporte würden entfallen. Dadurch würden die Produkte umweltfreundlicher werden. Die Löhne blieben im Land und würden für den Konsum im Inland ausgegeben werden. Somit würde sich der Wirtschaftskreislauf wieder schließen. Damit würden vor allem wieder mehr Deutsche Arbeit haben, da die Personenfreizügigkeit der EU viele Deutsche dazu gezwungen hat, im Ausland Jobs zu finden.

Die Näher in Billiglohnländern würden das natürlich zunächst auch erheblich spüren. Mittlerweile gibt es jedoch aufgrund der Entwicklungen der letzten Monate Trends zur nationalen Produktion auch in den Billiglohnländern. Somit würden sich auch für die Billiglohnarbeiter neue Möglichkeiten in ihren eigenen Ländern eröffnen.

Einheimische Näher, deren Arbeit geschätzt wird, würden auch bleiben. Junge Leute hätten wieder einen Anreiz, sich zum Facharbeiter ausbilden zu lassen bzw. eine Lehre in der Textilbranche anzutreten. In den letzten Jahren schien dies für viele junge Deutsche aussichtslos. Dies belegen zahlreiche Studien. Ein weiterer großer Vorteil wäre, dass viele Deutsche wieder verstärkt im Inland produzierte Textilien kaufen würden.

Die Deutschen lieben Qualitätsprodukte. "Made in Germany" steht nach wie vor hoch im Kurs. Bietet das deutsche Unternehmen, Mitarbeitern Rabatte, wenn sie die eigenen Produkte für Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder kaufen, ist das ein zusätzlicher Anreiz. Das kurbelt den Umsatz und die Wirtschaft an. So war es vor der EU fast in jedem europäischen Land. Das wäre die positive Konsequenz, wenn wieder mehr auf deutsche Mitarbeiter gesetzt werden würde.

Wie sieht die Situation der deutschen Textilindustrie hinsichtlich von Nicht-EU-Ländern aus?

Einige Länder in Europa galten als Textil- und Industrieländer. Vor allem Wollstoffe waren auf der ganzen Welt geschätzt. Innerhalb Europas wurde sowohl produziert als auch gehandelt. Dazu kam noch die Industrialisierung, die die Produktion von Textilien auf komplett neue Beine stellte. Treten Länder aus der EU aus, bedeutet das Zölle und macht die Textilien teurer. Dafür bietet Deutschland aber mit eigenen Arbeitern häufig bessere Qualität, sodass Nicht-EU Länder die höheren Preise auch zahlen würden. Das Qualitätsmerkmal "Made in Germany" steht nach wie vor auf der ganzen Welt hoch im Kurs.